hinnehmen muste. Und wie wir schon vernommen, hatte sie trefliche Gründe, dazu zu schweigen. Sie selbst hätte bei ihrem Plan, sich auf irgend eine Art von dem Herrn Gemahl zu befreien, freilich nicht hoffen sollen, von Peters Erbschaft Nutzen zu ziehen; aber da sie sich vorgenommen hatte, den Schein der Unschuld vor allen Dingen bei der Sache zu beobachten, so meinte sie, es könne ihr dadurch nichts entgehn, wenigstens müste doch mir ein Antheil an Peters Erbschaft bleiben, und sie wollte sorgen, daß es nicht der kleinste wäre.
Sie ärgerte sich zwar über die groben Reden, welche ihr der Herr Schwager jetzt angehangen hatte, so sehr, daß sie kurz darauf wirklich einen starken und fast zu frühen Anfall des Milchsiebers bekam, als außerdem erfolgt wäre, aber sie ließ sich nichts merken, sondern sagte ganz gelassen, was den Officiersstand ihres Vaters beträfe, so wollte sie es schon noch beweisen; übrigens hätte sie sich vorgenommen, daß ich studiren und einst ein Mann werden sollte, der so braven und angesehenen Leu- ten als mein Vater und Onele wären, Ehre ma- chen sollte. Peter muste mit dieser Antwort zufrie- den sein; zwar meinte er, dieß alles könnte ge- schehen, wenn auch Brandweinbrenner und Bar- birer bei mir Pathen-Stelle verrichteten, und
setzte
hinnehmen muſte. Und wie wir ſchon vernommen, hatte ſie trefliche Gruͤnde, dazu zu ſchweigen. Sie ſelbſt haͤtte bei ihrem Plan, ſich auf irgend eine Art von dem Herrn Gemahl zu befreien, freilich nicht hoffen ſollen, von Peters Erbſchaft Nutzen zu ziehen; aber da ſie ſich vorgenommen hatte, den Schein der Unſchuld vor allen Dingen bei der Sache zu beobachten, ſo meinte ſie, es koͤnne ihr dadurch nichts entgehn, wenigſtens muͤſte doch mir ein Antheil an Peters Erbſchaft bleiben, und ſie wollte ſorgen, daß es nicht der kleinſte waͤre.
Sie aͤrgerte ſich zwar uͤber die groben Reden, welche ihr der Herr Schwager jetzt angehangen hatte, ſo ſehr, daß ſie kurz darauf wirklich einen ſtarken und faſt zu fruͤhen Anfall des Milchſiebers bekam, als außerdem erfolgt waͤre, aber ſie ließ ſich nichts merken, ſondern ſagte ganz gelaſſen, was den Officiersſtand ihres Vaters betraͤfe, ſo wollte ſie es ſchon noch beweiſen; uͤbrigens haͤtte ſie ſich vorgenommen, daß ich ſtudiren und einſt ein Mann werden ſollte, der ſo braven und angeſehenen Leu- ten als mein Vater und Onele waͤren, Ehre ma- chen ſollte. Peter muſte mit dieſer Antwort zufrie- den ſein; zwar meinte er, dieß alles koͤnnte ge- ſchehen, wenn auch Brandweinbrenner und Bar- birer bei mir Pathen-Stelle verrichteten, und
ſetzte
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[9/0013]
hinnehmen muſte. Und wie wir ſchon vernommen,
hatte ſie trefliche Gruͤnde, dazu zu ſchweigen. Sie
ſelbſt haͤtte bei ihrem Plan, ſich auf irgend eine
Art von dem Herrn Gemahl zu befreien, freilich
nicht hoffen ſollen, von Peters Erbſchaft Nutzen
zu ziehen; aber da ſie ſich vorgenommen hatte, den
Schein der Unſchuld vor allen Dingen bei der
Sache zu beobachten, ſo meinte ſie, es koͤnne ihr
dadurch nichts entgehn, wenigſtens muͤſte doch mir
ein Antheil an Peters Erbſchaft bleiben, und ſie
wollte ſorgen, daß es nicht der kleinſte waͤre.
Sie aͤrgerte ſich zwar uͤber die groben Reden,
welche ihr der Herr Schwager jetzt angehangen
hatte, ſo ſehr, daß ſie kurz darauf wirklich einen
ſtarken und faſt zu fruͤhen Anfall des Milchſiebers
bekam, als außerdem erfolgt waͤre, aber ſie ließ
ſich nichts merken, ſondern ſagte ganz gelaſſen, was
den Officiersſtand ihres Vaters betraͤfe, ſo wollte
ſie es ſchon noch beweiſen; uͤbrigens haͤtte ſie ſich
vorgenommen, daß ich ſtudiren und einſt ein Mann
werden ſollte, der ſo braven und angeſehenen Leu-
ten als mein Vater und Onele waͤren, Ehre ma-
chen ſollte. Peter muſte mit dieſer Antwort zufrie-
den ſein; zwar meinte er, dieß alles koͤnnte ge-
ſchehen, wenn auch Brandweinbrenner und Bar-
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/13>, abgerufen am 21.11.2024.
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