Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.Erster Gesang. Siehe dann kehre wieder zur lieben heimischen Insel, 290Häufe dem Vater ein Mal, und opfere Todtengeschenke Reichlich, wie sichs gebührt, und gieb einem Manne die Mutter. Aber hast du dieses gethan und alles vollendet, Siehe dann denk' umher, und überlege mit Klugheit, Wie du die üppige Schaar der Freier in deinem Palaste 295 Tödtest, mit heimlicher List, oder öffentlich! Fürder geziemen Kinderwerke dir nicht, du bist dem Getändel entwachsen. Hast du nimmer gehört, welch ein Ruhm den edlen Orestäs Unter den Sterblichen preist, seitdem er den Meuchler Aigistos Umgebracht, der ihm den herlichen Vater ermordet? 300 Auch du, Lieber, denn groß und statlich bist du von Ansehn, Halte dich wohl, daß einst die spätesten Enkel dich loben! Ich will jezo wieder zum schnellen Schiffe hinabgehn, Und den Gefährten, die mich, vielleicht unwillig, erwarten. Sorge nun selber für dich, und nim die Rede zu Herzen.305 Und der verständige Jüngling Tälemachos sagte dagegen: Drauf antwortete Zeus blauäugichte Tochter Athänä: Erſter Geſang. Siehe dann kehre wieder zur lieben heimiſchen Inſel, 290Haͤufe dem Vater ein Mal, und opfere Todtengeſchenke Reichlich, wie ſichs gebuͤhrt, und gieb einem Manne die Mutter. Aber haſt du dieſes gethan und alles vollendet, Siehe dann denk' umher, und uͤberlege mit Klugheit, Wie du die uͤppige Schaar der Freier in deinem Palaſte 295 Toͤdteſt, mit heimlicher Liſt, oder oͤffentlich! Fuͤrder geziemen Kinderwerke dir nicht, du biſt dem Getaͤndel entwachſen. Haſt du nimmer gehoͤrt, welch ein Ruhm den edlen Oreſtaͤs Unter den Sterblichen preiſt, ſeitdem er den Meuchler Aigiſtos Umgebracht, der ihm den herlichen Vater ermordet? 300 Auch du, Lieber, denn groß und ſtatlich biſt du von Anſehn, Halte dich wohl, daß einſt die ſpaͤteſten Enkel dich loben! Ich will jezo wieder zum ſchnellen Schiffe hinabgehn, Und den Gefaͤhrten, die mich, vielleicht unwillig, erwarten. Sorge nun ſelber fuͤr dich, und nim die Rede zu Herzen.305 Und der verſtaͤndige Juͤngling Taͤlemachos ſagte dagegen: Drauf antwortete Zeus blauaͤugichte Tochter Athaͤnaͤ: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0027" n="21"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Erſter Geſang.</hi></fw><lb/> Siehe dann kehre wieder zur lieben heimiſchen Inſel, <note place="right">290</note><lb/> Haͤufe dem Vater ein Mal, und opfere Todtengeſchenke<lb/> Reichlich, wie ſichs gebuͤhrt, und gieb einem Manne die Mutter.<lb/> Aber haſt du dieſes gethan und alles vollendet,<lb/> Siehe dann denk' umher, und uͤberlege mit Klugheit,<lb/> Wie du die uͤppige Schaar der Freier in deinem Palaſte <note place="right">295</note><lb/> Toͤdteſt, mit heimlicher Liſt, oder oͤffentlich! Fuͤrder geziemen<lb/> Kinderwerke dir nicht, du biſt dem Getaͤndel entwachſen.