Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850.uns in der neuesten Zeit fast nur den Schülern Moli e re's Bei dem lebhaften, jeder Abstraction im Grunde uns in der neueſten Zeit faſt nur den Schülern Moli è re's Bei dem lebhaften, jeder Abſtraction im Grunde <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0142" n="126"/> uns in der neueſten Zeit faſt nur den Schülern <hi rendition="#g">Moli</hi> <hi rendition="#aq #g">è</hi> <hi rendition="#g">re's</hi><lb/> entnommen.</p><lb/> <p>Bei dem lebhaften, jeder Abſtraction im Grunde<lb/> immer feindlichen Volke der Franzoſen, lebte die Schau¬<lb/> ſpielkunſt — ſoweit ſie nicht vom Einfluſſe des Hofes be¬<lb/> herrſcht wurde — meiſt von ſich ſelbſt: was unter all dem<lb/> übermächtigen, kunſtfeindlichen Einwirken unſerer allgemei¬<lb/> nen ſocialen Zuſtände aus der modernen Schauſpielkunſt<lb/> Geſundes ſich entwickeln konnte, haben wir, ſeit dem Er¬<lb/> ſterben des ſhakeſpeareſchen Drama's einzig den Franzoſen<lb/> zu verdanken. Aber auch bei ihnen hat — unter dem<lb/> Drucke des, allem Gemeinſamen tödtlichen, herrſchenden<lb/> Weltgeiſtes, deſſen Weſen der Luxus und die Mode iſt, —<lb/> das wirkliche, vollendete, dramatiſche Kunſtwerk auch nicht<lb/> nur annähernd ſich erzeugen können: das einzige Gemein¬<lb/> ſame in der modernen Welt, der <hi rendition="#g">Spekulations- und<lb/> Schachergeiſt</hi>, hat auch bei ihnen alle Keime der wahren<lb/> dramatiſchen Kunſt in egoiſtiſcher Zerſpaltung gehalten.<lb/> Kunſtformen, die dieſem kümmerlichen Weſen entſprechen,<lb/> hat die franzöſiſche Dramatik allerdings aber gewonnen:<lb/> bei aller Unſittlichkeit des Inhaltes, ſpricht ſich ungemeines<lb/> Geſchick in ihnen aus, dieſen Inhalt ſo ſchmackhaft wie<lb/> möglich zu machen und immer haben ſie das Auszeichnende<lb/> daß ſie aus dem Weſen gerade der franzöſiſchen Schau¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [126/0142]
uns in der neueſten Zeit faſt nur den Schülern Moli è re's
entnommen.
Bei dem lebhaften, jeder Abſtraction im Grunde
immer feindlichen Volke der Franzoſen, lebte die Schau¬
ſpielkunſt — ſoweit ſie nicht vom Einfluſſe des Hofes be¬
herrſcht wurde — meiſt von ſich ſelbſt: was unter all dem
übermächtigen, kunſtfeindlichen Einwirken unſerer allgemei¬
nen ſocialen Zuſtände aus der modernen Schauſpielkunſt
Geſundes ſich entwickeln konnte, haben wir, ſeit dem Er¬
ſterben des ſhakeſpeareſchen Drama's einzig den Franzoſen
zu verdanken. Aber auch bei ihnen hat — unter dem
Drucke des, allem Gemeinſamen tödtlichen, herrſchenden
Weltgeiſtes, deſſen Weſen der Luxus und die Mode iſt, —
das wirkliche, vollendete, dramatiſche Kunſtwerk auch nicht
nur annähernd ſich erzeugen können: das einzige Gemein¬
ſame in der modernen Welt, der Spekulations- und
Schachergeiſt, hat auch bei ihnen alle Keime der wahren
dramatiſchen Kunſt in egoiſtiſcher Zerſpaltung gehalten.
Kunſtformen, die dieſem kümmerlichen Weſen entſprechen,
hat die franzöſiſche Dramatik allerdings aber gewonnen:
bei aller Unſittlichkeit des Inhaltes, ſpricht ſich ungemeines
Geſchick in ihnen aus, dieſen Inhalt ſo ſchmackhaft wie
möglich zu machen und immer haben ſie das Auszeichnende
daß ſie aus dem Weſen gerade der franzöſiſchen Schau¬
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