Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite
er von ihnen, besonders von Schnitzern, bekommen
hatte: und wenn er gleich nicht um das geringste
weniger von seinen Stücken hielt, so wünschte er
doch zuweilen, daß er sie nie gemacht hätte, weil
sie Anlaß zu so viel Verdruß, Verlust, und, wie
er sich selbst nicht verheelen konnte, so gar zu aller-
lei Schmach gegeben und ihn noch dazu in Schul-
den gestürzt hatten. Dies klagte er eines Tages
seinem Busenfreund Albrecht; und dieser beschloß
abermals, dem Dulder beizustehen. Es wurde bei
seinem Vater ein gelehrtes Blatt gedruckt, in wel-
chem auch Recensionen vorkamen. Wir wollen,
sagte Albrecht, ein günstiges Urtheil über Jhre
Theaterstücke einrücken lassen. Machen Sie die
Recension nur selbst, und geben Sie sie mir: ich
werde dafür sorgen, daß sie im nächsten Stücke mit
abgedruckt wird.

Dieses war ein herrlicher Gedanke, voll der
größten Hoffnung für den armen Mann. Mit
Freuden lief Confuselius nach Hause, und setzte
eine Lobschrift von seinen Arbeiten auf, welche
man für unverschämte Pralcrei erklärt haben wür-
de, wenn die Stücke wirklich gut gewesen wären.
Er eilte, sie Albrechten zu überbringen; und die-
ser trug dem Setzer auf, sie in ein einziges Stück
ein-
G 2
er von ihnen, beſonders von Schnitzern, bekommen
hatte: und wenn er gleich nicht um das geringſte
weniger von ſeinen Stuͤcken hielt, ſo wuͤnſchte er
doch zuweilen, daß er ſie nie gemacht haͤtte, weil
ſie Anlaß zu ſo viel Verdruß, Verluſt, und, wie
er ſich ſelbſt nicht verheelen konnte, ſo gar zu aller-
lei Schmach gegeben und ihn noch dazu in Schul-
den geſtuͤrzt hatten. Dies klagte er eines Tages
ſeinem Buſenfreund Albrecht; und dieſer beſchloß
abermals, dem Dulder beizuſtehen. Es wurde bei
ſeinem Vater ein gelehrtes Blatt gedruckt, in wel-
chem auch Recenſionen vorkamen. Wir wollen,
ſagte Albrecht, ein guͤnſtiges Urtheil uͤber Jhre
Theaterſtuͤcke einruͤcken laſſen. Machen Sie die
Recenſion nur ſelbſt, und geben Sie ſie mir: ich
werde dafuͤr ſorgen, daß ſie im naͤchſten Stuͤcke mit
abgedruckt wird.

Dieſes war ein herrlicher Gedanke, voll der
groͤßten Hoffnung fuͤr den armen Mann. Mit
Freuden lief Confuſelius nach Hauſe, und ſetzte
eine Lobſchrift von ſeinen Arbeiten auf, welche
man fuͤr unverſchaͤmte Pralcrei erklaͤrt haben wuͤr-
de, wenn die Stuͤcke wirklich gut geweſen waͤren.
