wurden, an denen der ehrliche Schnitzer in die Tabagie zu gehen pflegte. Die Gesellschaft war aber, wenn er um zehn Uhr nach Hause kam, noch beisammen, und Suschen die erste Zeit allemal zur Stelle, um ihn auf sein Stübchen zu begleiten, und ihn von dem Gewinne zu unterhalten, den diese neueingeführten Abendgäste einbrachten. Frei- lich wäre ihr, meinte sie, nun destomehr Plage aufgebürdet; denn sie müßte, indem er dort ruhig säße, in der Küche und im Keller auf- und ablaufen; aber sie wollte sich das doch recht gern gefallen lassen.
Ein alter Marqueur, welcher der neuen Ge- bieterinn von ganzem Herzen feind war, nahm zwar einst die Gelegenheit in Acht, wo er Schnitzern hin- terbringen konnte, daß die Frau Wirthinn nicht immer in der Küche und im Keller wäre, son- dern alles in der Geschwindigkeit abmachte, und dann wenigstens drei Stunden lang beim Soupe spirituel mitjubelte: aber Johann Jacob hielt es ihr um des lieben Friedens willen nicht einmal vor, und hatte auch kein Arg bei der Sache; denn Suschen schimpfte auf niemand ärger, als auf die treulosen Weiber, die sich nach andern Mannsleuten umsehen.
Uebrigens wollte es ihm doch nicht gefallen, daß man immer vor zwei Uhr in der Nacht nicht aus einander-
gieng,
wurden, an denen der ehrliche Schnitzer in die Tabagie zu gehen pflegte. Die Geſellſchaft war aber, wenn er um zehn Uhr nach Hauſe kam, noch beiſammen, und Suschen die erſte Zeit allemal zur Stelle, um ihn auf ſein Stuͤbchen zu begleiten, und ihn von dem Gewinne zu unterhalten, den dieſe neueingefuͤhrten Abendgaͤſte einbrachten. Frei- lich waͤre ihr, meinte ſie, nun deſtomehr Plage aufgebuͤrdet; denn ſie muͤßte, indem er dort ruhig ſaͤße, in der Kuͤche und im Keller auf- und ablaufen; aber ſie wollte ſich das doch recht gern gefallen laſſen.
Ein alter Marqueur, welcher der neuen Ge- bieterinn von ganzem Herzen feind war, nahm zwar einſt die Gelegenheit in Acht, wo er Schnitzern hin- terbringen konnte, daß die Frau Wirthinn nicht immer in der Kuͤche und im Keller waͤre, ſon- dern alles in der Geſchwindigkeit abmachte, und dann wenigſtens drei Stunden lang beim Soupé spirituel mitjubelte: aber Johann Jacob hielt es ihr um des lieben Friedens willen nicht einmal vor, und hatte auch kein Arg bei der Sache; denn Suschen ſchimpfte auf niemand aͤrger, als auf die treuloſen Weiber, die ſich nach andern Mannsleuten umſehen.
Uebrigens wollte es ihm doch nicht gefallen, daß man immer vor zwei Uhr in der Nacht nicht aus einander-
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wurden, an denen der ehrliche Schnitzer in die
Tabagie zu gehen pflegte. Die Geſellſchaft war
aber, wenn er um zehn Uhr nach Hauſe kam, noch
beiſammen, und Suschen die erſte Zeit allemal zur
Stelle, um ihn auf ſein Stuͤbchen zu begleiten,
und ihn von dem Gewinne zu unterhalten, den
dieſe neueingefuͤhrten Abendgaͤſte einbrachten. Frei-
lich waͤre ihr, meinte ſie, nun deſtomehr Plage
aufgebuͤrdet; denn ſie muͤßte, indem er dort ruhig
ſaͤße, in der Kuͤche und im Keller auf- und ablaufen;
aber ſie wollte ſich das doch recht gern gefallen laſſen.
Ein alter Marqueur, welcher der neuen Ge-
bieterinn von ganzem Herzen feind war, nahm zwar
einſt die Gelegenheit in Acht, wo er Schnitzern hin-
terbringen konnte, daß die Frau Wirthinn nicht
immer in der Kuͤche und im Keller waͤre, ſon-
dern alles in der Geſchwindigkeit abmachte, und
dann wenigſtens drei Stunden lang beim Soupé
spirituel mitjubelte: aber Johann Jacob hielt es
ihr um des lieben Friedens willen nicht einmal
vor, und hatte auch kein Arg bei der Sache;
denn Suschen ſchimpfte auf niemand aͤrger, als
auf die treuloſen Weiber, die ſich nach andern
Mannsleuten umſehen.
Uebrigens wollte es ihm doch nicht gefallen, daß man
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/188>, abgerufen am 25.11.2024.
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