Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wagner, Heinrich Leopold: Die Kindermörderinn. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite


Verlauf an, und so mußte der andre noch in
der nemlichen Stunde ins Pontcouvert wan-
dern. -- Cassirt und mit Schand und Spott vom
Regiment gejagt, ists wenigste, was ihm wieder-
fahren wird.
v. Gröningseck. Die Kanaille verdients auch!
-- und Wallroth --
Major. Wird bongre malgre auch quittiren
müssen.
Magister. Wie so Herr Major? hat er nicht
als ein braver Mann gehandelt?
Major. Brav und nicht brav? das verstehn
sie nicht. Als ein recht braver Kerl hätt er nicht
zum Kommendanten laufen; sondern seinem Mann
das Weiße im Aug selbst weisen sollen. -- Damit
ichs nun aussage; heut Mittag kam Wallroth,
wie wir schon unsrer dreyzehn oder vierzehn an Tisch
saßen, wie gewöhnlich auch in die Auberge; so
wie er ins Zimmer trat, kehrt ihm sein Nachbar
den Teller um: Er, als ob ers nicht verstünde,
setzt sich hin, und stellt ihn wieder zurecht. -- Nun
stand, grad als wenn sie sich alle das Wort gegeben
hätten, einer nach dem andern auf und gieng zum
Tempel hinaus: endlich packt ich mich auch fort,
und -- da hätten sie die Fratze sehn sollen, die er
machte: gemahlt möcht ich sie haben! -- Da könn-
te man sehn, wie dumm es läßt, wenn man be-
schämt ist. --
v. Gröningseck. Der arme Teufel dauert
mich.
Major.


Verlauf an, und ſo mußte der andre noch in
der nemlichen Stunde ins Pontcouvert wan-
dern. — Caſſirt und mit Schand und Spott vom
Regiment gejagt, iſts wenigſte, was ihm wieder-
fahren wird.
v. Groͤningseck. Die Kanaille verdients auch!
— und Wallroth —
Major. Wird bongré malgré auch quittiren
muͤſſen.
Magiſter. Wie ſo Herr Major? hat er nicht
als ein braver Mann gehandelt?
Major. Brav und nicht brav? das verſtehn
ſie nicht. Als ein recht braver Kerl haͤtt er nicht
zum Kommendanten laufen; ſondern ſeinem Mann
das Weiße im Aug ſelbſt weiſen ſollen. — Damit
ichs nun ausſage; heut Mittag kam Wallroth,
wie wir ſchon unſrer dreyzehn oder vierzehn an Tiſch
ſaßen, wie gewoͤhnlich auch in die Auberge; ſo
wie er ins Zimmer trat, kehrt ihm ſein Nachbar
den Teller um: Er, als ob ers nicht verſtuͤnde,
ſetzt ſich hin, und ſtellt ihn wieder zurecht. — Nun
ſtand, grad als wenn ſie ſich alle das Wort gegeben
haͤtten, einer nach dem andern auf und gieng zum
Tempel hinaus: endlich packt ich mich auch fort,
und — da haͤtten ſie die Fratze ſehn ſollen, die er
machte: gemahlt moͤcht ich ſie haben! — Da koͤnn-
te man ſehn, wie dumm es laͤßt, wenn man be-
ſchaͤmt iſt. —
v. Groͤningseck. Der arme Teufel dauert
mich.
