Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823.Ach! die irdische Kraft, die sich selbst Auf dem Kirchhof sitz' ich Nächtelang. Diese Und dann auf einmal ist's, wie ein geschwun- Ach! die irdiſche Kraft, die ſich ſelbſt Auf dem Kirchhof ſitz’ ich Naͤchtelang. Dieſe Und dann auf einmal iſt’s, wie ein geſchwun- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0109" n="109"/> <p> <hi rendition="#g">Ach! die irdiſche Kraft, die ſich ſelbſt<lb/> die Schranken nicht ſetzt, wirft der zuͤr-<lb/> nende Gott zuruͤck.</hi> </p><lb/> <p>Auf dem Kirchhof ſitz’ ich Naͤchtelang. Dieſe<lb/> Stille, dieſes Schweigen umher! todt, verſtorben,<lb/> verlaſſen alles, alles! uͤber mir, unter mir, in mir!<lb/> nur ein mattes, verwehendes Beben im geruͤttelten<lb/> Zweige, im fluͤſternden Blatte! die Geiſter der Ver-<lb/> ſchiedenen im einſamen Zittern des Grashalms,<lb/> im grauen, traurigen Leichenſtein, im daͤmmernden,<lb/> herabwallenden Mondlicht webend! noch ſo eine<lb/> dumpfe Ruͤckerinnerung von all’ der Fuͤlle, von all’<lb/> dem uͤberſchwaͤnglichen Seyn, dem ewigen Wogen<lb/> und Fließen, und nun dieß Nichts! dieß Dahin-<lb/> ſchwinden! .... auf all’ dieß Gerege, ſolche Toden-<lb/> ſtille! ſolch’ ein ſtummes Verzweifeln in mir<lb/> ſelbſt …!</p><lb/> <p>Und dann auf einmal iſt’s, wie ein geſchwun-<lb/> genes Rad in meinem Gehirn. Jch kann nichts<lb/> mehr denken, nichts mehr fuͤhlen, O Bruder,<lb/> Bruder! wie wird’s werden?</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> </text> </TEI> [109/0109]
Ach! die irdiſche Kraft, die ſich ſelbſt
die Schranken nicht ſetzt, wirft der zuͤr-
nende Gott zuruͤck.
Auf dem Kirchhof ſitz’ ich Naͤchtelang. Dieſe
Stille, dieſes Schweigen umher! todt, verſtorben,
verlaſſen alles, alles! uͤber mir, unter mir, in mir!
nur ein mattes, verwehendes Beben im geruͤttelten
Zweige, im fluͤſternden Blatte! die Geiſter der Ver-
ſchiedenen im einſamen Zittern des Grashalms,
im grauen, traurigen Leichenſtein, im daͤmmernden,
herabwallenden Mondlicht webend! noch ſo eine
dumpfe Ruͤckerinnerung von all’ der Fuͤlle, von all’
dem uͤberſchwaͤnglichen Seyn, dem ewigen Wogen
und Fließen, und nun dieß Nichts! dieß Dahin-
ſchwinden! .... auf all’ dieß Gerege, ſolche Toden-
ſtille! ſolch’ ein ſtummes Verzweifeln in mir
ſelbſt …!
Und dann auf einmal iſt’s, wie ein geſchwun-
genes Rad in meinem Gehirn. Jch kann nichts
mehr denken, nichts mehr fuͤhlen, O Bruder,
Bruder! wie wird’s werden?
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