Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

lehrten Welt gespielt, war Professor der Geschichte,
und hatte dabei einige wichtige Stellen bei der Uni-
versität überkommen. Seinen Geiz ausgenommen,
welcher zu vielen theils komischen, theils sehr wi-
drigen Geschichten Anlaß gab, fand man nichts an
ihm auszusetzen, auch übersah man ihm diese Lei-
denschaft lange genug wegen seiner Gelehrsamkeit,
die ihn schätzenswerth machte.

Aber sie nahm bald zu sehr überhand, und da
seine Frau Professorinn zu dem hübschen Vermögen,
welches sie zu ihm gebracht hatte, noch eine Erb-
schaft that, so bemächtigte sich zugleich das ganze
Heer von Geldteufeln seiner Seele. Er entband
seine Gattinn von der Besorgung ihrer Gelder, er
selbst konnte sie mit mehr Klugheit, mit mehr Ra-
finement treiben, und sie überließ ihm dieselben
gern oder wider Willen, unterwarf sich der Spar-
samkeit, die er immer weiter trieb, anfangs aus
Nachsicht oder Erkenntlichkeit gegen seine treue Ver-
waltung des Jhrigen, hernach aber, weil sie sich der
Herrschaft, welcher sie sich unterworfen hatte, nicht
mehr entziehen konnte -- ihr wiederfuhr hier nichts,
als was allen nachgebenden Personen begegnet, die
es mit Egoisten zu thun haben; solche Selbstler be-
nutzen Gefälligkeit, und Abneigung gegen Wider-
spruch derer, die sich eben dadurch unterworfen ha-

ben,

lehrten Welt geſpielt, war Profeſſor der Geſchichte,
und hatte dabei einige wichtige Stellen bei der Uni-
verſitaͤt uͤberkommen. Seinen Geiz ausgenommen,
welcher zu vielen theils komiſchen, theils ſehr wi-
drigen Geſchichten Anlaß gab, fand man nichts an
ihm auszuſetzen, auch uͤberſah man ihm dieſe Lei-
denſchaft lange genug wegen ſeiner Gelehrſamkeit,
die ihn ſchaͤtzenswerth machte.

Aber ſie nahm bald zu ſehr uͤberhand, und da
ſeine Frau Profeſſorinn zu dem huͤbſchen Vermoͤgen,
welches ſie zu ihm gebracht hatte, noch eine Erb-
ſchaft that, ſo bemaͤchtigte ſich zugleich das ganze
Heer von Geldteufeln ſeiner Seele. Er entband
ſeine Gattinn von der Beſorgung ihrer Gelder, er
ſelbſt konnte ſie mit mehr Klugheit, mit mehr Ra-
finement treiben, und ſie uͤberließ ihm dieſelben
gern oder wider Willen, unterwarf ſich der Spar-
ſamkeit, die er immer weiter trieb, anfangs aus
Nachſicht oder Erkenntlichkeit gegen ſeine treue Ver-
waltung des Jhrigen, hernach aber, weil ſie ſich der
Herrſchaft, welcher ſie ſich unterworfen hatte, nicht
mehr entziehen konnte — ihr wiederfuhr hier nichts,
als was allen nachgebenden Perſonen begegnet, die
es mit Egoiſten zu thun haben; ſolche Selbſtler be-
nutzen Gefaͤlligkeit, und Abneigung gegen Wider-
ſpruch derer, die ſich eben dadurch unterworfen ha-

