Auf seinem Klavier spielt' er wilde, grelle Fantasieen, und wenn er etwas ruhiger wurde, haucht' er ein brennendes Gefühl in unendlich trau- rigen Elegieen aus.
Theodor erfuhr seine Ausschweifung. Er war entsetzt. Fast gab er den Armen verloren.
Er war immer um ihn, bat ihn oft mit Thrä- nen, an seinem Halse liegend, sich zu bessern. Phaethon ward dann rasend, seine Augen rollten wüthend im Kreise, Zuckungen wandelten den Un- glücklichen an. Er weinte laut, raufte sich die Haare.
Theodor schwieg endlich.
Einst kam er des Morgens auf sein Zimmer. Vor Schrecken blieb er stehen. Phaethon kniete an der Wand. Sein Kopf lag auf einem Stuhle. Theodor lief auf ihn zu. Der Arme regte sich nicht. Er schüttelt' ihn voll Entsetzen. Endlich be- wegt' er sich, drehte den Kopf zurück, und sah den Freund mit einen fürchterlich irren, verglühenden Blick an, voll verbissenem Schmerz, voll Wahn- sinn. Die Haare hiengen ihm wild über das Ge- sicht. Plötzlich sprang er auf und ergriff den
Auf ſeinem Klavier ſpielt’ er wilde, grelle Fantaſieen, und wenn er etwas ruhiger wurde, haucht’ er ein brennendes Gefuͤhl in unendlich trau- rigen Elegieen aus.
Theodor erfuhr ſeine Ausſchweifung. Er war entſetzt. Faſt gab er den Armen verloren.
Er war immer um ihn, bat ihn oft mit Thraͤ- nen, an ſeinem Halſe liegend, ſich zu beſſern. Phaethon ward dann raſend, ſeine Augen rollten wuͤthend im Kreiſe, Zuckungen wandelten den Un- gluͤcklichen an. Er weinte laut, raufte ſich die Haare.
Theodor ſchwieg endlich.
Einſt kam er des Morgens auf ſein Zimmer. Vor Schrecken blieb er ſtehen. Phaethon kniete an der Wand. Sein Kopf lag auf einem Stuhle. Theodor lief auf ihn zu. Der Arme regte ſich nicht. Er ſchuͤttelt’ ihn voll Entſetzen. Endlich be- wegt’ er ſich, drehte den Kopf zuruͤck, und ſah den Freund mit einen fuͤrchterlich irren, vergluͤhenden Blick an, voll verbiſſenem Schmerz, voll Wahn- ſinn. Die Haare hiengen ihm wild uͤber das Ge- ſicht. Ploͤtzlich ſprang er auf und ergriff den
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Auf ſeinem Klavier ſpielt’ er wilde, grelle
Fantaſieen, und wenn er etwas ruhiger wurde,
haucht’ er ein brennendes Gefuͤhl in unendlich trau-
rigen Elegieen aus.
Theodor erfuhr ſeine Ausſchweifung. Er war
entſetzt. Faſt gab er den Armen verloren.
Er war immer um ihn, bat ihn oft mit Thraͤ-
nen, an ſeinem Halſe liegend, ſich zu beſſern.
Phaethon ward dann raſend, ſeine Augen rollten
wuͤthend im Kreiſe, Zuckungen wandelten den Un-
gluͤcklichen an. Er weinte laut, raufte ſich die
Haare.
Theodor ſchwieg endlich.
Einſt kam er des Morgens auf ſein Zimmer.
Vor Schrecken blieb er ſtehen. Phaethon kniete
an der Wand. Sein Kopf lag auf einem Stuhle.
Theodor lief auf ihn zu. Der Arme regte ſich
nicht. Er ſchuͤttelt’ ihn voll Entſetzen. Endlich be-
wegt’ er ſich, drehte den Kopf zuruͤck, und ſah den
Freund mit einen fuͤrchterlich irren, vergluͤhenden
Blick an, voll verbiſſenem Schmerz, voll Wahn-
ſinn. Die Haare hiengen ihm wild uͤber das Ge-
ſicht. Ploͤtzlich ſprang er auf und ergriff den
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Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waiblinger_phaeton02_1823/132>, abgerufen am 16.07.2024.
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