so kleinlich, daß sie sich für Aufgeblasenheit nicht zu lassen wissen, wenn ihr Werk ein¬ mal ein allgemeines Lieblingsstück geworden ist. -- Lieber Himmel! sind wir denn nicht die eine Hälfte unsers Verdienstes der Gött¬ lichkeit der Kunst, der ewigen Harmonie der Natur, und die andre Hälfte dem gütigen Schöpfer, der uns diesen Schatz anzuwen¬ den Fähigkeit gab, schuldig? Alle tausend¬ fältigen lieblichen Melodieen, welche die man¬ nigfachsten Regungen in uns hervorbringen, sind sie nicht aus dem einzigen wundervollen Dreyklang entsprossen, den die Natur von Ewigkeit her gegründet hat? Die wehmuths¬ vollen, halb süßen und halb schmerzlichen Empfindungen, die die Musik uns einflößt, wir wissen nicht wie, was sind sie denn an¬ ders, als die geheimnißvolle Wirkung des wechselnden Dur und Moll? Und müssen
ſo kleinlich, daß ſie ſich für Aufgeblaſenheit nicht zu laſſen wiſſen, wenn ihr Werk ein¬ mal ein allgemeines Lieblingsſtück geworden iſt. — Lieber Himmel! ſind wir denn nicht die eine Hälfte unſers Verdienſtes der Gött¬ lichkeit der Kunſt, der ewigen Harmonie der Natur, und die andre Hälfte dem gütigen Schöpfer, der uns dieſen Schatz anzuwen¬ den Fähigkeit gab, ſchuldig? Alle tauſend¬ fältigen lieblichen Melodieen, welche die man¬ nigfachſten Regungen in uns hervorbringen, ſind ſie nicht aus dem einzigen wundervollen Dreyklang entſproſſen, den die Natur von Ewigkeit her gegründet hat? Die wehmuths¬ vollen, halb ſüßen und halb ſchmerzlichen Empfindungen, die die Muſik uns einflößt, wir wiſſen nicht wie, was ſind ſie denn an¬ ders, als die geheimnißvolle Wirkung des wechſelnden Dur und Moll? Und müſſen
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ſo kleinlich, daß ſie ſich für Aufgeblaſenheit
nicht zu laſſen wiſſen, wenn ihr Werk ein¬
mal ein allgemeines Lieblingsſtück geworden
iſt. — Lieber Himmel! ſind wir denn nicht
die eine Hälfte unſers Verdienſtes der Gött¬
lichkeit der Kunſt, der ewigen Harmonie der
Natur, und die andre Hälfte dem gütigen
Schöpfer, der uns dieſen Schatz anzuwen¬
den Fähigkeit gab, ſchuldig? Alle tauſend¬
fältigen lieblichen Melodieen, welche die man¬
nigfachſten Regungen in uns hervorbringen,
ſind ſie nicht aus dem einzigen wundervollen
Dreyklang entſproſſen, den die Natur von
Ewigkeit her gegründet hat? Die wehmuths¬
vollen, halb ſüßen und halb ſchmerzlichen
Empfindungen, die die Muſik uns einflößt,
wir wiſſen nicht wie, was ſind ſie denn an¬
ders, als die geheimnißvolle Wirkung des
wechſelnden Dur und Moll? Und müſſen
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Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/271>, abgerufen am 22.11.2024.
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