lichen Rechte ausgewichen, um sie nicht todt zu treten. Dabei hätte Busch nun freilich für seine Absicht immer wenig gewonnen, denn diese leise Empfindung durfte sich darum nicht auf die Men- schen, welche mit ihr leben mußten, erstrecken, sie konnte diesen das Leben so schwer machen, als es ihr gut dünkte, sie quälen, sie nicht der gering- sten Schonung werth halten, und doch bei der zärtlichen Theilnahme beim Leben des Wurms ein frommes empfindsames Geschöpf scheinen.
Jn Ermangelung solcher Schriften nun that dieser und andre Romane das nemliche. Madam Schnitzer war, besonders weil die Sache den Reiz der Neuheit hatte, überaus sanftmüthig, sprach in einem ganz leisen Ton, übte sich vor dem Spie- gel in sanften Mienen, war besonders gegen ihren Mann sehr liebreich und setzte das, was sie wollte, jetzt mit Bitten durch, welches den weichherzigen Johann Jacob, da er eine solche Sprache nicht gewohnt war, so sehr rührte, daß er den Mond für sie würde herunter zu holen versucht haben, wenn sie es verlangt hätte. Die Romanheldinn stand unter einem harten Vormund, der sie zu einer Heirath mit einem verhaßten Gegenstand zwingen wollte und ihr unfreundlich begegnete, woge- gen sie sehr gelassen war und alles mit Langmuth
litt.
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lichen Rechte ausgewichen, um ſie nicht todt zu treten. Dabei haͤtte Buſch nun freilich fuͤr ſeine Abſicht immer wenig gewonnen, denn dieſe leiſe Empfindung durfte ſich darum nicht auf die Men- ſchen, welche mit ihr leben mußten, erſtrecken, ſie konnte dieſen das Leben ſo ſchwer machen, als es ihr gut duͤnkte, ſie quaͤlen, ſie nicht der gering- ſten Schonung werth halten, und doch bei der zaͤrtlichen Theilnahme beim Leben des Wurms ein frommes empfindſames Geſchoͤpf ſcheinen.
Jn Ermangelung ſolcher Schriften nun that dieſer und andre Romane das nemliche. Madam Schnitzer war, beſonders weil die Sache den Reiz der Neuheit hatte, uͤberaus ſanftmuͤthig, ſprach in einem ganz leiſen Ton, uͤbte ſich vor dem Spie- gel in ſanften Mienen, war beſonders gegen ihren Mann ſehr liebreich und ſetzte das, was ſie wollte, jetzt mit Bitten durch, welches den weichherzigen Johann Jacob, da er eine ſolche Sprache nicht gewohnt war, ſo ſehr ruͤhrte, daß er den Mond fuͤr ſie wuͤrde herunter zu holen verſucht haben, wenn ſie es verlangt haͤtte. Die Romanheldinn ſtand unter einem harten Vormund, der ſie zu einer Heirath mit einem verhaßten Gegenſtand zwingen wollte und ihr unfreundlich begegnete, woge- gen ſie ſehr gelaſſen war und alles mit Langmuth
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lichen Rechte ausgewichen, um ſie nicht todt zu
treten. Dabei haͤtte Buſch nun freilich fuͤr ſeine
Abſicht immer wenig gewonnen, denn dieſe leiſe
Empfindung durfte ſich darum nicht auf die Men-
ſchen, welche mit ihr leben mußten, erſtrecken, ſie
konnte dieſen das Leben ſo ſchwer machen, als es
ihr gut duͤnkte, ſie quaͤlen, ſie nicht der gering-
ſten Schonung werth halten, und doch bei der
zaͤrtlichen Theilnahme beim Leben des Wurms ein
frommes empfindſames Geſchoͤpf ſcheinen.
Jn Ermangelung ſolcher Schriften nun that
dieſer und andre Romane das nemliche. Madam
Schnitzer war, beſonders weil die Sache den Reiz
der Neuheit hatte, uͤberaus ſanftmuͤthig, ſprach
in einem ganz leiſen Ton, uͤbte ſich vor dem Spie-
gel in ſanften Mienen, war beſonders gegen ihren
Mann ſehr liebreich und ſetzte das, was ſie wollte,
jetzt mit Bitten durch, welches den weichherzigen
Johann Jacob, da er eine ſolche Sprache nicht
gewohnt war, ſo ſehr ruͤhrte, daß er den Mond
fuͤr ſie wuͤrde herunter zu holen verſucht haben,
wenn ſie es verlangt haͤtte. Die Romanheldinn
ſtand unter einem harten Vormund, der ſie zu
einer Heirath mit einem verhaßten Gegenſtand
zwingen wollte und ihr unfreundlich begegnete, woge-
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/295>, abgerufen am 23.11.2024.
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