Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.Odüßee. Aber der göttliche Sänger entlocke der klingenden HarfeMelodien, und beflügle den fröhlichhüpfenden Reigen: Daß die Nachbarn umher, und die auf der Gaße vorbeigehn, 135 Sagen, wann sie es hören, man feire der Königin Hochzeit; Und damit nicht eher der Ruf von dem Morde der Freier Durch die Stadt sich verbreite, bevor wir das schattige Lustgut Fern auf dem Land' erreicht. Dort wollen wir ferner bedenken, Welchen nüzlichen Rath uns Zeus der Olümpier eingiebt. 140 Also sprach er. Sie hörten ihm alle mit Fleiß, und gehorchten: Wahrlich ein Freier macht mit der schönen Königin Hochzeit! Also sprachen die Leute, und wußten nicht, was geschehn war. Oduͤßee. Aber der goͤttliche Saͤnger entlocke der klingenden HarfeMelodien, und befluͤgle den froͤhlichhuͤpfenden Reigen: Daß die Nachbarn umher, und die auf der Gaße vorbeigehn, 135 Sagen, wann ſie es hoͤren, man feire der Koͤnigin Hochzeit; Und damit nicht eher der Ruf von dem Morde der Freier Durch die Stadt ſich verbreite, bevor wir das ſchattige Luſtgut Fern auf dem Land' erreicht. Dort wollen wir ferner bedenken, Welchen nuͤzlichen Rath uns Zeus der Oluͤmpier eingiebt. 140 Alſo ſprach er. Sie hoͤrten ihm alle mit Fleiß, und gehorchten: Wahrlich ein Freier macht mit der ſchoͤnen Koͤnigin Hochzeit! Alſo ſprachen die Leute, und wußten nicht, was geſchehn war. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0446" n="440"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Oduͤßee.</hi></fw><lb/> Aber der goͤttliche Saͤnger entlocke der klingenden Harfe<lb/> Melodien, und befluͤgle den froͤhlichhuͤpfenden Reigen:<lb/> Daß die Nachbarn umher, und die auf der Gaße vorbeigehn, <note place="right">135</note><lb/> Sagen, wann ſie es hoͤren, man feire der Koͤnigin Hochzeit;<lb/> Und damit nicht eher der Ruf von dem Morde der Freier<lb/> Durch die Stadt ſich verbreite, bevor wir das ſchattige Luſtgut<lb/> Fern auf dem Land' erreicht. Dort wollen wir ferner bedenken,<lb/> Welchen nuͤzlichen Rath uns Zeus der Oluͤmpier eingiebt. <note place="right">140</note></p><lb/> <p>Alſo ſprach er. Sie hoͤrten ihm alle mit Fleiß, und gehorchten:<lb/> Gingen ins Bad, und ſchmuͤckten ſich dann mit feſtlichem Leibrock.<lb/> Auch die Weiber kamen geſchmuͤckt. Der goͤttliche Saͤnger<lb/> Nahm die gewoͤlbete Harf', und reizte mit lieblichen Toͤnen<lb/> Alle zum ſuͤßen Geſang' und ſchoͤnnachahmenden Tanze: <note place="right">145</note><lb/> Daß der hohe Palaſt ringsum von dem ſtampfenden Fußtritt<lb/> Froͤhlicher Maͤnner erſcholl und ſchoͤngeguͤrteter Weiber.<lb/> Und wer voruͤberging, blieb horchend ſtehen, und ſagte:</p><lb/> <p>Wahrlich ein Freier macht mit der ſchoͤnen Koͤnigin Hochzeit!<lb/> Konnte die boͤſe Frau nicht ihres erſten Gemahles <note place="right">150</note><lb/> Hohen Palaſt bewahren, bis er aus der Fremde zuruͤckkehrt?</p><lb/> <p>Alſo ſprachen die Leute, und wußten nicht, was geſchehn war.<lb/> Aber den edelgeſinnten Oduͤßeus in ſeinem Palaſte<lb/> Badet' Euruͤnomaͤ jezt, die Schaffnerin, ſalbte mit Oel ihn,<lb/> Und umhuͤllt' ihm darauf den praͤchtigen Mantel und Leibrock. <note place="right">155</note><lb/> Siehe ſein Haupt umſtralt' Athaͤnaͤ mit goͤttlicher Anmut,<lb/> Schuf ihn hoͤher und ſtaͤrker an Wuchs; und goß von der Scheitel<lb/> Ringelnde Locken herab, wie der Purpurlilien Bluͤthe.<lb/> Alſo umgießt ein Mann mit feinem Golde das Silber,<lb/> Welchen Haͤfaiſtos ſelbſt und Pallas Athaͤnaͤ die Weisheit <note place="right">160</note><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [440/0446]
Oduͤßee.
Aber der goͤttliche Saͤnger entlocke der klingenden Harfe
Melodien, und befluͤgle den froͤhlichhuͤpfenden Reigen:
Daß die Nachbarn umher, und die auf der Gaße vorbeigehn,
Sagen, wann ſie es hoͤren, man feire der Koͤnigin Hochzeit;
Und damit nicht eher der Ruf von dem Morde der Freier
Durch die Stadt ſich verbreite, bevor wir das ſchattige Luſtgut
Fern auf dem Land' erreicht. Dort wollen wir ferner bedenken,
Welchen nuͤzlichen Rath uns Zeus der Oluͤmpier eingiebt.
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Alſo ſprach er. Sie hoͤrten ihm alle mit Fleiß, und gehorchten:
Gingen ins Bad, und ſchmuͤckten ſich dann mit feſtlichem Leibrock.
Auch die Weiber kamen geſchmuͤckt. Der goͤttliche Saͤnger
Nahm die gewoͤlbete Harf', und reizte mit lieblichen Toͤnen
Alle zum ſuͤßen Geſang' und ſchoͤnnachahmenden Tanze:
Daß der hohe Palaſt ringsum von dem ſtampfenden Fußtritt
Froͤhlicher Maͤnner erſcholl und ſchoͤngeguͤrteter Weiber.
Und wer voruͤberging, blieb horchend ſtehen, und ſagte:
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Wahrlich ein Freier macht mit der ſchoͤnen Koͤnigin Hochzeit!
Konnte die boͤſe Frau nicht ihres erſten Gemahles
Hohen Palaſt bewahren, bis er aus der Fremde zuruͤckkehrt?
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Alſo ſprachen die Leute, und wußten nicht, was geſchehn war.
Aber den edelgeſinnten Oduͤßeus in ſeinem Palaſte
Badet' Euruͤnomaͤ jezt, die Schaffnerin, ſalbte mit Oel ihn,
Und umhuͤllt' ihm darauf den praͤchtigen Mantel und Leibrock.
Siehe ſein Haupt umſtralt' Athaͤnaͤ mit goͤttlicher Anmut,
Schuf ihn hoͤher und ſtaͤrker an Wuchs; und goß von der Scheitel
Ringelnde Locken herab, wie der Purpurlilien Bluͤthe.
Alſo umgießt ein Mann mit feinem Golde das Silber,
Welchen Haͤfaiſtos ſelbſt und Pallas Athaͤnaͤ die Weisheit
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