Er eilte, ſie Albrechten zu uͤberbringen; und die-
ſer trug dem Setzer auf, ſie in ein einziges Stuͤck
ein-
G 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#CON">
          <p><pb facs="#f0105" n="99"/>
er von ihnen, be&#x017F;onders von Schnitzern, bekommen<lb/>
hatte: und wenn er gleich nicht um das gering&#x017F;te<lb/>
weniger von &#x017F;einen Stu&#x0364;cken hielt, &#x017F;o wu&#x0364;n&#x017F;chte er<lb/>
doch zuweilen, daß er &#x017F;ie nie gemacht ha&#x0364;tte, weil<lb/>
&#x017F;ie Anlaß zu &#x017F;o viel Verdruß, Verlu&#x017F;t, und, wie<lb/>
er &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t nicht verheelen konnte, &#x017F;o gar zu aller-<lb/>
lei Schmach gegeben und ihn noch dazu in Schul-<lb/>
den ge&#x017F;tu&#x0364;rzt hatten. Dies klagte er eines Tages<lb/>
&#x017F;einem Bu&#x017F;enfreund Albrecht; und die&#x017F;er be&#x017F;chloß<lb/>
abermals, dem Dulder beizu&#x017F;tehen. Es wurde bei<lb/>
&#x017F;einem Vater ein gelehrtes Blatt gedruckt, in wel-<lb/>
chem auch Recen&#x017F;ionen vorkamen. Wir wollen,<lb/>
&#x017F;agte Albrecht, ein gu&#x0364;n&#x017F;tiges Urtheil u&#x0364;ber Jhre<lb/>
Theater&#x017F;tu&#x0364;cke einru&#x0364;cken la&#x017F;&#x017F;en. Machen Sie die<lb/>
Recen&#x017F;ion nur &#x017F;elb&#x017F;t, und geben Sie &#x017F;ie mir: ich<lb/>
werde dafu&#x0364;r &#x017F;orgen, daß &#x017F;ie im na&#x0364;ch&#x017F;ten Stu&#x0364;cke mit<lb/>
abgedruckt wird.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;es war ein herrlicher Gedanke, voll der<lb/>
gro&#x0364;ßten Hoffnung fu&#x0364;r den armen Mann. Mit<lb/>
Freuden lief Confu&#x017F;elius nach Hau&#x017F;e, und &#x017F;etzte<lb/>
eine Lob&#x017F;chrift von &#x017F;einen Arbeiten auf, welche<lb/>
man fu&#x0364;r unver&#x017F;cha&#x0364;mte Pralcrei erkla&#x0364;rt haben wu&#x0364;r-<lb/>
de, wenn die Stu&#x0364;cke wirklich gut gewe&#x017F;en wa&#x0364;ren.<lb/>
Er eilte, &#x017F;ie Albrechten zu u&#x0364;berbringen; und die-<lb/>
&#x017F;er trug dem Setzer auf, &#x017F;ie in ein einziges Stu&#x0364;ck<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">G 2</fw><fw place="bottom" type="catch">ein-</fw><lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[99/0105] er von ihnen, beſonders von Schnitzern, bekommen hatte: und wenn er gleich nicht um das geringſte weniger von ſeinen Stuͤcken hielt, ſo wuͤnſchte er doch zuweilen, daß er ſie nie gemacht haͤtte, weil ſie Anlaß zu ſo viel Verdruß, Verluſt, und, wie er ſich ſelbſt nicht verheelen konnte, ſo gar zu aller- lei Schmach gegeben und ihn noch dazu in Schul- den geſtuͤrzt hatten. Dies klagte er eines Tages ſeinem Buſenfreund Albrecht; und dieſer beſchloß abermals, dem Dulder beizuſtehen. Es wurde bei ſeinem Vater ein gelehrtes Blatt gedruckt, in wel- chem auch Recenſionen vorkamen. Wir wollen, ſagte Albrecht, ein guͤnſtiges Urtheil uͤber Jhre Theaterſtuͤcke einruͤcken laſſen. Machen Sie die Recenſion nur ſelbſt, und geben Sie ſie mir: ich werde dafuͤr ſorgen, daß ſie im naͤchſten Stuͤcke mit abgedruckt wird. Dieſes war ein herrlicher Gedanke, voll der groͤßten Hoffnung fuͤr den armen Mann. Mit Freuden lief Confuſelius nach Hauſe, und ſetzte eine Lobſchrift von ſeinen Arbeiten auf, welche man fuͤr unverſchaͤmte Pralcrei erklaͤrt haben wuͤr- de, wenn die Stuͤcke wirklich gut geweſen waͤren. Er eilte, ſie Albrechten zu uͤberbringen; und die- ſer trug dem Setzer auf, ſie in ein einziges Stuͤck ein- G 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/105
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/105>, abgerufen am 27.11.2024.