von keinen andern Verdruß, als den ich ihr verur- sachte, versteht sich, nicht daß sie meine unbändige Aufführung sonderlich geärgert hätte, denn sie er- klärte alles für Vivacität; da aber oft Beschwerde einlief, ihr auch mitunter selbst Krieg darüber ge- macht wurde, und sie so manche Unannehmlichkeit erfuhr, die sie zu dem Ausspruch bewog, daß es doch auch überall grobes und nichtswürdiges Volk gäbe, so verbitterte ihr das viele Stunden. Null war es immer zuletzt, an dem sie sich dafür rächte, er sollte mich besser zu ziehen und zu führen wissen, wovor sie ihn denn hätte? er wäre ein Dummkopf, der nicht mit mir umzugehen wüßte. Der Mann, der seine guten Tage um solcher Anfechtungen wil- len nicht verscherzen wollte, traute sich kaum zu sa- gen, daß ich nicht folgte, er möchte sagen was er wollte, denn die verblümteste Erklärung dieser Art setzte meine Mutter in lichterlohe Flamme, und zog ihm nur mehr Vorwürfe zu. Lieber also half er meine Streiche bemänteln, und auf die, welche sie nicht leiden wollten, schimpfen; dies war denn auch zugleich der Weg, so manches Douceur zu be- kommen.
Er hatte sich ohne Zweifel vorgenommen, diese Benefizien noch eine Weile zu genießen, und sich etwas zu sammeln, wenn er dann nur so viel ha-
ben
von keinen andern Verdruß, als den ich ihr verur- ſachte, verſteht ſich, nicht daß ſie meine unbaͤndige Auffuͤhrung ſonderlich geaͤrgert haͤtte, denn ſie er- klaͤrte alles fuͤr Vivacitaͤt; da aber oft Beſchwerde einlief, ihr auch mitunter ſelbſt Krieg daruͤber ge- macht wurde, und ſie ſo manche Unannehmlichkeit erfuhr, die ſie zu dem Ausſpruch bewog, daß es doch auch uͤberall grobes und nichtswuͤrdiges Volk gaͤbe, ſo verbitterte ihr das viele Stunden. Null war es immer zuletzt, an dem ſie ſich dafuͤr raͤchte, er ſollte mich beſſer zu ziehen und zu fuͤhren wiſſen, wovor ſie ihn denn haͤtte? er waͤre ein Dummkopf, der nicht mit mir umzugehen wuͤßte. Der Mann, der ſeine guten Tage um ſolcher Anfechtungen wil- len nicht verſcherzen wollte, traute ſich kaum zu ſa- gen, daß ich nicht folgte, er moͤchte ſagen was er wollte, denn die verbluͤmteſte Erklaͤrung dieſer Art ſetzte meine Mutter in lichterlohe Flamme, und zog ihm nur mehr Vorwuͤrfe zu. Lieber alſo half er meine Streiche bemaͤnteln, und auf die, welche ſie nicht leiden wollten, ſchimpfen; dies war denn auch zugleich der Weg, ſo manches Douceur zu be- kommen.
Er hatte ſich ohne Zweifel vorgenommen, dieſe Benefizien noch eine Weile zu genießen, und ſich etwas zu ſammeln, wenn er dann nur ſo viel ha-
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von keinen andern Verdruß, als den ich ihr verur-
ſachte, verſteht ſich, nicht daß ſie meine unbaͤndige
Auffuͤhrung ſonderlich geaͤrgert haͤtte, denn ſie er-
klaͤrte alles fuͤr Vivacitaͤt; da aber oft Beſchwerde
einlief, ihr auch mitunter ſelbſt Krieg daruͤber ge-
macht wurde, und ſie ſo manche Unannehmlichkeit
erfuhr, die ſie zu dem Ausſpruch bewog, daß es
doch auch uͤberall grobes und nichtswuͤrdiges Volk
gaͤbe, ſo verbitterte ihr das viele Stunden. Null
war es immer zuletzt, an dem ſie ſich dafuͤr raͤchte,
er ſollte mich beſſer zu ziehen und zu fuͤhren wiſſen,
wovor ſie ihn denn haͤtte? er waͤre ein Dummkopf,
der nicht mit mir umzugehen wuͤßte. Der Mann,
der ſeine guten Tage um ſolcher Anfechtungen wil-
len nicht verſcherzen wollte, traute ſich kaum zu ſa-
gen, daß ich nicht folgte, er moͤchte ſagen was er
wollte, denn die verbluͤmteſte Erklaͤrung dieſer Art
ſetzte meine Mutter in lichterlohe Flamme, und
zog ihm nur mehr Vorwuͤrfe zu. Lieber alſo half
er meine Streiche bemaͤnteln, und auf die, welche
ſie nicht leiden wollten, ſchimpfen; dies war denn
auch zugleich der Weg, ſo manches Douceur zu be-
kommen.
Er hatte ſich ohne Zweifel vorgenommen, dieſe
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/132>, abgerufen am 22.11.2024.
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