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Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797.

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dessen harmonischen Werken so geheimni߬
volle Schönheit liegt, war verschieden von
diesen allen!

Ach! daß eben seine hohe Phantasie
es seyn mußte, die ihn aufrieb? -- Soll
ich sagen, daß er vielleicht mehr dazu ge¬
schaffen war, Kunst zu genießen als aus¬
zuüben? -- Sind diejenigen vielleicht
glücklicher gebildet, in denen die Kunst still
und heimlich wie ein verhüllter Genius ar¬
beitet, und sie in ihrem Handeln auf Erden
nicht stört? Und muß der Immerbegeisterte
seine hohen Phantasieen doch auch vielleicht
als einen festen Einschlag kühn und stark in
dieses irdische Leben einweben, wenn er ein
ächter Künstler seyn will? -- Ja, ist diese
unbegreifliche Schöpfungskraft nicht etwa
überhaupt ganz etwas anderes, und -- wie
mir jetzt erscheint -- etwas noch Wunder¬

deſſen harmoniſchen Werken ſo geheimni߬
volle Schönheit liegt, war verſchieden von
dieſen allen!

Ach! daß eben ſeine hohe Phantaſie
es ſeyn mußte, die ihn aufrieb? — Soll
ich ſagen, daß er vielleicht mehr dazu ge¬
ſchaffen war, Kunſt zu genießen als aus¬
zuüben? — Sind diejenigen vielleicht
glücklicher gebildet, in denen die Kunſt ſtill
und heimlich wie ein verhüllter Genius ar¬
beitet, und ſie in ihrem Handeln auf Erden
nicht ſtört? Und muß der Immerbegeiſterte
ſeine hohen Phantaſieen doch auch vielleicht
als einen feſten Einſchlag kühn und ſtark in
dieſes irdiſche Leben einweben, wenn er ein
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überhaupt ganz etwas anderes, und — wie
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[274/0282] deſſen harmoniſchen Werken ſo geheimni߬ volle Schönheit liegt, war verſchieden von dieſen allen! Ach! daß eben ſeine hohe Phantaſie es ſeyn mußte, die ihn aufrieb? — Soll ich ſagen, daß er vielleicht mehr dazu ge¬ ſchaffen war, Kunſt zu genießen als aus¬ zuüben? — Sind diejenigen vielleicht glücklicher gebildet, in denen die Kunſt ſtill und heimlich wie ein verhüllter Genius ar¬ beitet, und ſie in ihrem Handeln auf Erden nicht ſtört? Und muß der Immerbegeiſterte ſeine hohen Phantaſieen doch auch vielleicht als einen feſten Einſchlag kühn und ſtark in dieſes irdiſche Leben einweben, wenn er ein ächter Künſtler ſeyn will? — Ja, iſt dieſe unbegreifliche Schöpfungskraft nicht etwa überhaupt ganz etwas anderes, und — wie mir jetzt erſcheint — etwas noch Wunder¬

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Zitationshilfe: Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/282>, abgerufen am 27.11.2024.