Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.Odüßee. Freut euch jezo des Mahls, und erhebt kein wüstes Getümmel!Denn es füllt ja mit Wonne das Herz, dem Gesange zu horchen, 370 Wann ein Sänger, wie dieser, die Töne der Himmlischen nachahmt! Morgen wollen wir uns zu den Sizen des Marktes versammeln; Daß ich euch allen dort freimütig und öffentlich rathe, Mir aus dem Hause zu gehn! Sucht künftig andere Mähler; Zehret von euren Gütern, und laßt die Bewirtungen umgehn. 375 Aber wenn ihr es so bequemer und lieblicher findet, Eines Mannes Hab', ohn alle Vergeltung, zu freßen; Schlingt sie hinab! Ich werde die ewigen Götter anflehn, Ob euch nicht endlich einmal Zeus eure Thaten bezahle, Daß ihr in unserm Haus' auch ohne Vergeltung dahinstürzt!380 Also sprach er; da bißen sie ringsumher sich die Lippen, Ei! dich lehren gewiß, Tälemachos, selber die Götter, Und der verständige Jüngling Tälemachos sagte dagegen: Oduͤßee. Freut euch jezo des Mahls, und erhebt kein wuͤſtes Getuͤmmel!Denn es fuͤllt ja mit Wonne das Herz, dem Geſange zu horchen, 370 Wann ein Saͤnger, wie dieſer, die Toͤne der Himmliſchen nachahmt! Morgen wollen wir uns zu den Sizen des Marktes verſammeln; Daß ich euch allen dort freimuͤtig und oͤffentlich rathe, Mir aus dem Hauſe zu gehn! Sucht kuͤnftig andere Maͤhler; Zehret von euren Guͤtern, und laßt die Bewirtungen umgehn. 375 Aber wenn ihr es ſo bequemer und lieblicher findet, Eines Mannes Hab', ohn alle Vergeltung, zu freßen; Schlingt ſie hinab! Ich werde die ewigen Goͤtter anflehn, Ob euch nicht endlich einmal Zeus eure Thaten bezahle, Daß ihr in unſerm Hauſ' auch ohne Vergeltung dahinſtuͤrzt!380 Alſo ſprach er; da bißen ſie ringsumher ſich die Lippen, Ei! dich lehren gewiß, Taͤlemachos, ſelber die Goͤtter, Und der verſtaͤndige Juͤngling Taͤlemachos ſagte dagegen: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0030" n="24"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Oduͤßee.</hi></fw><lb/> Freut euch jezo des Mahls, und erhebt kein wuͤſtes Getuͤmmel!<lb/> Denn es fuͤllt ja mit Wonne das Herz, dem Geſange zu horchen, <note place="right">370</note><lb/> Wann ein Saͤnger, wie dieſer, die Toͤne der Himmliſchen nachahmt!<lb/> Morgen wollen wir uns zu den Sizen des Marktes verſammeln;<lb/> Daß ich euch allen dort freimuͤtig und oͤffentlich rathe,<lb/> Mir aus dem Hauſe zu gehn! Sucht kuͤnftig andere Maͤhler;<lb/> Zehret von euren Guͤtern, und laßt die Bewirtungen umgehn. <note place="right">375</note><lb/> Aber wenn ihr es ſo bequemer und lieblicher findet,<lb/> Eines Mannes Hab', ohn alle Vergeltung, zu freßen;<lb/> Schlingt ſie hinab! Ich werde die ewigen Goͤtter anflehn,<lb/> Ob euch nicht endlich einmal Zeus eure Thaten bezahle,<lb/> Daß ihr in unſerm Hauſ' auch ohne Vergeltung dahinſtuͤrzt!<note place="right">380</note></p><lb/> <p>Alſo ſprach er; da bißen ſie ringsumher ſich die Lippen,<lb/> Ueber den Juͤngling erſtaunt, der ſo entſchloßen geredet.<lb/> Aber Eupeithaͤs Sohn Antinoos gab ihm zur Antwort:</p><lb/> <p>Ei! dich lehren gewiß, Taͤlemachos, ſelber die Goͤtter,<lb/> Vor der Verſammlung ſo hoch und ſo entſchloßen zu reden! <note place="right">385</note><lb/> Daß Kronion dir ja die Herſchaft unſeres Eilands<lb/> Nicht vertraue, die dir von deinem Vater gebuͤhret!</p><lb/> <p>Und der verſtaͤndige Juͤngling Taͤlemachos ſagte dagegen:<lb/> O Antinoos, wirſt du mir auch die Rede verargen?<lb/> Gerne naͤhm' ich ſie an, wenn Zeus ſie ſchenkte, die Herſchaft! <note place="right">390</note><lb/> Oder meinſt du, es ſei das Schlechteſte unter den Menſchen?<lb/> Wahrlich, es iſt nichts Schlechtes, zu herſchen; des Koͤniges Haus wird<lb/> Schnell mit Schaͤzen erfuͤllt, er ſelber hoͤher geachtet!<lb/> Aber es wohnen ja ſonſt genung achaiiſche Fuͤrſten<lb/> In dem umfluteten Reiche von Ithaka, Juͤngling' und Greiſe; <note place="right">395</note><lb/> Nehm' es einer von dieſen, wofern Oduͤßeus geſtorben!<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [24/0030]
Oduͤßee.
Freut euch jezo des Mahls, und erhebt kein wuͤſtes Getuͤmmel!
Denn es fuͤllt ja mit Wonne das Herz, dem Geſange zu horchen,
Wann ein Saͤnger, wie dieſer, die Toͤne der Himmliſchen nachahmt!
Morgen wollen wir uns zu den Sizen des Marktes verſammeln;
Daß ich euch allen dort freimuͤtig und oͤffentlich rathe,
Mir aus dem Hauſe zu gehn! Sucht kuͤnftig andere Maͤhler;
Zehret von euren Guͤtern, und laßt die Bewirtungen umgehn.
Aber wenn ihr es ſo bequemer und lieblicher findet,
Eines Mannes Hab', ohn alle Vergeltung, zu freßen;
Schlingt ſie hinab! Ich werde die ewigen Goͤtter anflehn,
Ob euch nicht endlich einmal Zeus eure Thaten bezahle,
Daß ihr in unſerm Hauſ' auch ohne Vergeltung dahinſtuͤrzt!
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Alſo ſprach er; da bißen ſie ringsumher ſich die Lippen,
Ueber den Juͤngling erſtaunt, der ſo entſchloßen geredet.
Aber Eupeithaͤs Sohn Antinoos gab ihm zur Antwort:
Ei! dich lehren gewiß, Taͤlemachos, ſelber die Goͤtter,
Vor der Verſammlung ſo hoch und ſo entſchloßen zu reden!
Daß Kronion dir ja die Herſchaft unſeres Eilands
Nicht vertraue, die dir von deinem Vater gebuͤhret!
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Und der verſtaͤndige Juͤngling Taͤlemachos ſagte dagegen:
O Antinoos, wirſt du mir auch die Rede verargen?
Gerne naͤhm' ich ſie an, wenn Zeus ſie ſchenkte, die Herſchaft!
Oder meinſt du, es ſei das Schlechteſte unter den Menſchen?
Wahrlich, es iſt nichts Schlechtes, zu herſchen; des Koͤniges Haus wird
Schnell mit Schaͤzen erfuͤllt, er ſelber hoͤher geachtet!
Aber es wohnen ja ſonſt genung achaiiſche Fuͤrſten
In dem umfluteten Reiche von Ithaka, Juͤngling' und Greiſe;
Nehm' es einer von dieſen, wofern Oduͤßeus geſtorben!
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