Leser kennt meinen decenten Confuselius noch nicht,) in Schlafhosen, öfnete die Thüre, fragte sehr trotzig was es für Lerm gäbe, erschrak aber nicht wenig, als ein junger, starker Student mit bloßem Degen hereintrat und Rechenschaft wegen des an seiner Schwester verübten Bubenstücks foderte. Der Offi- cier nahm sich jedoch bald zusammen, und machte den Unwissenden. Nun erfuhr er aber, daß alles entdeckt, von dem Mädchen selbst ausgesagt, die Köchinn sammt der Kupplerinn bereits in Verhaft gesetzt sei, und beide, wir billig, ins Zuchthaus kommen würden, und daß der Herr Lieutenant nicht eine Minute mehr zu leben hätte, wofern er sich nicht entschlösse, sich noch diese Nacht mit seiner Schwester trauen zu lassen. Der Officier wollte Einwendungen machen, wollte seinen Degen haben, schrie seinem Bedienten zu, daß er ihm solchen ge- ben sollte: aber dazu war keine Möglichkeit; denn der Student hatte noch einen Gehülfen mitgebracht, der den Bedienten schon eingetrieben hatte, und der ihn nicht von der Stelle ließ, wo er ihn hin- gedrückt hatte. Der Student hatte indessen den Herrn Lieutenant in einen Winkel gedrängt, und setzte ihm die Degenspitze auf die Brust; indem er immer wiederholte, willst du dich trauen lassen? Sage ja, oder ich ersteche dich! -- Endlich sagte
der
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Leſer kennt meinen decenten Confuſelius noch nicht,) in Schlafhoſen, oͤfnete die Thuͤre, fragte ſehr trotzig was es fuͤr Lerm gaͤbe, erſchrak aber nicht wenig, als ein junger, ſtarker Student mit bloßem Degen hereintrat und Rechenſchaft wegen des an ſeiner Schweſter veruͤbten Bubenſtuͤcks foderte. Der Offi- cier nahm ſich jedoch bald zuſammen, und machte den Unwiſſenden. Nun erfuhr er aber, daß alles entdeckt, von dem Maͤdchen ſelbſt ausgeſagt, die Koͤchinn ſammt der Kupplerinn bereits in Verhaft geſetzt ſei, und beide, wir billig, ins Zuchthaus kommen wuͤrden, und daß der Herr Lieutenant nicht eine Minute mehr zu leben haͤtte, wofern er ſich nicht entſchloͤſſe, ſich noch dieſe Nacht mit ſeiner Schweſter trauen zu laſſen. Der Officier wollte Einwendungen machen, wollte ſeinen Degen haben, ſchrie ſeinem Bedienten zu, daß er ihm ſolchen ge- ben ſollte: aber dazu war keine Moͤglichkeit; denn der Student hatte noch einen Gehuͤlfen mitgebracht, der den Bedienten ſchon eingetrieben hatte, und der ihn nicht von der Stelle ließ, wo er ihn hin- gedruͤckt hatte. Der Student hatte indeſſen den Herrn Lieutenant in einen Winkel gedraͤngt, und ſetzte ihm die Degenſpitze auf die Bruſt; indem er immer wiederholte, willſt du dich trauen laſſen? Sage ja, oder ich erſteche dich! — Endlich ſagte
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Leſer kennt meinen decenten Confuſelius noch nicht,)
in Schlafhoſen, oͤfnete die Thuͤre, fragte ſehr trotzig
was es fuͤr Lerm gaͤbe, erſchrak aber nicht wenig,
als ein junger, ſtarker Student mit bloßem Degen
hereintrat und Rechenſchaft wegen des an ſeiner
Schweſter veruͤbten Bubenſtuͤcks foderte. Der Offi-
cier nahm ſich jedoch bald zuſammen, und machte
den Unwiſſenden. Nun erfuhr er aber, daß alles
entdeckt, von dem Maͤdchen ſelbſt ausgeſagt, die
Koͤchinn ſammt der Kupplerinn bereits in Verhaft
geſetzt ſei, und beide, wir billig, ins Zuchthaus
kommen wuͤrden, und daß der Herr Lieutenant nicht
eine Minute mehr zu leben haͤtte, wofern er ſich
nicht entſchloͤſſe, ſich noch dieſe Nacht mit ſeiner
Schweſter trauen zu laſſen. Der Officier wollte
Einwendungen machen, wollte ſeinen Degen haben,
ſchrie ſeinem Bedienten zu, daß er ihm ſolchen ge-
ben ſollte: aber dazu war keine Moͤglichkeit; denn
der Student hatte noch einen Gehuͤlfen mitgebracht,
der den Bedienten ſchon eingetrieben hatte, und
der ihn nicht von der Stelle ließ, wo er ihn hin-
gedruͤckt hatte. Der Student hatte indeſſen den
Herrn Lieutenant in einen Winkel gedraͤngt, und
ſetzte ihm die Degenſpitze auf die Bruſt; indem er
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Sage ja, oder ich erſteche dich! — Endlich ſagte
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/27>, abgerufen am 23.11.2024.
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