Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wackernagel, Wilhelm: Poetik, Rhetorik und Stilistik: Academische Vorlesungen. Hrsg. v. L. Sieber. Halle, 1873

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

pwa_231.001
kaum mehr etwas Dramatisches, sondern ist beinahe nur noch eine pwa_231.002
grössere lyrische Dichtung, die sich in verschiedenen Gliedern und pwa_231.003
in mannigfaltigen Formen der musikalischen Composition entwickelt. pwa_231.004
Cantate ist der allgemeine Name dieser Dichtungsart; hat sie geistlichen pwa_231.005
Inhalt, und ist sie zugleich mehr in die Länge und Breite, pwa_231.006
nämlich mit noch reicherer Lyrik ausgeführt, so heisst man sie nach pwa_231.007
dem Vorgange der Italiäner Oratorium. Deutsche Cantaten und Oratorien pwa_231.008
haben wir von namhaften Dichtern, von Ramler, Wieland, pwa_231.009
Gerstenberg, Herder und andern: allerdings konnten sie sich dazu pwa_231.010
eher verstehen, da hier beinahe reine Lyrik verlangt wird, und keine pwa_231.011
Anforderungen an dramatische Kunst auf eine solche Weise und unter pwa_231.012
Umständen gemacht werden, die jeden rechten Dichter, wie bei der pwa_231.013
Oper, abschrecken müssen.

pwa_231.001
kaum mehr etwas Dramatisches, sondern ist beinahe nur noch eine pwa_231.002
grössere lyrische Dichtung, die sich in verschiedenen Gliedern und pwa_231.003
in mannigfaltigen Formen der musikalischen Composition entwickelt. pwa_231.004
Cantate ist der allgemeine Name dieser Dichtungsart; hat sie geistlichen pwa_231.005
Inhalt, und ist sie zugleich mehr in die Länge und Breite, pwa_231.006
nämlich mit noch reicherer Lyrik ausgeführt, so heisst man sie nach pwa_231.007
dem Vorgange der Italiäner Oratorium. Deutsche Cantaten und Oratorien pwa_231.008
haben wir von namhaften Dichtern, von Ramler, Wieland, pwa_231.009
Gerstenberg, Herder und andern: allerdings konnten sie sich dazu pwa_231.010
eher verstehen, da hier beinahe reine Lyrik verlangt wird, und keine pwa_231.011
Anforderungen an dramatische Kunst auf eine solche Weise und unter pwa_231.012
Umständen gemacht werden, die jeden rechten Dichter, wie bei der pwa_231.013
Oper, abschrecken müssen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0249" n="231"/><lb n="pwa_231.001"/>
kaum mehr etwas Dramatisches, sondern ist beinahe nur noch eine <lb n="pwa_231.002"/>
grössere lyrische Dichtung, die sich in verschiedenen Gliedern und <lb n="pwa_231.003"/>
in mannigfaltigen Formen der musikalischen Composition entwickelt. <lb n="pwa_231.004"/>
Cantate ist der allgemeine Name dieser Dichtungsart; hat sie geistlichen <lb n="pwa_231.005"/>
Inhalt, und ist sie zugleich mehr in die Länge und Breite, <lb n="pwa_231.006"/>
nämlich mit noch reicherer Lyrik ausgeführt, so heisst man sie nach <lb n="pwa_231.007"/>
dem Vorgange der Italiäner Oratorium. Deutsche Cantaten und Oratorien <lb n="pwa_231.008"/>
haben wir von namhaften Dichtern, von Ramler, Wieland, <lb n="pwa_231.009"/>
Gerstenberg, Herder und andern: allerdings konnten sie sich dazu <lb n="pwa_231.010"/>
eher verstehen, da hier beinahe reine Lyrik verlangt wird, und keine <lb n="pwa_231.011"/>
Anforderungen an dramatische Kunst auf eine solche Weise und unter <lb n="pwa_231.012"/>
Umständen gemacht werden, die jeden rechten Dichter, wie bei der <lb n="pwa_231.013"/>
Oper, abschrecken müssen.</p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[231/0249] pwa_231.001 kaum mehr etwas Dramatisches, sondern ist beinahe nur noch eine pwa_231.002 grössere lyrische Dichtung, die sich in verschiedenen Gliedern und pwa_231.003 in mannigfaltigen Formen der musikalischen Composition entwickelt. pwa_231.004 Cantate ist der allgemeine Name dieser Dichtungsart; hat sie geistlichen pwa_231.005 Inhalt, und ist sie zugleich mehr in die Länge und Breite, pwa_231.006 nämlich mit noch reicherer Lyrik ausgeführt, so heisst man sie nach pwa_231.007 dem Vorgange der Italiäner Oratorium. Deutsche Cantaten und Oratorien pwa_231.008 haben wir von namhaften Dichtern, von Ramler, Wieland, pwa_231.009 Gerstenberg, Herder und andern: allerdings konnten sie sich dazu pwa_231.010 eher verstehen, da hier beinahe reine Lyrik verlangt wird, und keine pwa_231.011 Anforderungen an dramatische Kunst auf eine solche Weise und unter pwa_231.012 Umständen gemacht werden, die jeden rechten Dichter, wie bei der pwa_231.013 Oper, abschrecken müssen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wackernagel_poetik_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wackernagel_poetik_1873/249
Zitationshilfe: Wackernagel, Wilhelm: Poetik, Rhetorik und Stilistik: Academische Vorlesungen. Hrsg. v. L. Sieber. Halle, 1873, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackernagel_poetik_1873/249>, abgerufen am 22.11.2024.