Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.
heit nicht durch dergleichen öffentliche Darstellungen, die gerade so aussöhn, als wollten sie sagen, "Tu- gend und Delicatesse sind Vorurtheil, den Weg noch mehr bahnen; Doch Celestin war ein Grübler; freie Philosophen und Thiermenschen la- chen ihn aus. Blasewitz fühlte sich überzeugt und bewunderte meinen Scharfsinn, aber sagte er, heirathen konn- ten Sie doch Jhre Schwester nimmermehr, so was wird nun einmahl nicht gelitten und Madelon wür- de auch nicht eingewilligt haben. Wer spricht denn vom Heirathen, erwiederte ich? Freilich wirds nicht gelitten, und bei Jhnen ist das ein anders -- denn Sie wollen Madelon doch ehelichen?" Ehelichen, Freund? Das kann ich nun wohl nicht, ich bin schon mit einer reichen Erbinn verlobt, und wenn ich diese nicht nähme, ich glaube mein Vater enterbte mich. Nun wollte ich Blasewitzen nicht recht verstan- den haben. Ja, sagte ich, dann weiß ich nicht wie das sein kann. Sie wollen also meine Schwester blos als Buhlschaft haben, mein Herr Blasewitz? Das geht nicht an! Dabei käm sie um ihren Bräu- tigam, der seine Frau aus ihr machen will, so was könnte ich nicht -- -- "Nicht befördern helfen, sagte Blasewitz lä- chelnd, aber da wärs ein anders, wenn sie der Herr Bruder ihrer Unschuld beraubt hätte, der doch auch nicht Ehmann werden kann. Jch machte ihm be- greiflich, daß dieses ohne Aufsehn hätte geschehen kön- nen, und keine Entführung, wie bei ihm, nöthig ge- wesen wäre. Er verstand, was ich mit meiner Be- denklich-
heit nicht durch dergleichen oͤffentliche Darſtellungen, die gerade ſo ausſoͤhn, als wollten ſie ſagen, „Tu- gend und Delicateſſe ſind Vorurtheil, den Weg noch mehr bahnen; Doch Celeſtin war ein Gruͤbler; freie Philoſophen und Thiermenſchen la- chen ihn aus. Blaſewitz fuͤhlte ſich uͤberzeugt und bewunderte meinen Scharfſinn, aber ſagte er, heirathen konn- ten Sie doch Jhre Schweſter nimmermehr, ſo was wird nun einmahl nicht gelitten und Madelon wuͤr- de auch nicht eingewilligt haben. Wer ſpricht denn vom Heirathen, erwiederte ich? Freilich wirds nicht gelitten, und bei Jhnen iſt das ein anders — denn Sie wollen Madelon doch ehelichen?„ Ehelichen, Freund? Das kann ich nun wohl nicht, ich bin ſchon mit einer reichen Erbinn verlobt, und wenn ich dieſe nicht naͤhme, ich glaube mein Vater enterbte mich. Nun wollte ich Blaſewitzen nicht recht verſtan- den haben. Ja, ſagte ich, dann weiß ich nicht wie das ſein kann. Sie wollen alſo meine Schweſter blos als Buhlſchaft haben, mein Herr Blaſewitz? Das geht nicht an! Dabei kaͤm ſie um ihren Braͤu- tigam, der ſeine Frau aus ihr machen will, ſo was koͤnnte ich nicht — — „Nicht befoͤrdern helfen, ſagte Blaſewitz laͤ- chelnd, aber da waͤrs ein anders, wenn ſie der Herr Bruder ihrer Unſchuld beraubt haͤtte, der doch auch nicht Ehmann werden kann. Jch machte ihm be- greiflich, daß dieſes ohne Aufſehn haͤtte geſchehen koͤn- nen, und keine Entfuͤhrung, wie bei ihm, noͤthig ge- weſen waͤre. Er verſtand, was ich mit meiner Be- denklich-
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heit nicht durch dergleichen oͤffentliche Darſtellungen,
die gerade ſo ausſoͤhn, als wollten ſie ſagen, „Tu-
gend und Delicateſſe ſind Vorurtheil,
den Weg noch mehr bahnen; Doch Celeſtin war ein
Gruͤbler; freie Philoſophen und Thiermenſchen la-
chen ihn aus.
Blaſewitz fuͤhlte ſich uͤberzeugt und bewunderte
meinen Scharfſinn, aber ſagte er, heirathen konn-
ten Sie doch Jhre Schweſter nimmermehr, ſo was
wird nun einmahl nicht gelitten und Madelon wuͤr-
de auch nicht eingewilligt haben. Wer ſpricht denn
vom Heirathen, erwiederte ich? Freilich wirds nicht
gelitten, und bei Jhnen iſt das ein anders — denn
Sie wollen Madelon doch ehelichen?„ Ehelichen,
Freund? Das kann ich nun wohl nicht, ich bin ſchon
mit einer reichen Erbinn verlobt, und wenn ich dieſe
nicht naͤhme, ich glaube mein Vater enterbte mich.
Nun wollte ich Blaſewitzen nicht recht verſtan-
den haben. Ja, ſagte ich, dann weiß ich nicht wie
das ſein kann. Sie wollen alſo meine Schweſter
blos als Buhlſchaft haben, mein Herr Blaſewitz?
Das geht nicht an! Dabei kaͤm ſie um ihren Braͤu-
tigam, der ſeine Frau aus ihr machen will, ſo was
koͤnnte ich nicht — —
„Nicht befoͤrdern helfen, ſagte Blaſewitz laͤ-
chelnd, aber da waͤrs ein anders, wenn ſie der Herr
Bruder ihrer Unſchuld beraubt haͤtte, der doch auch
nicht Ehmann werden kann. Jch machte ihm be-
greiflich, daß dieſes ohne Aufſehn haͤtte geſchehen koͤn-
nen, und keine Entfuͤhrung, wie bei ihm, noͤthig ge-
weſen waͤre. Er verſtand, was ich mit meiner Be-
denklich-
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