<lb/> Haſt du nimmer gehoͤrt, welch ein Ruhm den edlen Oreſtaͤs<lb/> Unter den Sterblichen preiſt, ſeitdem er den Meuchler Aigiſtos<lb/> Umgebracht, der ihm den herlichen Vater ermordet? <note place="right">300</note><lb/> Auch du, Lieber, denn groß und ſtatlich biſt du von Anſehn,<lb/> Halte dich wohl, daß einſt die ſpaͤteſten Enkel dich loben!<lb/> Ich will jezo wieder zum ſchnellen Schiffe hinabgehn,<lb/> Und den Gefaͤhrten, die mich, vielleicht unwillig, erwarten.<lb/> Sorge nun ſelber fuͤr dich, und nim die Rede zu Herzen.<note place="right">305</note></p><lb/> <p>Und der verſtaͤndige Juͤngling Taͤlemachos ſagte dagegen:<lb/> Freund, du redeſt gewiß mit voller herzlicher Liebe,<lb/> Wie ein Vater zum Sohn, und nimmer werd' ichs vergeßen.<lb/> Aber verweile bei uns noch ein wenig, wie ſehr du auch eileſt;<lb/> Lieber, bade zuvor, und gieb dem Herzen Erfriſchung: <note place="right">310</note><lb/> Daß du mit froherem Mut heimkehreſt, und zu dem Schiffe<lb/> Bringeſt ein Ehrengeſchenk, ein ſchoͤnes koͤſtliches Kleinod<lb/> Zum Andenken von mir, wie Freunde Freunden verehren.</p><lb/> <p>Drauf antwortete Zeus blauaͤugichte Tochter Athaͤnaͤ:<lb/> Halte nicht laͤnger mich auf; denn dringend ſind meine Geſchaͤfte. <note place="right">315</note><lb/> Dein Geſchenk, das du mir im Herzen beſtimmeſt, das gieb mir,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [21/0027]
Erſter Geſang.
Siehe dann kehre wieder zur lieben heimiſchen Inſel,
Haͤufe dem Vater ein Mal, und opfere Todtengeſchenke
Reichlich, wie ſichs gebuͤhrt, und gieb einem Manne die Mutter.
Aber haſt du dieſes gethan und alles vollendet,
Siehe dann denk' umher, und uͤberlege mit Klugheit,
Wie du die uͤppige Schaar der Freier in deinem Palaſte
Toͤdteſt, mit heimlicher Liſt, oder oͤffentlich! Fuͤrder geziemen
Kinderwerke dir nicht, du biſt dem Getaͤndel entwachſen.
Haſt du nimmer gehoͤrt, welch ein Ruhm den edlen Oreſtaͤs
Unter den Sterblichen preiſt, ſeitdem er den Meuchler Aigiſtos
Umgebracht, der ihm den herlichen Vater ermordet?
Auch du, Lieber, denn groß und ſtatlich biſt du von Anſehn,
Halte dich wohl, daß einſt die ſpaͤteſten Enkel dich loben!
Ich will jezo wieder zum ſchnellen Schiffe hinabgehn,
Und den Gefaͤhrten, die mich, vielleicht unwillig, erwarten.
Sorge nun ſelber fuͤr dich, und nim die Rede zu Herzen.
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Und der verſtaͤndige Juͤngling Taͤlemachos ſagte dagegen:
Freund, du redeſt gewiß mit voller herzlicher Liebe,
Wie ein Vater zum Sohn, und nimmer werd' ichs vergeßen.
Aber verweile bei uns noch ein wenig, wie ſehr du auch eileſt;
Lieber, bade zuvor, und gieb dem Herzen Erfriſchung:
Daß du mit froherem Mut heimkehreſt, und zu dem Schiffe
Bringeſt ein Ehrengeſchenk, ein ſchoͤnes koͤſtliches Kleinod
Zum Andenken von mir, wie Freunde Freunden verehren.
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Drauf antwortete Zeus blauaͤugichte Tochter Athaͤnaͤ:
Halte nicht laͤnger mich auf; denn dringend ſind meine Geſchaͤfte.
Dein Geſchenk, das du mir im Herzen beſtimmeſt, das gieb mir,
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