angriff, und wenn sie es nicht dulden wollten, be- schimpfte. Dergleichen edle Handlungen mußten der eben so erhabenen Neigung zu spielen weichen.
Jch begann in entschiedenes Unglück zu gera- then, doch das machte mich noch begieriger auf den Schlag der Stunde, welche zur Bank rief; ich glaubte es wieder gewinnen zu müssen, und hoffte täglich auf einen großen Coup. Zuweilen wünsch- te ich die Kunstgriffe, von denen mir meine Mut- ter geschrieben, von ihr zu erfahren, aber ihr des- wegen zu schreiben, erlaubte die Zeit nicht, noch weniger zu einer Reise nach Hause, wozu ich ohne- hin nicht sehr geneigt war. Demnach blieb ich lange ein ehrlicher Spieler, oder vielmehr Verlie- rer, weil ich es immer verschob, mit der Kunst, es nicht zu sein, Bekanntschaft zu machen. Meine Gleichgültigkeit gegen das Geld trug zu dieser Vernachläßignng auch daß ihrige bei, denn ich hatte nicht den Willen, Geld zusammen zu häufen; so lange ich Kredit hatte, war es mir gleichgültig, ob ich, was ich brauchte, aus eigenen Mitteln be- streiten konnte, oder es aufnehmen mußte; wenn ich zu gewinnen wünschte, so war es mehr aus Be- gierde, andern das ihrige abzunehmen, als welich mich dadurch in Wohlstand setzen wollte. Um die- sen zu unterhalten, und die Summen, welche ich
fast
U 2
angriff, und wenn ſie es nicht dulden wollten, be- ſchimpfte. Dergleichen edle Handlungen mußten der eben ſo erhabenen Neigung zu ſpielen weichen.
Jch begann in entſchiedenes Ungluͤck zu gera- then, doch das machte mich noch begieriger auf den Schlag der Stunde, welche zur Bank rief; ich glaubte es wieder gewinnen zu muͤſſen, und hoffte taͤglich auf einen großen Coup. Zuweilen wuͤnſch- te ich die Kunſtgriffe, von denen mir meine Mut- ter geſchrieben, von ihr zu erfahren, aber ihr des- wegen zu ſchreiben, erlaubte die Zeit nicht, noch weniger zu einer Reiſe nach Hauſe, wozu ich ohne- hin nicht ſehr geneigt war. Demnach blieb ich lange ein ehrlicher Spieler, oder vielmehr Verlie- rer, weil ich es immer verſchob, mit der Kunſt, es nicht zu ſein, Bekanntſchaft zu machen. Meine Gleichguͤltigkeit gegen das Geld trug zu dieſer Vernachlaͤßignng auch daß ihrige bei, denn ich hatte nicht den Willen, Geld zuſammen zu haͤufen; ſo lange ich Kredit hatte, war es mir gleichguͤltig, ob ich, was ich brauchte, aus eigenen Mitteln be- ſtreiten konnte, oder es aufnehmen mußte; wenn ich zu gewinnen wuͤnſchte, ſo war es mehr aus Be- gierde, andern das ihrige abzunehmen, als welich mich dadurch in Wohlſtand ſetzen wollte. Um die- ſen zu unterhalten, und die Summen, welche ich
faſt
U 2
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0311"n="307"/>
angriff, und wenn ſie es nicht dulden wollten, be-<lb/>ſchimpfte. Dergleichen edle Handlungen mußten<lb/>
der eben ſo erhabenen Neigung zu ſpielen weichen.</p><lb/><p>Jch begann in entſchiedenes Ungluͤck zu gera-<lb/>
then, doch das machte mich noch begieriger auf den<lb/>
Schlag der Stunde, welche zur Bank rief; ich<lb/>
glaubte es wieder gewinnen zu muͤſſen, und hoffte<lb/>
taͤglich auf einen großen Coup. Zuweilen wuͤnſch-<lb/>
te ich die Kunſtgriffe, von denen mir meine Mut-<lb/>
ter geſchrieben, von ihr zu erfahren, aber ihr des-<lb/>
wegen zu ſchreiben, erlaubte die Zeit nicht, noch<lb/>
weniger zu einer Reiſe nach Hauſe, wozu ich ohne-<lb/>
hin nicht ſehr geneigt war. Demnach blieb ich<lb/>
lange ein ehrlicher Spieler, oder vielmehr Verlie-<lb/>
rer, weil ich es immer verſchob, mit der Kunſt, es<lb/>
nicht zu ſein, Bekanntſchaft zu machen. Meine<lb/>
Gleichguͤltigkeit gegen das Geld trug zu dieſer<lb/>
Vernachlaͤßignng auch daß ihrige bei, denn ich<lb/>
hatte nicht den Willen, Geld zuſammen zu haͤufen;<lb/>ſo lange ich Kredit hatte, war es mir gleichguͤltig,<lb/>
ob ich, was ich brauchte, aus eigenen Mitteln be-<lb/>ſtreiten konnte, oder es aufnehmen mußte; wenn<lb/>
ich zu gewinnen wuͤnſchte, ſo war es mehr aus Be-<lb/>
gierde, andern das ihrige abzunehmen, als we<hirendition="#g">lich</hi><lb/>
mich dadurch in Wohlſtand ſetzen wollte. Um die-<lb/>ſen zu unterhalten, und die Summen, welche ich<lb/><fwplace="bottom"type="sig">U 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">faſt</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[307/0311]
angriff, und wenn ſie es nicht dulden wollten, be-
ſchimpfte. Dergleichen edle Handlungen mußten
der eben ſo erhabenen Neigung zu ſpielen weichen.
Jch begann in entſchiedenes Ungluͤck zu gera-
then, doch das machte mich noch begieriger auf den
Schlag der Stunde, welche zur Bank rief; ich
glaubte es wieder gewinnen zu muͤſſen, und hoffte
taͤglich auf einen großen Coup. Zuweilen wuͤnſch-
te ich die Kunſtgriffe, von denen mir meine Mut-
ter geſchrieben, von ihr zu erfahren, aber ihr des-
wegen zu ſchreiben, erlaubte die Zeit nicht, noch
weniger zu einer Reiſe nach Hauſe, wozu ich ohne-
hin nicht ſehr geneigt war. Demnach blieb ich
lange ein ehrlicher Spieler, oder vielmehr Verlie-
rer, weil ich es immer verſchob, mit der Kunſt, es
nicht zu ſein, Bekanntſchaft zu machen. Meine
Gleichguͤltigkeit gegen das Geld trug zu dieſer
Vernachlaͤßignng auch daß ihrige bei, denn ich
hatte nicht den Willen, Geld zuſammen zu haͤufen;
ſo lange ich Kredit hatte, war es mir gleichguͤltig,
ob ich, was ich brauchte, aus eigenen Mitteln be-
ſtreiten konnte, oder es aufnehmen mußte; wenn
ich zu gewinnen wuͤnſchte, ſo war es mehr aus Be-
gierde, andern das ihrige abzunehmen, als welich
mich dadurch in Wohlſtand ſetzen wollte. Um die-
ſen zu unterhalten, und die Summen, welche ich
faſt
U 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/311>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.