Meinem Stiefvater ward also berichtet, daß ich ein Nervenfieber hätte, der Mutter hingegen schrieb Frau Elfenbein durch ihres Mannes Hand die Wahrheit, machte es äußerst gefährlich, und rühm- te sowohl ihre Sorgfalt, als ihre Verschwiegenheit so ausführlich an, daß lieb Mütterchen nicht um- hin konnte, zu dem Kurgelde, welches sie mit Ge- nehmigung ihres Gemahls schicken durfte, noch eine weit größere Summe zu legen, nicht nur um mir gehörige Pflege leisten und den Arzt gut bezahlen zu können, sondern auch die Willigkeit der Frau El- fenbein bei meiner Wartung, und ihre Discretion zu bezahlen. Jndem sie dieses besorgte, wollte sie nicht unterlassen mir eine Strafpredigt zu halten, und mich zu ermahnen, künftig behutsamer zu sein, doch sie hatte Rücksicht auf meine kränklichen Um- stände genommen, wobei sie mich nicht ärgern woll- te, und so war diese Straf- und Ermahnungspre- digt in sehr sanften und schonenden Ausdrücken abgefaßt.
Da es mir ziemlich ungelegen war kränklich zu sein, und im Bett, hernach im Zimmer bleiben zu müssen, fand ichs für gut, mich den Regeln und Verordnungen des Arztes zu unterwerfen, weshalb ich bald wieder gesund ward. Sodann brachte mich die Selbstliebe zu dem Entschluß, nicht mehr so
stark
Meinem Stiefvater ward alſo berichtet, daß ich ein Nervenfieber haͤtte, der Mutter hingegen ſchrieb Frau Elfenbein durch ihres Mannes Hand die Wahrheit, machte es aͤußerſt gefaͤhrlich, und ruͤhm- te ſowohl ihre Sorgfalt, als ihre Verſchwiegenheit ſo ausfuͤhrlich an, daß lieb Muͤtterchen nicht um- hin konnte, zu dem Kurgelde, welches ſie mit Ge- nehmigung ihres Gemahls ſchicken durfte, noch eine weit groͤßere Summe zu legen, nicht nur um mir gehoͤrige Pflege leiſten und den Arzt gut bezahlen zu koͤnnen, ſondern auch die Willigkeit der Frau El- fenbein bei meiner Wartung, und ihre Discretion zu bezahlen. Jndem ſie dieſes beſorgte, wollte ſie nicht unterlaſſen mir eine Strafpredigt zu halten, und mich zu ermahnen, kuͤnftig behutſamer zu ſein, doch ſie hatte Ruͤckſicht auf meine kraͤnklichen Um- ſtaͤnde genommen, wobei ſie mich nicht aͤrgern woll- te, und ſo war dieſe Straf- und Ermahnungspre- digt in ſehr ſanften und ſchonenden Ausdruͤcken abgefaßt.
Da es mir ziemlich ungelegen war kraͤnklich zu ſein, und im Bett, hernach im Zimmer bleiben zu muͤſſen, fand ichs fuͤr gut, mich den Regeln und Verordnungen des Arztes zu unterwerfen, weshalb ich bald wieder geſund ward. Sodann brachte mich die Selbſtliebe zu dem Entſchluß, nicht mehr ſo
ſtark
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Meinem Stiefvater ward alſo berichtet, daß ich ein
Nervenfieber haͤtte, der Mutter hingegen ſchrieb
Frau Elfenbein durch ihres Mannes Hand die
Wahrheit, machte es aͤußerſt gefaͤhrlich, und ruͤhm-
te ſowohl ihre Sorgfalt, als ihre Verſchwiegenheit
ſo ausfuͤhrlich an, daß lieb Muͤtterchen nicht um-
hin konnte, zu dem Kurgelde, welches ſie mit Ge-
nehmigung ihres Gemahls ſchicken durfte, noch eine
weit groͤßere Summe zu legen, nicht nur um mir
gehoͤrige Pflege leiſten und den Arzt gut bezahlen zu
koͤnnen, ſondern auch die Willigkeit der Frau El-
fenbein bei meiner Wartung, und ihre Discretion
zu bezahlen. Jndem ſie dieſes beſorgte, wollte ſie
nicht unterlaſſen mir eine Strafpredigt zu halten,
und mich zu ermahnen, kuͤnftig behutſamer zu ſein,
doch ſie hatte Ruͤckſicht auf meine kraͤnklichen Um-
ſtaͤnde genommen, wobei ſie mich nicht aͤrgern woll-
te, und ſo war dieſe Straf- und Ermahnungspre-
digt in ſehr ſanften und ſchonenden Ausdruͤcken
abgefaßt.
Da es mir ziemlich ungelegen war kraͤnklich zu
ſein, und im Bett, hernach im Zimmer bleiben zu
muͤſſen, fand ichs fuͤr gut, mich den Regeln und
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/259>, abgerufen am 22.11.2024.
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