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Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797.

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verschlossen, wenn ihr sie kalt anseht; euer
Herz muß sie zuerst mächtiglich anreden,
wenn sie sollen zu euch sprechen, und ihre
ganze Gewalt an euch versuchen können.

Kunstwerke passen in ihrer Art so wenig,
als der Gedanke an Gott in den gemeinen
Fortfluß des Lebens; sie gehen über das Ordent¬
liche und Gewöhnliche hinaus, und wir müs¬
sen uns mit vollem Herzen zu ihnen erhe¬
ben, um sie in unsern, von den Nebeln der
Atmosphäre allzuoft getrübten Augen, zu
dem zu machen, was sie, ihrem hohen We¬
sen nach, sind.

Buchstaben lesen kann ein jeglicher ler¬
nen; von gelehrten Chroniken kann ein jeg¬
licher sich die Historien vergangener Zeiten
erzählen lassen, und sie wieder erzählen;
auch kann ein jeglicher das Lehrgebäude ei¬
ner Wissenschaft studieren; und Sätze und
Wahrheiten fassen; -- denn, Buchstaben sind

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verſchloſſen, wenn ihr ſie kalt anſeht; euer
Herz muß ſie zuerſt mächtiglich anreden,
wenn ſie ſollen zu euch ſprechen, und ihre
ganze Gewalt an euch verſuchen können.

Kunſtwerke paſſen in ihrer Art ſo wenig,
als der Gedanke an Gott in den gemeinen
Fortfluß des Lebens; ſie gehen über das Ordent¬
liche und Gewöhnliche hinaus, und wir müſ¬
ſen uns mit vollem Herzen zu ihnen erhe¬
ben, um ſie in unſern, von den Nebeln der
Atmoſphäre allzuoft getrübten Augen, zu
dem zu machen, was ſie, ihrem hohen We¬
ſen nach, ſind.

Buchſtaben leſen kann ein jeglicher ler¬
nen; von gelehrten Chroniken kann ein jeg¬
licher ſich die Hiſtorien vergangener Zeiten
erzählen laſſen, und ſie wieder erzählen;
auch kann ein jeglicher das Lehrgebäude ei¬
ner Wiſſenſchaft ſtudieren; und Sätze und
Wahrheiten faſſen; — denn, Buchſtaben ſind

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[161/0169] verſchloſſen, wenn ihr ſie kalt anſeht; euer Herz muß ſie zuerſt mächtiglich anreden, wenn ſie ſollen zu euch ſprechen, und ihre ganze Gewalt an euch verſuchen können. Kunſtwerke paſſen in ihrer Art ſo wenig, als der Gedanke an Gott in den gemeinen Fortfluß des Lebens; ſie gehen über das Ordent¬ liche und Gewöhnliche hinaus, und wir müſ¬ ſen uns mit vollem Herzen zu ihnen erhe¬ ben, um ſie in unſern, von den Nebeln der Atmoſphäre allzuoft getrübten Augen, zu dem zu machen, was ſie, ihrem hohen We¬ ſen nach, ſind. Buchſtaben leſen kann ein jeglicher ler¬ nen; von gelehrten Chroniken kann ein jeg¬ licher ſich die Hiſtorien vergangener Zeiten erzählen laſſen, und ſie wieder erzählen; auch kann ein jeglicher das Lehrgebäude ei¬ ner Wiſſenſchaft ſtudieren; und Sätze und Wahrheiten faſſen; — denn, Buchſtaben ſind L

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Zitationshilfe: Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/169>, abgerufen am 23.11.2024.