Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.
hätte, und mit der Zeit im Stande wär zu bezah- len; also möchte er doch Geduld mit ihm haben. Man wird sich wundern, daß Felß, dem Schnitzer immer so viel Achtung und Gewogenheit gezeigt hatte, nicht selbst für sich sprach, besonders wenn ich sage, daß er auf einen gewissen Ton des ge- genseitigen Zutrauens mit ihm war, und ihm so viel gestanden hatte, als nöthig war, um Schnitzern ein- sehn zu lassen, er sei nicht Herr Felß schlechtweg. Solch Gewundere kommt aber immer von dem voreiligen Urtheilen her. Die mehresten Leser, und am meisten die kritisirenden haben bei jedem Perio- den eine Anmerkung bei der Hand und krähen gleich vom Widerspruch, Ungereimtheit u. d. gl. wenn sie denn ihre Weisheit ausgeschüttet haben und weiter lesen, sehen sie, daß sie ihre Sprach- organe oder ihre federführenden Finger unnöthig in Bewegung gesetzt haben. Dies läßt man noch al- lenfalls hingehn, wenns nur gesagt oder an den Rand des Buchs, das den vermeinten Widerspruch enthält, geschrieben wird; wenn aber der tadeln wollende Recensent solch ein voreiliges Urtheil in die gelehrten Zeitungen oder Journale einrücken läßt -- wer kanns da dem Verfasser des recensirten Werks verdenken, wenn er gern den Mann kennen möchte, um ihm in aller Höflichkeit zu O 3
haͤtte, und mit der Zeit im Stande waͤr zu bezah- len; alſo moͤchte er doch Geduld mit ihm haben. Man wird ſich wundern, daß Felß, dem Schnitzer immer ſo viel Achtung und Gewogenheit gezeigt hatte, nicht ſelbſt fuͤr ſich ſprach, beſonders wenn ich ſage, daß er auf einen gewiſſen Ton des ge- genſeitigen Zutrauens mit ihm war, und ihm ſo viel geſtanden hatte, als noͤthig war, um Schnitzern ein- ſehn zu laſſen, er ſei nicht Herr Felß ſchlechtweg. Solch Gewundere kommt aber immer von dem voreiligen Urtheilen her. Die mehreſten Leſer, und am meiſten die kritiſirenden haben bei jedem Perio- den eine Anmerkung bei der Hand und kraͤhen gleich vom Widerſpruch, Ungereimtheit u. d. gl. wenn ſie denn ihre Weisheit ausgeſchuͤttet haben und weiter leſen, ſehen ſie, daß ſie ihre Sprach- organe oder ihre federfuͤhrenden Finger unnoͤthig in Bewegung geſetzt haben. Dies laͤßt man noch al- lenfalls hingehn, wenns nur geſagt oder an den Rand des Buchs, das den vermeinten Widerſpruch enthaͤlt, geſchrieben wird; wenn aber der tadeln wollende Recenſent ſolch ein voreiliges Urtheil in die gelehrten Zeitungen oder Journale einruͤcken laͤßt — wer kanns da dem Verfaſſer des recenſirten Werks verdenken, wenn er gern den Mann kennen moͤchte, um ihm in aller Hoͤflichkeit zu O 3
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haͤtte, und mit der Zeit im Stande waͤr zu bezah-
len; alſo moͤchte er doch Geduld mit ihm haben.
Man wird ſich wundern, daß Felß, dem
Schnitzer immer ſo viel Achtung und Gewogenheit
gezeigt hatte, nicht ſelbſt fuͤr ſich ſprach, beſonders
wenn ich ſage, daß er auf einen gewiſſen Ton des ge-
genſeitigen Zutrauens mit ihm war, und ihm ſo viel
geſtanden hatte, als noͤthig war, um Schnitzern ein-
ſehn zu laſſen, er ſei nicht Herr Felß ſchlechtweg.
Solch Gewundere kommt aber immer von dem
voreiligen Urtheilen her. Die mehreſten Leſer, und
am meiſten die kritiſirenden haben bei jedem Perio-
den eine Anmerkung bei der Hand und kraͤhen
gleich vom Widerſpruch, Ungereimtheit u. d. gl.
wenn ſie denn ihre Weisheit ausgeſchuͤttet haben
und weiter leſen, ſehen ſie, daß ſie ihre Sprach-
organe oder ihre federfuͤhrenden Finger unnoͤthig in
Bewegung geſetzt haben. Dies laͤßt man noch al-
lenfalls hingehn, wenns nur geſagt oder an den
Rand des Buchs, das den vermeinten Widerſpruch
enthaͤlt, geſchrieben wird; wenn aber der
tadeln wollende Recenſent ſolch ein voreiliges
Urtheil in die gelehrten Zeitungen oder Journale
einruͤcken laͤßt — wer kanns da dem Verfaſſer des
recenſirten Werks verdenken, wenn er gern den
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