Major.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#LIN">
          <p><pb facs="#f0058" n="56"/><fw place="top" type="header"><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/></fw> Verlauf an, und &#x017F;o mußte der andre noch in<lb/>
der nemlichen Stunde ins <hi rendition="#aq">Pontcouvert</hi> wan-<lb/>
dern. &#x2014; <hi rendition="#aq">Ca&#x017F;&#x017F;irt</hi> und mit Schand und Spott vom<lb/>
Regiment gejagt, i&#x017F;ts wenig&#x017F;te, was ihm wieder-<lb/>
fahren wird.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#GRN">
          <speaker> <hi rendition="#fr">v. Gro&#x0364;ningseck.</hi> </speaker>
          <p>Die Kanaille verdients auch!<lb/>
&#x2014; und Wallroth &#x2014;</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#LIN">
          <speaker> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </speaker>
          <p>Wird <hi rendition="#aq">bongré malgré</hi> auch quittiren<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#MHUM">
          <speaker> <hi rendition="#fr">Magi&#x017F;ter.</hi> </speaker>
          <p>Wie &#x017F;o Herr Major? hat er nicht<lb/>
als ein braver Mann gehandelt?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#LIN">
          <speaker> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </speaker>
          <p>Brav und nicht brav? das ver&#x017F;tehn<lb/><hi rendition="#fr">&#x017F;ie</hi> nicht. Als ein recht braver Kerl ha&#x0364;tt er nicht<lb/>
zum Kommendanten laufen; &#x017F;ondern &#x017F;einem Mann<lb/>
das Weiße im Aug &#x017F;elb&#x017F;t wei&#x017F;en &#x017F;ollen. &#x2014; Damit<lb/>
ichs nun aus&#x017F;age; heut Mittag kam Wallroth,<lb/>
wie wir &#x017F;chon un&#x017F;rer dreyzehn oder vierzehn an Ti&#x017F;ch<lb/>
&#x017F;aßen, wie gewo&#x0364;hnlich auch in die Auberge; &#x017F;o<lb/>
wie er ins Zimmer trat, kehrt ihm &#x017F;ein Nachbar<lb/>
den Teller um: <hi rendition="#fr">Er,</hi> als ob ers nicht ver&#x017F;tu&#x0364;nde,<lb/>
&#x017F;etzt &#x017F;ich hin, und &#x017F;tellt ihn wieder zurecht. &#x2014; Nun<lb/>
&#x017F;tand, grad als wenn &#x017F;ie &#x017F;ich alle das Wort gegeben<lb/>
ha&#x0364;tten, einer nach dem andern auf und gieng zum<lb/>
Tempel hinaus: endlich packt ich mich auch fort,<lb/>
und &#x2014; da ha&#x0364;tten &#x017F;ie die Fratze &#x017F;ehn &#x017F;ollen, die er<lb/>
machte: gemahlt mo&#x0364;cht ich &#x017F;ie haben! &#x2014; Da ko&#x0364;nn-<lb/>
te man &#x017F;ehn, wie dumm es la&#x0364;ßt, wenn man be-<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;mt i&#x017F;t. &#x2014;</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#GRN">
          <speaker> <hi rendition="#fr">v. Gro&#x0364;ningseck.</hi> </speaker>
          <p>Der arme Teufel dauert<lb/>
mich.</p>
        </sp><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[56/0058] Verlauf an, und ſo mußte der andre noch in der nemlichen Stunde ins Pontcouvert wan- dern. — Caſſirt und mit Schand und Spott vom Regiment gejagt, iſts wenigſte, was ihm wieder- fahren wird. v. Groͤningseck. Die Kanaille verdients auch! — und Wallroth — Major. Wird bongré malgré auch quittiren muͤſſen. Magiſter. Wie ſo Herr Major? hat er nicht als ein braver Mann gehandelt? Major. Brav und nicht brav? das verſtehn ſie nicht. Als ein recht braver Kerl haͤtt er nicht zum Kommendanten laufen; ſondern ſeinem Mann das Weiße im Aug ſelbſt weiſen ſollen. — Damit ichs nun ausſage; heut Mittag kam Wallroth, wie wir ſchon unſrer dreyzehn oder vierzehn an Tiſch ſaßen, wie gewoͤhnlich auch in die Auberge; ſo wie er ins Zimmer trat, kehrt ihm ſein Nachbar den Teller um: Er, als ob ers nicht verſtuͤnde, ſetzt ſich hin, und ſtellt ihn wieder zurecht. — Nun ſtand, grad als wenn ſie ſich alle das Wort gegeben haͤtten, einer nach dem andern auf und gieng zum Tempel hinaus: endlich packt ich mich auch fort, und — da haͤtten ſie die Fratze ſehn ſollen, die er machte: gemahlt moͤcht ich ſie haben! — Da koͤnn- te man ſehn, wie dumm es laͤßt, wenn man be- ſchaͤmt iſt. — v. Groͤningseck. Der arme Teufel dauert mich. Major.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_kindermoerderin_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_kindermoerderin_1776/58
Zitationshilfe: Wagner, Heinrich Leopold: Die Kindermörderinn. Leipzig, 1776, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_kindermoerderin_1776/58>, abgerufen am 27.11.2024.