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Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797.

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Seine Angst ward immer größer, -- die
Versuchung nach der herrlichen Stadt zu
entfliehen, immer stärker. Wird denn aber,
dachte er, der Himmel dir nicht zu Hülfe
kommen? wird er dir gar kein Zeichen ge¬
ben? -- Seine Leidenschaft erreichte endlich
den höchsten Gipfel, als sein Vater bey ei¬
ner häuslichen Mißhelligkeit ihn einmal mit
einer ganz andern Art, als gewöhnlich, an¬
fuhr, und ihm seitdem immer zurückstoßend
begegnete. Nun war es beschlossen; allen
Zweifeln und Bedenklichkeiten wies er von
nun an die Thür; er wollte nun durchaus
nicht mehr überlegen. Das Osterfest war
nahe; das wollte er noch zu Hause mit¬
feyern, aber sobald es vorüber wäre, -- in
die weite Welt.

Es war vorüber. Er wartete den ersten
schönen Morgen ab, da der helle Sonnen¬
schein ihn bezaubernd anzulocken schien; da

Seine Angſt ward immer größer, — die
Verſuchung nach der herrlichen Stadt zu
entfliehen, immer ſtärker. Wird denn aber,
dachte er, der Himmel dir nicht zu Hülfe
kommen? wird er dir gar kein Zeichen ge¬
ben? — Seine Leidenſchaft erreichte endlich
den höchſten Gipfel, als ſein Vater bey ei¬
ner häuslichen Mißhelligkeit ihn einmal mit
einer ganz andern Art, als gewöhnlich, an¬
fuhr, und ihm ſeitdem immer zurückſtoßend
begegnete. Nun war es beſchloſſen; allen
Zweifeln und Bedenklichkeiten wies er von
nun an die Thür; er wollte nun durchaus
nicht mehr überlegen. Das Oſterfeſt war
nahe; das wollte er noch zu Hauſe mit¬
feyern, aber ſobald es vorüber wäre, — in
die weite Welt.

Es war vorüber. Er wartete den erſten
ſchönen Morgen ab, da der helle Sonnen¬
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[253/0261] Seine Angſt ward immer größer, — die Verſuchung nach der herrlichen Stadt zu entfliehen, immer ſtärker. Wird denn aber, dachte er, der Himmel dir nicht zu Hülfe kommen? wird er dir gar kein Zeichen ge¬ ben? — Seine Leidenſchaft erreichte endlich den höchſten Gipfel, als ſein Vater bey ei¬ ner häuslichen Mißhelligkeit ihn einmal mit einer ganz andern Art, als gewöhnlich, an¬ fuhr, und ihm ſeitdem immer zurückſtoßend begegnete. Nun war es beſchloſſen; allen Zweifeln und Bedenklichkeiten wies er von nun an die Thür; er wollte nun durchaus nicht mehr überlegen. Das Oſterfeſt war nahe; das wollte er noch zu Hauſe mit¬ feyern, aber ſobald es vorüber wäre, — in die weite Welt. Es war vorüber. Er wartete den erſten ſchönen Morgen ab, da der helle Sonnen¬ ſchein ihn bezaubernd anzulocken ſchien; da

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Zitationshilfe: Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/261>, abgerufen am 24.11.2024.