Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

angriff, und wenn sie es nicht dulden wollten, be-
schimpfte. Dergleichen edle Handlungen mußten
der eben so erhabenen Neigung zu spielen weichen.

Jch begann in entschiedenes Unglück zu gera-
then, doch das machte mich noch begieriger auf den
Schlag der Stunde, welche zur Bank rief; ich
glaubte es wieder gewinnen zu müssen, und hoffte
täglich auf einen großen Coup. Zuweilen wünsch-
te ich die Kunstgriffe, von denen mir meine Mut-
ter geschrieben, von ihr zu erfahren, aber ihr des-
wegen zu schreiben, erlaubte die Zeit nicht, noch
weniger zu einer Reise nach Hause, wozu ich ohne-
hin nicht sehr geneigt war. Demnach blieb ich
lange ein ehrlicher Spieler, oder vielmehr Verlie-
rer, weil ich es immer verschob, mit der Kunst, es
nicht zu sein, Bekanntschaft zu machen. Meine
Gleichgültigkeit gegen das Geld trug zu dieser
Vernachläßignng auch daß ihrige bei, denn ich
hatte nicht den Willen, Geld zusammen zu häufen;
so lange ich Kredit hatte, war es mir gleichgültig,
ob ich, was ich brauchte, aus eigenen Mitteln be-
streiten konnte, oder es aufnehmen mußte; wenn
ich zu gewinnen wünschte, so war es mehr aus Be-
gierde, andern das ihrige abzunehmen, als welich
mich dadurch in Wohlstand setzen wollte. Um die-
sen zu unterhalten, und die Summen, welche ich

fast
U 2

angriff, und wenn ſie es nicht dulden wollten, be-
ſchimpfte. Dergleichen edle Handlungen mußten
der eben ſo erhabenen Neigung zu ſpielen weichen.

Jch begann in entſchiedenes Ungluͤck zu gera-
then, doch das machte mich noch begieriger auf den
Schlag der Stunde, welche zur Bank rief; ich
glaubte es wieder gewinnen zu muͤſſen, und hoffte
taͤglich auf einen großen Coup. Zuweilen wuͤnſch-
te ich die Kunſtgriffe, von denen mir meine Mut-
ter geſchrieben, von ihr zu erfahren, aber ihr des-
wegen zu ſchreiben, erlaubte die Zeit nicht, noch
weniger zu einer Reiſe nach Hauſe, wozu ich ohne-
hin nicht ſehr geneigt war. Demnach blieb ich
lange ein ehrlicher Spieler, oder vielmehr Verlie-
rer, weil ich es immer verſchob, mit der Kunſt, es
nicht zu ſein, Bekanntſchaft zu machen. Meine
Gleichguͤltigkeit gegen das Geld trug zu dieſer
Vernachlaͤßignng auch daß ihrige bei, denn ich
hatte nicht den Willen, Geld zuſammen zu haͤufen;
ſo lange ich Kredit hatte, war es mir gleichguͤltig,
ob ich, was ich brauchte, aus eigenen Mitteln be-
ſtreiten konnte, oder es aufnehmen mußte; wenn
ich zu gewinnen wuͤnſchte, ſo war es mehr aus Be-
gierde, andern das ihrige abzunehmen, als welich
mich dadurch in Wohlſtand ſetzen wollte. Um die-
ſen zu unterhalten, und die Summen, welche ich

