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Wagner, Heinrich Leopold: Die Kindermörderinn. Leipzig, 1776.

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Mey ausbiß, wie das zugieng, das will ich ihr
ein andermal erzählen, es gieng um einen lumpich-
ten mußlinenen Halsstrich an, der mir beym Aus-
schwenken davon schwamm -- da gieng er nun
unter die Kayserlichen, und von da, denk ein See-
len-Mensch! -- gar unter die Preußen; disertirte
aber auch da, und kam wieder heim. -- Da trib-
lirte er nun seine Mutter so lang, bis sie ihm endlich
von Obrigkeitswegen das Haus verbieten ließ,
denn er hat sie mehr als einmal wie einen Hund
durchgeprügelt: -- Damit war denn alles gut
ein paar Wochen lang, da kam er einmal 's mor-
morgens früh wieder, und gab die besten Worte,
versprach recht ordentlich zu seyn, und kurz, er
hat wieder um gut Wetter. -- Sein Mutter,
die sich nichts bös träumen ließ, fing an die bittern
Thränen zu weinen, und greift in Sack und gibt
ihm einen ganzen kleinen Thaler -- 's ist viel Geld
schon, ich verdien in vier Tagen manchmal so viel
nit! -- Drauf schickt er -- weis nit mehr, was
er für einen Pretex nahm, die Magd fort; und,
kaum daß er allein war, fällt er mit einem Scheer-
messer über sein Mutter her, und will ihr den Hals
abschneiden; -- die wehrte sich denn um ihr Le-
ben, wie sie leicht denken kann, so gut als mög-
lich, schrie was sie schreyen konnt, und bekam zwey
Schnitt in die Hand, und einen -- aber nit ge-
fährlich -- in die Gurgel. -- Drüber liefen die
Hausleut hinzu, und zeigten denn, wie nit mehr
als billig ist, die schöne Geschichte halt an. --
Und


Mey ausbiß, wie das zugieng, das will ich ihr
ein andermal erzaͤhlen, es gieng um einen lumpich-
ten mußlinenen Halsſtrich an, der mir beym Aus-
ſchwenken davon ſchwamm — da gieng er nun
unter die Kayſerlichen, und von da, denk ein See-
len-Menſch! — gar unter die Preußen; diſertirte
aber auch da, und kam wieder heim. — Da trib-
lirte er nun ſeine Mutter ſo lang, bis ſie ihm endlich
von Obrigkeitswegen das Haus verbieten ließ,
denn er hat ſie mehr als einmal wie einen Hund
durchgepruͤgelt: — Damit war denn alles gut
ein paar Wochen lang, da kam er einmal ’s mor-
morgens fruͤh wieder, und gab die beſten Worte,
verſprach recht ordentlich zu ſeyn, und kurz, er
hat wieder um gut Wetter. — Sein Mutter,
die ſich nichts boͤs traͤumen ließ, fing an die bittern
Thraͤnen zu weinen, und greift in Sack und gibt
ihm einen ganzen kleinen Thaler — ’s iſt viel Geld
ſchon, ich verdien in vier Tagen manchmal ſo viel
nit! — Drauf ſchickt er — weis nit mehr, was
er fuͤr einen Pretex nahm, die Magd fort; und,
kaum daß er allein war, faͤllt er mit einem Scheer-
meſſer uͤber ſein Mutter her, und will ihr den Hals
abſchneiden; — die wehrte ſich denn um ihr Le-
ben, wie ſie leicht denken kann, ſo gut als moͤg-
lich, ſchrie was ſie ſchreyen konnt, und bekam zwey
Schnitt in die Hand, und einen — aber nit ge-
faͤhrlich — in die Gurgel. — Druͤber liefen die
Hausleut hinzu, und zeigten denn, wie nit mehr
als billig iſt, die ſchoͤne Geſchichte halt an. —
Und
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[106/0108] Mey ausbiß, wie das zugieng, das will ich ihr ein andermal erzaͤhlen, es gieng um einen lumpich- ten mußlinenen Halsſtrich an, der mir beym Aus- ſchwenken davon ſchwamm — da gieng er nun unter die Kayſerlichen, und von da, denk ein See- len-Menſch! — gar unter die Preußen; diſertirte aber auch da, und kam wieder heim. — Da trib- lirte er nun ſeine Mutter ſo lang, bis ſie ihm endlich von Obrigkeitswegen das Haus verbieten ließ, denn er hat ſie mehr als einmal wie einen Hund durchgepruͤgelt: — Damit war denn alles gut ein paar Wochen lang, da kam er einmal ’s mor- morgens fruͤh wieder, und gab die beſten Worte, verſprach recht ordentlich zu ſeyn, und kurz, er hat wieder um gut Wetter. — Sein Mutter, die ſich nichts boͤs traͤumen ließ, fing an die bittern Thraͤnen zu weinen, und greift in Sack und gibt ihm einen ganzen kleinen Thaler — ’s iſt viel Geld ſchon, ich verdien in vier Tagen manchmal ſo viel nit! — Drauf ſchickt er — weis nit mehr, was er fuͤr einen Pretex nahm, die Magd fort; und, kaum daß er allein war, faͤllt er mit einem Scheer- meſſer uͤber ſein Mutter her, und will ihr den Hals abſchneiden; — die wehrte ſich denn um ihr Le- ben, wie ſie leicht denken kann, ſo gut als moͤg- lich, ſchrie was ſie ſchreyen konnt, und bekam zwey Schnitt in die Hand, und einen — aber nit ge- faͤhrlich — in die Gurgel. — Druͤber liefen die Hausleut hinzu, und zeigten denn, wie nit mehr als billig iſt, die ſchoͤne Geſchichte halt an. — Und

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Zitationshilfe: Wagner, Heinrich Leopold: Die Kindermörderinn. Leipzig, 1776, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wagner_kindermoerderin_1776/108>, abgerufen am 27.11.2024.