Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 1. Stuttgart, 1823.licher Mißgestalt, mit kurzem steifem Hals: seine Es ward stille. Da hört' ich die fernen Töne licher Mißgeſtalt, mit kurzem ſteifem Hals: ſeine Es ward ſtille. Da hoͤrt’ ich die fernen Toͤne <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0159" n="149"/> licher Mißgeſtalt, mit kurzem ſteifem Hals: ſeine<lb/> Naſe ſchwoll von Wuth und Ungeſtuͤm: ſein blutig<lb/> Auge waͤlzte ſich wild im Kreiſe. Unaufhoͤrlich<lb/> blickte der Befluͤgelte nach oben; ſein Auge war<lb/> trunken, wie das Auge des Seligen, der die Schoͤn-<lb/> heit ſchaut in ihrem reinſten Lichtglanz: und immer<lb/> heftiger regten ſich die Federkeime um ſeinen Koͤr-<lb/> per und ſchwollen und ſtrebten hinan. Wie von<lb/> heiliger Scheu war das eine Roß durchdrungen,<lb/> das ſchwarze aber ſchuͤttelte die wogende Maͤhne<lb/> mit wildem Schnauben, und baͤumte ſich wiehernd<lb/> empor, und keucht’ an dem zuruͤckgezog’nen Zuͤgel.<lb/> Da riß der ergrimmte Fuͤhrer am Gebiß, daß<lb/> Blutstropfen traͤufelten vom Mund des Roſſes,<lb/> und lautdroͤhnend, mit entſetzlichem Geſchnaube,<lb/> das Ungebaͤndigte zu Boden ſtuͤrzte. Da ſchoſſen<lb/> gewaltig die Fluͤgel aus dem unendlich verherrlich-<lb/> ten Koͤrper des Wagenlenkers, ſein Auge ward wie<lb/> Morgenroth, er ward verklaͤrt zu lauter Seele,<lb/> lauter Geiſt. Platon war der Wagenlenker.</p><lb/> <p>Es ward ſtille. Da hoͤrt’ ich die fernen Toͤne<lb/> klingender Saiten. Und immer naͤher kam der<lb/> wunderbare Klang von oben. Ein milchweißes<lb/> Woͤlkchen bemerkt’ ich niederſchweben aus der blauen<lb/> Luft, und heller immer ward’s und groͤßer, und<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [149/0159]
licher Mißgeſtalt, mit kurzem ſteifem Hals: ſeine
Naſe ſchwoll von Wuth und Ungeſtuͤm: ſein blutig
Auge waͤlzte ſich wild im Kreiſe. Unaufhoͤrlich
blickte der Befluͤgelte nach oben; ſein Auge war
trunken, wie das Auge des Seligen, der die Schoͤn-
heit ſchaut in ihrem reinſten Lichtglanz: und immer
heftiger regten ſich die Federkeime um ſeinen Koͤr-
per und ſchwollen und ſtrebten hinan. Wie von
heiliger Scheu war das eine Roß durchdrungen,
das ſchwarze aber ſchuͤttelte die wogende Maͤhne
mit wildem Schnauben, und baͤumte ſich wiehernd
empor, und keucht’ an dem zuruͤckgezog’nen Zuͤgel.
Da riß der ergrimmte Fuͤhrer am Gebiß, daß
Blutstropfen traͤufelten vom Mund des Roſſes,
und lautdroͤhnend, mit entſetzlichem Geſchnaube,
das Ungebaͤndigte zu Boden ſtuͤrzte. Da ſchoſſen
gewaltig die Fluͤgel aus dem unendlich verherrlich-
ten Koͤrper des Wagenlenkers, ſein Auge ward wie
Morgenroth, er ward verklaͤrt zu lauter Seele,
lauter Geiſt. Platon war der Wagenlenker.
Es ward ſtille. Da hoͤrt’ ich die fernen Toͤne
klingender Saiten. Und immer naͤher kam der
wunderbare Klang von oben. Ein milchweißes
Woͤlkchen bemerkt’ ich niederſchweben aus der blauen
Luft, und heller immer ward’s und groͤßer, und
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