faſt
U 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0311" n="307"/>
angriff, und wenn &#x017F;ie es nicht dulden wollten, be-<lb/>
&#x017F;chimpfte. Dergleichen edle Handlungen mußten<lb/>
der eben &#x017F;o erhabenen Neigung zu &#x017F;pielen weichen.</p><lb/>
        <p>Jch begann in ent&#x017F;chiedenes Unglu&#x0364;ck zu gera-<lb/>
then, doch das machte mich noch begieriger auf den<lb/>
Schlag der Stunde, welche zur Bank rief; ich<lb/>
glaubte es wieder gewinnen zu mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, und hoffte<lb/>
ta&#x0364;glich auf einen großen Coup. Zuweilen wu&#x0364;n&#x017F;ch-<lb/>
te ich die Kun&#x017F;tgriffe, von denen mir meine Mut-<lb/>
ter ge&#x017F;chrieben, von ihr zu erfahren, aber ihr des-<lb/>
wegen zu &#x017F;chreiben, erlaubte die Zeit nicht, noch<lb/>
weniger zu einer Rei&#x017F;e nach Hau&#x017F;e, wozu ich ohne-<lb/>
hin nicht &#x017F;ehr geneigt war. Demnach blieb ich<lb/>
lange ein ehrlicher Spieler, oder vielmehr Verlie-<lb/>
rer, weil ich es immer ver&#x017F;chob, mit der Kun&#x017F;t, es<lb/>
nicht zu &#x017F;ein, Bekannt&#x017F;chaft zu machen. Meine<lb/>
Gleichgu&#x0364;ltigkeit gegen das Geld trug zu die&#x017F;er<lb/>
Vernachla&#x0364;ßignng auch daß ihrige bei, denn ich<lb/>
hatte nicht den Willen, Geld zu&#x017F;ammen zu ha&#x0364;ufen;<lb/>
&#x017F;o lange ich Kredit hatte, war es mir gleichgu&#x0364;ltig,<lb/>
ob ich, was ich brauchte, aus eigenen Mitteln be-<lb/>
&#x017F;treiten konnte, oder es aufnehmen mußte; wenn<lb/>
ich zu gewinnen wu&#x0364;n&#x017F;chte, &#x017F;o war es mehr aus Be-<lb/>
gierde, andern das ihrige abzunehmen, als we<hi rendition="#g">lich</hi><lb/>
mich dadurch in Wohl&#x017F;tand &#x017F;etzen wollte. Um die-<lb/>
&#x017F;en zu unterhalten, und die Summen, welche ich<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">U 2</fw><fw place="bottom" type="catch">fa&#x017F;t</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[307/0311] angriff, und wenn ſie es nicht dulden wollten, be- ſchimpfte. Dergleichen edle Handlungen mußten der eben ſo erhabenen Neigung zu ſpielen weichen. Jch begann in entſchiedenes Ungluͤck zu gera- then, doch das machte mich noch begieriger auf den Schlag der Stunde, welche zur Bank rief; ich glaubte es wieder gewinnen zu muͤſſen, und hoffte taͤglich auf einen großen Coup. Zuweilen wuͤnſch- te ich die Kunſtgriffe, von denen mir meine Mut- ter geſchrieben, von ihr zu erfahren, aber ihr des- wegen zu ſchreiben, erlaubte die Zeit nicht, noch weniger zu einer Reiſe nach Hauſe, wozu ich ohne- hin nicht ſehr geneigt war. Demnach blieb ich lange ein ehrlicher Spieler, oder vielmehr Verlie- rer, weil ich es immer verſchob, mit der Kunſt, es nicht zu ſein, Bekanntſchaft zu machen. Meine Gleichguͤltigkeit gegen das Geld trug zu dieſer Vernachlaͤßignng auch daß ihrige bei, denn ich hatte nicht den Willen, Geld zuſammen zu haͤufen; ſo lange ich Kredit hatte, war es mir gleichguͤltig, ob ich, was ich brauchte, aus eigenen Mitteln be- ſtreiten konnte, oder es aufnehmen mußte; wenn ich zu gewinnen wuͤnſchte, ſo war es mehr aus Be- gierde, andern das ihrige abzunehmen, als welich mich dadurch in Wohlſtand ſetzen wollte. Um die- ſen zu unterhalten, und die Summen, welche ich faſt U 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/311
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/311>, abgerufen am 17.06.2024.