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Wackernagel, Wilhelm: Poetik, Rhetorik und Stilistik: Academische Vorlesungen. Hrsg. v. L. Sieber. Halle, 1873

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die Schilderung, indem es ihr den Anschein der Schilderung giebt; pwa_414.002
das Polysyndeton, weil es in einem Kreise gleichzeitiger Facta verharrt, pwa_414.003
ist eher geschickt zur Schilderung, und zur Erzählung nur in so pwa_414.004
fern, als man einzelne Situationen mehr in der Weise der verweilenden pwa_414.005
Schilderung fixieren will. Ein eigentlich schilderndes Polysyndeton pwa_414.006
findet sich in Schillers Glocke: "Und drinnen waltet Die züchtige Hausfrau, pwa_414.007
Die Mutter der Kinder, Und herrschet weise Im häuslichen Kreise, pwa_414.008
Und lehret die Mädchen Und wehret den Knaben Und reget ohn' Ende pwa_414.009
Die fleissigen Hände Und mehrt den Gewinn Mit ordnendem Sinn Und pwa_414.010
füllet mit Schätzen die duftenden Laden Und dreht um die schnurrende pwa_414.011
Spindel den Faden Und sammelt im reinlich geglätteten Schrein Die pwa_414.012
schimmernde Wolle, den schneeigen Lein Und füget zum Guten den pwa_414.013
Glanz und den Schimmer Und ruhet nimmer" (Vers 116-132). Oder pwa_414.014
in Uhlands Ernst von Schwaben, wo im 3. Aufzug (Vers 1289 fgg.) pwa_414.015
Gisela zu Adalbert spricht: "Und wenn du nun durch deutsche Gaue pwa_414.016
wallst Und siehst die Burgen glänzen auf den Höhn Und siehst die pwa_414.017
Ritter reiten durch das Thal Und hörst des Jagdhorns Klänge durch pwa_414.018
den Wald, ... Und siehst das Feuer brennen auf dem Herd Und pwa_414.019
siehst die Kinder spielen vor der Thür: Musst du nicht schamroth pwa_414.020
werden vor dir selbst, Dass du so leblos durch das Leben gehst?" pwa_414.021
Vgl. auch Brief an die Römer 9, 4. Ein Polysyndeton, wo die Erzählung pwa_414.022
in der Form der Schilderung und darum auch das Zeitwort in pwa_414.023
präsentischer Form erscheint, bietet Schillers Taucher: "Und es wallet pwa_414.024
und siedet und brauset und zischt, Wie wenn Wasser mit Feuer sich pwa_414.025
mengt; Bis zum Himmel spritzet der dampfende Gischt, Und Well' pwa_414.026
auf Well sich ohn' Ende drängt; Und wie mit des fernen Donners pwa_414.027
Getose Entstürzt es brüllend dem finstern Schoosse. Und sieh! aus pwa_414.028
dem finster flutenden Schooss, Da hebt sich's schwanenweiss, Und ein pwa_414.029
Arm und ein glänzender Nacken wird bloss, Und es rudert mit Kraft pwa_414.030
und mit emsigem Fleiss; Und er ists, und hoch in seiner Linken pwa_414.031
Schwingt er den Becher mit freudigem Winken" (LB. 2, 1171, 6 fg.).

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Nächst dem Polysyndeton kommt sodann in Betracht die Cumulation pwa_414.033
oder Anhäufung ähnlicher, einander nah verwandter Vorstellungen pwa_414.034
auf einen und denselben Punct: auch hier wird die Einbildungskraft, pwa_414.035
indem man ihr mit jedem neuen Athemzuge wiederum beinahe das pwa_414.036
Gleiche vorführt, genöthigt, die Anschauung recht bis auf den Grund pwa_414.037
auszukosten. Sie verbindet sich meistens mit dem Polysyndeton: darum pwa_414.038
können auch die eben angeführten Polysyndeta als Beispiele für die pwa_414.039
Cumulation gelten. Sie ist übrigens ein bedenkliches Mittel; denn es pwa_414.040
ist schwer, das rechte Mass zu halten; sowie man es aber überschreitet, pwa_414.041
tritt an die Stelle der Lebendigkeit breite, müssige, tödtende

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die Schilderung, indem es ihr den Anschein der Schilderung giebt; pwa_414.002
das Polysyndeton, weil es in einem Kreise gleichzeitiger Facta verharrt, pwa_414.003
ist eher geschickt zur Schilderung, und zur Erzählung nur in so pwa_414.004
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Schilderung fixieren will. Ein eigentlich schilderndes Polysyndeton pwa_414.006
findet sich in Schillers Glocke: „Und drinnen waltet Die züchtige Hausfrau, pwa_414.007
Die Mutter der Kinder, Und herrschet weise Im häuslichen Kreise, pwa_414.008
Und lehret die Mädchen Und wehret den Knaben Und reget ohn' Ende pwa_414.009
Die fleissigen Hände Und mehrt den Gewinn Mit ordnendem Sinn Und pwa_414.010
füllet mit Schätzen die duftenden Laden Und dreht um die schnurrende pwa_414.011
Spindel den Faden Und sammelt im reinlich geglätteten Schrein Die pwa_414.012
schimmernde Wolle, den schneeigen Lein Und füget zum Guten den pwa_414.013
Glanz und den Schimmer Und ruhet nimmer“ (Vers 116–132). Oder pwa_414.014
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Gisela zu Adalbert spricht: „Und wenn du nun durch deutsche Gaue pwa_414.016
wallst Und siehst die Burgen glänzen auf den Höhn Und siehst die pwa_414.017
Ritter reiten durch das Thal Und hörst des Jagdhorns Klänge durch pwa_414.018
den Wald, ... Und siehst das Feuer brennen auf dem Herd Und pwa_414.019
siehst die Kinder spielen vor der Thür: Musst du nicht schamroth pwa_414.020
werden vor dir selbst, Dass du so leblos durch das Leben gehst?“ pwa_414.021
Vgl. auch Brief an die Römer 9, 4. Ein Polysyndeton, wo die Erzählung pwa_414.022
in der Form der Schilderung und darum auch das Zeitwort in pwa_414.023
präsentischer Form erscheint, bietet Schillers Taucher: „Und es wallet pwa_414.024
und siedet und brauset und zischt, Wie wenn Wasser mit Feuer sich pwa_414.025
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auf Well sich ohn' Ende drängt; Und wie mit des fernen Donners pwa_414.027
Getose Entstürzt es brüllend dem finstern Schoosse. Und sieh! aus pwa_414.028
dem finster flutenden Schooss, Da hebt sich's schwanenweiss, Und ein pwa_414.029
Arm und ein glänzender Nacken wird bloss, Und es rudert mit Kraft pwa_414.030
und mit emsigem Fleiss; Und er ists, und hoch in seiner Linken pwa_414.031
Schwingt er den Becher mit freudigem Winken“ (LB. 2, 1171, 6 fg.).

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Nächst dem Polysyndeton kommt sodann in Betracht die Cumulation pwa_414.033
oder Anhäufung ähnlicher, einander nah verwandter Vorstellungen pwa_414.034
auf einen und denselben Punct: auch hier wird die Einbildungskraft, pwa_414.035
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Cumulation gelten. Sie ist übrigens ein bedenkliches Mittel; denn es pwa_414.040
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Zitationshilfe: Wackernagel, Wilhelm: Poetik, Rhetorik und Stilistik: Academische Vorlesungen. Hrsg. v. L. Sieber. Halle, 1873, S. 414. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackernagel_poetik_1873/432>, abgerufen am 22.11.2024.