als wenn ihn der Henker holen wollte, es wird wohl so arg nicht sein -- marschier er, Kerl! wie kann er sich unterstehen so vor mir zu erscheinen? -- Ja fühl er nur hinter, der A * * wird wohl nicht entzwei sein. Null hatte gefühlt, daß einige Stel- len aufgelaufen waren, andere bluteten, er wollte nun nicht mehr höflich sein, also gieng er auf die letzten Worte meiner Mutter an ihr Bette, drehte sich um, hob das Hemde in die Höhe, und sagte: Da seh sie selbst, wie er aussieht!
Jch weis nicht, ob der Schrecken über das, was sie nun würklich sahe, oder die Jndignation über Nullens Efronterie, wie sie hernach nach den Lehren der Mamsell Fanchen sagte, am größten war, und welches von beiden den lauten Schrei verur- sachte, mit dem sie auf die Kissen zurückfiel und wie erstarrt da lag. Null gab ihr die Besinnungs- kraft wieder, indem er auf mein Bette zugieng und mit zitternder Stimme sagte: vors erste, frecher Junge, sollst du mirs büßen, ich will dir das La- chen einstreichen. Alles, was bisher vorgegangen war, hatte mich dazu gereizt, der letzte Auftritt entriß mir ein lautes Gelächter, und mit demselben hatte ich Nullen eben an die Billigkeit erinnert, mich zu züchtigen. Jch ließ ihn aber nicht bis zum Bette kommen, indem ich fürchterlich schrie,
fuhr
als wenn ihn der Henker holen wollte, es wird wohl ſo arg nicht ſein — marſchier er, Kerl! wie kann er ſich unterſtehen ſo vor mir zu erſcheinen? — Ja fuͤhl er nur hinter, der A * * wird wohl nicht entzwei ſein. Null hatte gefuͤhlt, daß einige Stel- len aufgelaufen waren, andere bluteten, er wollte nun nicht mehr hoͤflich ſein, alſo gieng er auf die letzten Worte meiner Mutter an ihr Bette, drehte ſich um, hob das Hemde in die Hoͤhe, und ſagte: Da ſeh ſie ſelbſt, wie er ausſieht!
Jch weis nicht, ob der Schrecken uͤber das, was ſie nun wuͤrklich ſahe, oder die Jndignation uͤber Nullens Efronterie, wie ſie hernach nach den Lehren der Mamſell Fanchen ſagte, am groͤßten war, und welches von beiden den lauten Schrei verur- ſachte, mit dem ſie auf die Kiſſen zuruͤckfiel und wie erſtarrt da lag. Null gab ihr die Beſinnungs- kraft wieder, indem er auf mein Bette zugieng und mit zitternder Stimme ſagte: vors erſte, frecher Junge, ſollſt du mirs buͤßen, ich will dir das La- chen einſtreichen. Alles, was bisher vorgegangen war, hatte mich dazu gereizt, der letzte Auftritt entriß mir ein lautes Gelaͤchter, und mit demſelben hatte ich Nullen eben an die Billigkeit erinnert, mich zu zuͤchtigen. Jch ließ ihn aber nicht bis zum Bette kommen, indem ich fuͤrchterlich ſchrie,
fuhr
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0145"n="141"/>
als wenn ihn der Henker holen wollte, es wird<lb/>
wohl ſo arg nicht ſein — marſchier er, Kerl! wie<lb/>
kann er ſich unterſtehen ſo vor mir zu erſcheinen? —<lb/>
Ja fuͤhl er nur hinter, der A * * wird wohl nicht<lb/>
entzwei ſein. Null hatte gefuͤhlt, daß einige Stel-<lb/>
len aufgelaufen waren, andere bluteten, er wollte<lb/>
nun nicht mehr hoͤflich ſein, alſo gieng er auf die<lb/>
letzten Worte meiner Mutter an ihr Bette, drehte<lb/>ſich um, hob das Hemde in die Hoͤhe, und ſagte:<lb/>
Da ſeh ſie ſelbſt, wie er ausſieht!</p><lb/><p>Jch weis nicht, ob der Schrecken uͤber das,<lb/>
was ſie nun wuͤrklich ſahe, oder die Jndignation<lb/>
uͤber Nullens Efronterie, wie ſie hernach nach den<lb/>
Lehren der Mamſell Fanchen ſagte, am groͤßten war,<lb/>
und welches von beiden den lauten Schrei verur-<lb/>ſachte, mit dem ſie auf die Kiſſen zuruͤckfiel und<lb/>
wie erſtarrt da lag. Null gab ihr die Beſinnungs-<lb/>
kraft wieder, indem er auf mein Bette zugieng und<lb/>
mit zitternder Stimme ſagte: vors erſte, frecher<lb/>
Junge, ſollſt du mirs buͤßen, ich will dir das La-<lb/>
chen einſtreichen. Alles, was bisher vorgegangen<lb/>
war, hatte mich dazu gereizt, der letzte Auftritt<lb/>
entriß mir ein lautes Gelaͤchter, und mit demſelben<lb/>
hatte ich Nullen eben an die Billigkeit erinnert,<lb/>
mich zu zuͤchtigen. Jch ließ ihn aber nicht bis<lb/>
zum Bette kommen, indem ich fuͤrchterlich ſchrie,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">fuhr</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[141/0145]
als wenn ihn der Henker holen wollte, es wird
wohl ſo arg nicht ſein — marſchier er, Kerl! wie
kann er ſich unterſtehen ſo vor mir zu erſcheinen? —
Ja fuͤhl er nur hinter, der A * * wird wohl nicht
entzwei ſein. Null hatte gefuͤhlt, daß einige Stel-
len aufgelaufen waren, andere bluteten, er wollte
nun nicht mehr hoͤflich ſein, alſo gieng er auf die
letzten Worte meiner Mutter an ihr Bette, drehte
ſich um, hob das Hemde in die Hoͤhe, und ſagte:
Da ſeh ſie ſelbſt, wie er ausſieht!
Jch weis nicht, ob der Schrecken uͤber das,
was ſie nun wuͤrklich ſahe, oder die Jndignation
uͤber Nullens Efronterie, wie ſie hernach nach den
Lehren der Mamſell Fanchen ſagte, am groͤßten war,
und welches von beiden den lauten Schrei verur-
ſachte, mit dem ſie auf die Kiſſen zuruͤckfiel und
wie erſtarrt da lag. Null gab ihr die Beſinnungs-
kraft wieder, indem er auf mein Bette zugieng und
mit zitternder Stimme ſagte: vors erſte, frecher
Junge, ſollſt du mirs buͤßen, ich will dir das La-
chen einſtreichen. Alles, was bisher vorgegangen
war, hatte mich dazu gereizt, der letzte Auftritt
entriß mir ein lautes Gelaͤchter, und mit demſelben
hatte ich Nullen eben an die Billigkeit erinnert,
mich zu zuͤchtigen. Jch ließ ihn aber nicht bis
zum Bette kommen, indem ich fuͤrchterlich ſchrie,
fuhr
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/145>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.