nach dem Begräbniß, als sie des Abends allein bei ihm war, folgendes Gespräch an.
"Der Herr Magister Confuselius ist doch wirklich ein brauchbarer Mann, und meint es recht gut mit Jhnen; er liefe Jhnen, glaub' ich, durch's Feuer. Jch weis nicht, was die Leute wollen, daß sie aller Augenblicke was mit dem Mann haben! Er ist doch sehr vernünftig, und, wie ich von Leuten, die es wohl verstehn müssen, gehört habe, auch gelehrt. Mich dünkt aber, es ist Neid, daß sie so beständig auf ihn loshacken, wie die Krähen. Da ist nun wieder die dumme Geschichte mit sei- nen Wirthsleuten auf dem Tapete: ich habe sie aber nun ganz anders gehört, als neulich, da das Gerede sich anfieng. Die Böttcherfrau ist ein Weib, die es mit andern hält; und sie mag dem guten Magister wohl selber Gelegenheit gegeben haben. -- Nun freilich, wie die Mannsleute sind, wenn eine Frau, oder auch ein Mädchen nicht mehr auf sich hält, und sich ihnen halb anträgt. Hi, bi, hi, meinen Gusto hat sie nicht. Der Magister, dächt' ich, wäre wohl nicht der Mann, der eine reitzen könnte. Aber er soll doch der Bött- cherinn so gut gefallen haben, daß sie ihm Anlaß gegeben hat; und er, der Böttcher, ist ein eifer- süchtiger Mann, und grob dazu: da mag er denn
gese-
nach dem Begraͤbniß, als ſie des Abends allein bei ihm war, folgendes Geſpraͤch an.
„Der Herr Magiſter Confuſelius iſt doch wirklich ein brauchbarer Mann, und meint es recht gut mit Jhnen; er liefe Jhnen, glaub’ ich, durch’s Feuer. Jch weis nicht, was die Leute wollen, daß ſie aller Augenblicke was mit dem Mann haben! Er iſt doch ſehr vernuͤnftig, und, wie ich von Leuten, die es wohl verſtehn muͤſſen, gehoͤrt habe, auch gelehrt. Mich duͤnkt aber, es iſt Neid, daß ſie ſo beſtaͤndig auf ihn loshacken, wie die Kraͤhen. Da iſt nun wieder die dumme Geſchichte mit ſei- nen Wirthsleuten auf dem Tapete: ich habe ſie aber nun ganz anders gehoͤrt, als neulich, da das Gerede ſich anfieng. Die Boͤttcherfrau iſt ein Weib, die es mit andern haͤlt; und ſie mag dem guten Magiſter wohl ſelber Gelegenheit gegeben haben. — Nun freilich, wie die Mannsleute ſind, wenn eine Frau, oder auch ein Maͤdchen nicht mehr auf ſich haͤlt, und ſich ihnen halb antraͤgt. Hi, bi, hi, meinen Guſto hat ſie nicht. Der Magiſter, daͤcht’ ich, waͤre wohl nicht der Mann, der eine reitzen koͤnnte. Aber er ſoll doch der Boͤtt- cherinn ſo gut gefallen haben, daß ſie ihm Anlaß gegeben hat; und er, der Boͤttcher, iſt ein eifer- ſuͤchtiger Mann, und grob dazu: da mag er denn
geſe-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0150"n="144"/>
nach dem Begraͤbniß, als ſie des Abends allein<lb/>
bei ihm war, folgendes Geſpraͤch an.</p><lb/><p>„Der Herr Magiſter Confuſelius iſt doch wirklich<lb/>
ein brauchbarer Mann, und meint es recht gut mit<lb/>
Jhnen; er liefe Jhnen, glaub’ ich, durch’s Feuer.<lb/>
Jch weis nicht, was die Leute wollen, daß ſie<lb/>
aller Augenblicke was mit dem Mann haben! Er iſt<lb/>
doch ſehr vernuͤnftig, und, wie ich von Leuten,<lb/>
die es wohl verſtehn muͤſſen, gehoͤrt habe, auch<lb/>
gelehrt. Mich duͤnkt aber, es iſt Neid, daß ſie<lb/>ſo beſtaͤndig auf ihn loshacken, wie die Kraͤhen.<lb/>
Da iſt nun wieder die dumme Geſchichte mit ſei-<lb/>
nen Wirthsleuten auf dem Tapete: ich habe ſie<lb/>
aber nun ganz anders gehoͤrt, als neulich, da das<lb/>
Gerede ſich anfieng. Die Boͤttcherfrau iſt ein<lb/>
Weib, die es mit andern haͤlt; und ſie mag dem<lb/>
guten Magiſter wohl ſelber Gelegenheit gegeben<lb/>
haben. — Nun freilich, wie die Mannsleute ſind,<lb/>
wenn eine Frau, oder auch ein Maͤdchen nicht<lb/>
mehr auf ſich haͤlt, und ſich ihnen halb antraͤgt.<lb/>
Hi, bi, hi, meinen Guſto hat ſie nicht. Der<lb/>
Magiſter, daͤcht’ ich, waͤre wohl nicht der Mann,<lb/>
der eine reitzen koͤnnte. Aber er ſoll doch der Boͤtt-<lb/>
cherinn ſo gut gefallen haben, daß ſie ihm Anlaß<lb/>
gegeben hat; und er, der Boͤttcher, iſt ein eifer-<lb/>ſuͤchtiger Mann, und grob dazu: da mag er denn<lb/><fwplace="bottom"type="catch">geſe-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[144/0150]
nach dem Begraͤbniß, als ſie des Abends allein
bei ihm war, folgendes Geſpraͤch an.
„Der Herr Magiſter Confuſelius iſt doch wirklich
ein brauchbarer Mann, und meint es recht gut mit
Jhnen; er liefe Jhnen, glaub’ ich, durch’s Feuer.
Jch weis nicht, was die Leute wollen, daß ſie
aller Augenblicke was mit dem Mann haben! Er iſt
doch ſehr vernuͤnftig, und, wie ich von Leuten,
die es wohl verſtehn muͤſſen, gehoͤrt habe, auch
gelehrt. Mich duͤnkt aber, es iſt Neid, daß ſie
ſo beſtaͤndig auf ihn loshacken, wie die Kraͤhen.
Da iſt nun wieder die dumme Geſchichte mit ſei-
nen Wirthsleuten auf dem Tapete: ich habe ſie
aber nun ganz anders gehoͤrt, als neulich, da das
Gerede ſich anfieng. Die Boͤttcherfrau iſt ein
Weib, die es mit andern haͤlt; und ſie mag dem
guten Magiſter wohl ſelber Gelegenheit gegeben
haben. — Nun freilich, wie die Mannsleute ſind,
wenn eine Frau, oder auch ein Maͤdchen nicht
mehr auf ſich haͤlt, und ſich ihnen halb antraͤgt.
Hi, bi, hi, meinen Guſto hat ſie nicht. Der
Magiſter, daͤcht’ ich, waͤre wohl nicht der Mann,
der eine reitzen koͤnnte. Aber er ſoll doch der Boͤtt-
cherinn ſo gut gefallen haben, daß ſie ihm Anlaß
gegeben hat; und er, der Boͤttcher, iſt ein eifer-
ſuͤchtiger Mann, und grob dazu: da mag er denn
geſe-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/150>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.