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Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 1. Stuttgart, 1823.

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Phaethon an Theodor.

Lieber! wenn ich an meinem Klavier sitze und
Atalanta sitzt neben mir -- wenn die Töne bald
schmelzend und tiefschmerzlich, wie mein Jnneres
klingen, und in sanften, verschwebenden Akkorden,
in linden, unendlich empfindungsreichen Accenten,
eine namenlose Sehnsucht hauchen, wie das Auge
der Geliebten, und unsere Herzen erbeben und zer-
schmelzen, und weinend ein unerklärbares Verlangen
fühlen; bald wie aus der Tiefe, wie ein unterirdi-
sches Donnern zittern, als verkündigten sie das
Aufsteigen der schauervollen Geisterwelt, und im-
mer weiter anwachsen und schwellen, und unsere
Seelen, wie in einem Sturme, unaufhaltsam fort-
gewirbelt werden, und alles um uns und über uns
zittert und wanket, da ergreif' ich oft ihre Hand;
ihr Auge wird wie die durchsichtige, aber uner-
gründbare Luft, wie das endlose, unermeßliche
Meer, und ich finde keinen Grund und kein Ende,
und glaube zu vergehen in dem Anschau'n dieser
überschwänglichen Schöne.

Phaethon an Theodor.

Lieber! wenn ich an meinem Klavier ſitze und
Atalanta ſitzt neben mir — wenn die Toͤne bald
ſchmelzend und tiefſchmerzlich, wie mein Jnneres
klingen, und in ſanften, verſchwebenden Akkorden,
in linden, unendlich empfindungsreichen Accenten,
eine namenloſe Sehnſucht hauchen, wie das Auge
der Geliebten, und unſere Herzen erbeben und zer-
ſchmelzen, und weinend ein unerklaͤrbares Verlangen
fuͤhlen; bald wie aus der Tiefe, wie ein unterirdi-
ſches Donnern zittern, als verkuͤndigten ſie das
Aufſteigen der ſchauervollen Geiſterwelt, und im-
mer weiter anwachſen und ſchwellen, und unſere
Seelen, wie in einem Sturme, unaufhaltſam fort-
gewirbelt werden, und alles um uns und uͤber uns
zittert und wanket, da ergreif’ ich oft ihre Hand;
ihr Auge wird wie die durchſichtige, aber uner-
gruͤndbare Luft, wie das endloſe, unermeßliche
Meer, und ich finde keinen Grund und kein Ende,
und glaube zu vergehen in dem Anſchau’n dieſer
uͤberſchwaͤnglichen Schoͤne.

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[154/0164] Phaethon an Theodor. Lieber! wenn ich an meinem Klavier ſitze und Atalanta ſitzt neben mir — wenn die Toͤne bald ſchmelzend und tiefſchmerzlich, wie mein Jnneres klingen, und in ſanften, verſchwebenden Akkorden, in linden, unendlich empfindungsreichen Accenten, eine namenloſe Sehnſucht hauchen, wie das Auge der Geliebten, und unſere Herzen erbeben und zer- ſchmelzen, und weinend ein unerklaͤrbares Verlangen fuͤhlen; bald wie aus der Tiefe, wie ein unterirdi- ſches Donnern zittern, als verkuͤndigten ſie das Aufſteigen der ſchauervollen Geiſterwelt, und im- mer weiter anwachſen und ſchwellen, und unſere Seelen, wie in einem Sturme, unaufhaltſam fort- gewirbelt werden, und alles um uns und uͤber uns zittert und wanket, da ergreif’ ich oft ihre Hand; ihr Auge wird wie die durchſichtige, aber uner- gruͤndbare Luft, wie das endloſe, unermeßliche Meer, und ich finde keinen Grund und kein Ende, und glaube zu vergehen in dem Anſchau’n dieſer uͤberſchwaͤnglichen Schoͤne.

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Zitationshilfe: Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 1. Stuttgart, 1823, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waiblinger_phaeton01_1823/164>, abgerufen am 22.11.2024.