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Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797.

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seinen Organen die Dinge der Natur an¬
schauen und ergreifen, und in seiner Seele
sprechen können: "Das Werk ist in seiner
Art richtig und wahr."

Die Mahlerey ist eine Poesie mit Bil¬
dern der Menschen. So wie nun die Poe¬
ten ihre Gegenstände mit ganz verschiedenen
Empfindungen beseelen, je nachdem ihnen
vom Schöpfer ein verschiedener Geist einge¬
haucht ist; so auch in der Mahlerey. Einige
Dichter beleben ihr ganzes Werk innerlich
mit einer stillen und geheimen poetischen
Seele; bey andern aber bricht die überfließen¬
de, üppige dichterische Kraft in jedem Mo¬
mente der Darstellung hervor.

Dies ist dieselbe Verschiedenheit, welche
ich zwischen dem göttlichen Raphael und
dem großen Buonarotti finde: jenen möchte
ich den Mahler des neuen, diesen des alten
Testamentes nennen; denn auf jenem, -- ich

ſeinen Organen die Dinge der Natur an¬
ſchauen und ergreifen, und in ſeiner Seele
ſprechen können: »Das Werk iſt in ſeiner
Art richtig und wahr

Die Mahlerey iſt eine Poeſie mit Bil¬
dern der Menſchen. So wie nun die Poe¬
ten ihre Gegenſtände mit ganz verſchiedenen
Empfindungen beſeelen, je nachdem ihnen
vom Schöpfer ein verſchiedener Geiſt einge¬
haucht iſt; ſo auch in der Mahlerey. Einige
Dichter beleben ihr ganzes Werk innerlich
mit einer ſtillen und geheimen poetiſchen
Seele; bey andern aber bricht die überfließen¬
de, üppige dichteriſche Kraft in jedem Mo¬
mente der Darſtellung hervor.

Dies iſt dieſelbe Verſchiedenheit, welche
ich zwiſchen dem göttlichen Raphael und
dem großen Buonarotti finde: jenen möchte
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[172/0180] ſeinen Organen die Dinge der Natur an¬ ſchauen und ergreifen, und in ſeiner Seele ſprechen können: »Das Werk iſt in ſeiner Art richtig und wahr.« Die Mahlerey iſt eine Poeſie mit Bil¬ dern der Menſchen. So wie nun die Poe¬ ten ihre Gegenſtände mit ganz verſchiedenen Empfindungen beſeelen, je nachdem ihnen vom Schöpfer ein verſchiedener Geiſt einge¬ haucht iſt; ſo auch in der Mahlerey. Einige Dichter beleben ihr ganzes Werk innerlich mit einer ſtillen und geheimen poetiſchen Seele; bey andern aber bricht die überfließen¬ de, üppige dichteriſche Kraft in jedem Mo¬ mente der Darſtellung hervor. Dies iſt dieſelbe Verſchiedenheit, welche ich zwiſchen dem göttlichen Raphael und dem großen Buonarotti finde: jenen möchte ich den Mahler des neuen, dieſen des alten Teſtamentes nennen; denn auf jenem, — ich

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Zitationshilfe: Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/180>, abgerufen am 23.11.2024.