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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.

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Beschämung etwas gelegt hatte, nachdem sie mit
den Anstalten, allem künftigen Verdruß dieser Art
vorzubeugen, fertig war, sogar Schnitzern selbst
erzählt hatte, daß Felß, wie er immer geglaubt
und sie jetzt für gewiß erfahren hätte, ein Ehren-
mann und vornehmer Herr sei, den er ja recht oft
besuchen sollte; nachdem sie auch den Verdruß mit
dem Baron überwunden hatte, überließ sie sich ei-
niger Ruhe und wendete diese zum Nachdenken an.
Dieses Nachdenken stellte ihr so manchen Umstand
bei jener Untersuchung verdächtig vor. Warum
war der Geheimderath eben zuerst bei Albrechten
eingekehrt, da doch solche Herren erst in einem Gast-
hof abzutreten pflegten? Und hätte er ihrer jetzi-
gen Einsicht nach wohl Buschen eher zu sich kön-
nen rufen lassen. Eben so besonders schien es ihr
jetzt, daß er sogleich, und ohne im mindesten aus-
zuruhn wieder abreiste, um dem Kaiser Bericht zu
bringen und sie zu entschuldigen, ehe ihn ihre Fein-
de noch ärger aufbrächten. Eine solche Gefälligkeit
konnte nicht sie, ja nicht einmal Albrecht, wenn
er auch dessen Fürbitte ansähe, von einem so vor-
nehmen Mann verlangen. -- Und wenn sich der
Kaiser so sehr für Felßen interessirte, warum gab
er ihm in seinem Jncognito nicht vollauf, oder
wenigstens so viel Geld, daß er besser leben könnte?
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Beſchaͤmung etwas gelegt hatte, nachdem ſie mit
den Anſtalten, allem kuͤnftigen Verdruß dieſer Art
vorzubeugen, fertig war, ſogar Schnitzern ſelbſt
erzaͤhlt hatte, daß Felß, wie er immer geglaubt
und ſie jetzt fuͤr gewiß erfahren haͤtte, ein Ehren-
mann und vornehmer Herr ſei, den er ja recht oft
beſuchen ſollte; nachdem ſie auch den Verdruß mit
dem Baron uͤberwunden hatte, uͤberließ ſie ſich ei-
niger Ruhe und wendete dieſe zum Nachdenken an.
Dieſes Nachdenken ſtellte ihr ſo manchen Umſtand
bei jener Unterſuchung verdaͤchtig vor. Warum
war der Geheimderath eben zuerſt bei Albrechten
eingekehrt, da doch ſolche Herren erſt in einem Gaſt-
hof abzutreten pflegten? Und haͤtte er ihrer jetzi-
gen Einſicht nach wohl Buſchen eher zu ſich koͤn-
nen rufen laſſen. Eben ſo beſonders ſchien es ihr
jetzt, daß er ſogleich, und ohne im mindeſten aus-
zuruhn wieder abreiſte, um dem Kaiſer Bericht zu
bringen und ſie zu entſchuldigen, ehe ihn ihre Fein-
de noch aͤrger aufbraͤchten. Eine ſolche Gefaͤlligkeit
konnte nicht ſie, ja nicht einmal Albrecht, wenn
er auch deſſen Fuͤrbitte anſaͤhe, von einem ſo vor-
nehmen Mann verlangen. — Und wenn ſich der
Kaiſer ſo ſehr fuͤr Felßen intereſſirte, warum gab
er ihm in ſeinem Jncognito nicht vollauf, oder
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[325/0331] Beſchaͤmung etwas gelegt hatte, nachdem ſie mit den Anſtalten, allem kuͤnftigen Verdruß dieſer Art vorzubeugen, fertig war, ſogar Schnitzern ſelbſt erzaͤhlt hatte, daß Felß, wie er immer geglaubt und ſie jetzt fuͤr gewiß erfahren haͤtte, ein Ehren- mann und vornehmer Herr ſei, den er ja recht oft beſuchen ſollte; nachdem ſie auch den Verdruß mit dem Baron uͤberwunden hatte, uͤberließ ſie ſich ei- niger Ruhe und wendete dieſe zum Nachdenken an. Dieſes Nachdenken ſtellte ihr ſo manchen Umſtand bei jener Unterſuchung verdaͤchtig vor. Warum war der Geheimderath eben zuerſt bei Albrechten eingekehrt, da doch ſolche Herren erſt in einem Gaſt- hof abzutreten pflegten? Und haͤtte er ihrer jetzi- gen Einſicht nach wohl Buſchen eher zu ſich koͤn- nen rufen laſſen. Eben ſo beſonders ſchien es ihr jetzt, daß er ſogleich, und ohne im mindeſten aus- zuruhn wieder abreiſte, um dem Kaiſer Bericht zu bringen und ſie zu entſchuldigen, ehe ihn ihre Fein- de noch aͤrger aufbraͤchten. Eine ſolche Gefaͤlligkeit konnte nicht ſie, ja nicht einmal Albrecht, wenn er auch deſſen Fuͤrbitte anſaͤhe, von einem ſo vor- nehmen Mann verlangen. — Und wenn ſich der Kaiſer ſo ſehr fuͤr Felßen intereſſirte, warum gab er ihm in ſeinem Jncognito nicht vollauf, oder wenigſtens ſo viel Geld, daß er beſſer leben koͤnnte? — je- X 3

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/331>, abgerufen am 26.06.2024.