litt. Sie wandte, so weit sie konnte, dies auf sich an; Schnitzer war ihr auf gewisse Art der harte Vormund und Felß der verhaßte Mann, um des- sentwillen sie doch auch ihrer Meinung nach lei- den mußte; also beschloß sie, gleich jener Dulderinn, es stillschweigend zu ertragen, wenn sie hören wür- de, daß Johann Jacob ihres Verbots ohnerachtet ihn besucht hätte, ja sie wünschte nichts so sehr als eine solche Nachricht, um ihrer Geduld eine Uebung zu geben.
Was die Sittsamkeit betraf, so begann sie diese auch nachzuäffen, sie war nicht nur beim Soupe spirituel weit ernsthafter als sonst, son- dern entzog ihm ihre Gegenwart immer mehr und hätte es gänzlich aufgehoben, wenn es nicht so viel eingetragen hätte. Dies alles war, wie ge- sagt, nur ein neues Gewand, welches ihr eigent- lich sehr unbequem war, aber sie wollte es doch so lange tragen, bis Busch sie für den Zwang hinlänglich belohnt hätte. Sie glaubte, er wün- sche es, um den Roman gehörig mit ihr zu spie- len, und werde ihr entweder, wenn alles einge- richtet wäre, erlauben, die angenommene Rolle abzulegen, oder sie könnte, wenn sie die angenehme Veränderung, die ihr eine Liebschaft mit Buschen verursachte, genossen, doch wohl zu ihren vorher
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litt. Sie wandte, ſo weit ſie konnte, dies auf ſich an; Schnitzer war ihr auf gewiſſe Art der harte Vormund und Felß der verhaßte Mann, um deſ- ſentwillen ſie doch auch ihrer Meinung nach lei- den mußte; alſo beſchloß ſie, gleich jener Dulderinn, es ſtillſchweigend zu ertragen, wenn ſie hoͤren wuͤr- de, daß Johann Jacob ihres Verbots ohnerachtet ihn beſucht haͤtte, ja ſie wuͤnſchte nichts ſo ſehr als eine ſolche Nachricht, um ihrer Geduld eine Uebung zu geben.
Was die Sittſamkeit betraf, ſo begann ſie dieſe auch nachzuaͤffen, ſie war nicht nur beim Soupé spirituel weit ernſthafter als ſonſt, ſon- dern entzog ihm ihre Gegenwart immer mehr und haͤtte es gaͤnzlich aufgehoben, wenn es nicht ſo viel eingetragen haͤtte. Dies alles war, wie ge- ſagt, nur ein neues Gewand, welches ihr eigent- lich ſehr unbequem war, aber ſie wollte es doch ſo lange tragen, bis Buſch ſie fuͤr den Zwang hinlaͤnglich belohnt haͤtte. Sie glaubte, er wuͤn- ſche es, um den Roman gehoͤrig mit ihr zu ſpie- len, und werde ihr entweder, wenn alles einge- richtet waͤre, erlauben, die angenommene Rolle abzulegen, oder ſie koͤnnte, wenn ſie die angenehme Veraͤnderung, die ihr eine Liebſchaft mit Buſchen verurſachte, genoſſen, doch wohl zu ihren vorher
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litt. Sie wandte, ſo weit ſie konnte, dies auf ſich
an; Schnitzer war ihr auf gewiſſe Art der harte
Vormund und Felß der verhaßte Mann, um deſ-
ſentwillen ſie doch auch ihrer Meinung nach lei-
den mußte; alſo beſchloß ſie, gleich jener Dulderinn,
es ſtillſchweigend zu ertragen, wenn ſie hoͤren wuͤr-
de, daß Johann Jacob ihres Verbots ohnerachtet
ihn beſucht haͤtte, ja ſie wuͤnſchte nichts ſo ſehr
als eine ſolche Nachricht, um ihrer Geduld eine
Uebung zu geben.
Was die Sittſamkeit betraf, ſo begann ſie
dieſe auch nachzuaͤffen, ſie war nicht nur beim
Soupé spirituel weit ernſthafter als ſonſt, ſon-
dern entzog ihm ihre Gegenwart immer mehr und
haͤtte es gaͤnzlich aufgehoben, wenn es nicht ſo
viel eingetragen haͤtte. Dies alles war, wie ge-
ſagt, nur ein neues Gewand, welches ihr eigent-
lich ſehr unbequem war, aber ſie wollte es doch
ſo lange tragen, bis Buſch ſie fuͤr den Zwang
hinlaͤnglich belohnt haͤtte. Sie glaubte, er wuͤn-
ſche es, um den Roman gehoͤrig mit ihr zu ſpie-
len, und werde ihr entweder, wenn alles einge-
richtet waͤre, erlauben, die angenommene Rolle
abzulegen, oder ſie koͤnnte, wenn ſie die angenehme
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/296>, abgerufen am 22.11.2024.
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