ben,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0334" n="330"/>
lehrten Welt ge&#x017F;pielt, war Profe&#x017F;&#x017F;or der Ge&#x017F;chichte,<lb/>
und hatte dabei einige wichtige Stellen bei der Uni-<lb/>
ver&#x017F;ita&#x0364;t u&#x0364;berkommen. Seinen Geiz ausgenommen,<lb/>
welcher zu vielen theils komi&#x017F;chen, theils &#x017F;ehr wi-<lb/>
drigen Ge&#x017F;chichten Anlaß gab, fand man nichts an<lb/>
ihm auszu&#x017F;etzen, auch u&#x0364;ber&#x017F;ah man ihm die&#x017F;e Lei-<lb/>
den&#x017F;chaft lange genug wegen &#x017F;einer Gelehr&#x017F;amkeit,<lb/>
die ihn &#x017F;cha&#x0364;tzenswerth machte.</p><lb/>
        <p>Aber &#x017F;ie nahm bald zu &#x017F;ehr u&#x0364;berhand, und da<lb/>
&#x017F;eine Frau Profe&#x017F;&#x017F;orinn zu dem hu&#x0364;b&#x017F;chen Vermo&#x0364;gen,<lb/>
welches &#x017F;ie zu ihm gebracht hatte, noch eine Erb-<lb/>
&#x017F;chaft that, &#x017F;o bema&#x0364;chtigte &#x017F;ich zugleich das ganze<lb/>
Heer von Geldteufeln &#x017F;einer Seele. Er entband<lb/>
&#x017F;eine Gattinn von der Be&#x017F;orgung ihrer Gelder, er<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t konnte &#x017F;ie mit mehr Klugheit, mit mehr Ra-<lb/>
finement treiben, und &#x017F;ie u&#x0364;berließ ihm die&#x017F;elben<lb/>
gern oder wider Willen, unterwarf &#x017F;ich der Spar-<lb/>
&#x017F;amkeit, die er immer weiter trieb, anfangs aus<lb/>
Nach&#x017F;icht oder Erkenntlichkeit gegen &#x017F;eine treue Ver-<lb/>
waltung des Jhrigen, hernach aber, weil &#x017F;ie &#x017F;ich der<lb/>
Herr&#x017F;chaft, welcher &#x017F;ie &#x017F;ich unterworfen hatte, nicht<lb/>
mehr entziehen konnte &#x2014; ihr wiederfuhr hier nichts,<lb/>
als was allen nachgebenden Per&#x017F;onen begegnet, die<lb/>
es mit Egoi&#x017F;ten zu thun haben; &#x017F;olche Selb&#x017F;tler be-<lb/>
nutzen Gefa&#x0364;lligkeit, und Abneigung gegen Wider-<lb/>
&#x017F;pruch derer, die &#x017F;ich eben dadurch unterworfen ha-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ben,</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[330/0334] lehrten Welt geſpielt, war Profeſſor der Geſchichte, und hatte dabei einige wichtige Stellen bei der Uni- verſitaͤt uͤberkommen. Seinen Geiz ausgenommen, welcher zu vielen theils komiſchen, theils ſehr wi- drigen Geſchichten Anlaß gab, fand man nichts an ihm auszuſetzen, auch uͤberſah man ihm dieſe Lei- denſchaft lange genug wegen ſeiner Gelehrſamkeit, die ihn ſchaͤtzenswerth machte. Aber ſie nahm bald zu ſehr uͤberhand, und da ſeine Frau Profeſſorinn zu dem huͤbſchen Vermoͤgen, welches ſie zu ihm gebracht hatte, noch eine Erb- ſchaft that, ſo bemaͤchtigte ſich zugleich das ganze Heer von Geldteufeln ſeiner Seele. Er entband ſeine Gattinn von der Beſorgung ihrer Gelder, er ſelbſt konnte ſie mit mehr Klugheit, mit mehr Ra- finement treiben, und ſie uͤberließ ihm dieſelben gern oder wider Willen, unterwarf ſich der Spar- ſamkeit, die er immer weiter trieb, anfangs aus Nachſicht oder Erkenntlichkeit gegen ſeine treue Ver- waltung des Jhrigen, hernach aber, weil ſie ſich der Herrſchaft, welcher ſie ſich unterworfen hatte, nicht mehr entziehen konnte — ihr wiederfuhr hier nichts, als was allen nachgebenden Perſonen begegnet, die es mit Egoiſten zu thun haben; ſolche Selbſtler be- nutzen Gefaͤlligkeit, und Abneigung gegen Wider- ſpruch derer, die ſich eben dadurch unterworfen ha- ben,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/334
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/334>, abgerufen am 25.11.2024.