Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.Dreizehnter Gesang. Wohnen, oder da hinten, gewandt zum nächtlichen Dunkel.Freilich ist es rauh, und taugt nicht Roße zu tummeln; Doch ganz elend auch nicht, wiewohl es an Ebnen ihm mangelt. Reichlich gedeihet bei uns die Frucht des Feldes, und reichlich Lohnet der Wein; denn Regen und Thau befruchten das Erdreich. 245 Trefliche Ziegenweiden sind hier, auch Weiden der Rinder; Waldungen jeglicher Art, und immerfließende Bäche. Fremdling, Ithaka's Ruf ist selbst nach Troja gekommen; Und das, sagen sie, liegt sehr fern vom achaiischen Lande! Also sprach er; da freute der herliche Dulder Odüßeus 250 Ja von Ithaka hört' ich in Kräta's weitem Gefilde, V. 256 V. 256 Die Kräter müßen damals noch nicht als Lügner berüchtiget gewesen sein,
weil Odüßeus der doch glauben finden wollte, sich in allen erdichteten Mähr- chen für einen Kräter ausgiebt. Dreizehnter Geſang. Wohnen, oder da hinten, gewandt zum naͤchtlichen Dunkel.Freilich iſt es rauh, und taugt nicht Roße zu tummeln; Doch ganz elend auch nicht, wiewohl es an Ebnen ihm mangelt. Reichlich gedeihet bei uns die Frucht des Feldes, und reichlich Lohnet der Wein; denn Regen und Thau befruchten das Erdreich. 245 Trefliche Ziegenweiden ſind hier, auch Weiden der Rinder; Waldungen jeglicher Art, und immerfließende Baͤche. Fremdling, Ithaka's Ruf iſt ſelbſt nach Troja gekommen; Und das, ſagen ſie, liegt ſehr fern vom achaiiſchen Lande! Alſo ſprach er; da freute der herliche Dulder Oduͤßeus 250 Ja von Ithaka hoͤrt' ich in Kraͤta's weitem Gefilde, V. 256 V. 256 Die Kraͤter muͤßen damals noch nicht als Luͤgner beruͤchtiget geweſen ſein,
weil Oduͤßeus der doch glauben finden wollte, ſich in allen erdichteten Maͤhr- chen fuͤr einen Kraͤter auſgiebt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0261" n="255"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Dreizehnter Geſang.</hi></fw><lb/> Wohnen, oder da hinten, gewandt zum naͤchtlichen Dunkel.<lb/> Freilich iſt es rauh, und taugt nicht Roße zu tummeln;<lb/> Doch ganz elend auch nicht, wiewohl es an Ebnen ihm mangelt.<lb/> Reichlich gedeihet bei uns die Frucht des Feldes, und reichlich<lb/> Lohnet der Wein; denn Regen und Thau befruchten das Erdreich. <note place="right">245</note><lb/> Trefliche Ziegenweiden ſind hier, auch Weiden der Rinder;<lb/> Waldungen jeglicher Art, und immerfließende Baͤche.<lb/> Fremdling, Ithaka's Ruf iſt ſelbſt nach Troja gekommen;<lb/> Und das, ſagen ſie, liegt ſehr fern vom achaiiſchen Lande!</p><lb/> <p>Alſo ſprach er; da freute der herliche Dulder Oduͤßeus <note place="right">250</note><lb/> Sich im innerſten Herzen des Vaterlandes, das jezo<lb/> Pallas Athaͤnaͤ ihm nannte, des Wetterleuchtenden Tochter.<lb/> Und er redte ſie an, und ſprach die gefluͤgelten Worte;<lb/> Doch vermied er die Wahrheit mit ſchlauabweichender Rede,<lb/> Und ſein erfindungsreicher Verſtand war in ſteter Bewegung: <note place="right">255</note></p><lb/> <p>Ja von Ithaka hoͤrt' ich in Kraͤta's weitem Gefilde, <note place="foot" n="V. 256">Die Kraͤter muͤßen damals noch nicht als Luͤgner beruͤchtiget geweſen ſein,<lb/> weil Oduͤßeus der doch glauben finden wollte, ſich in allen erdichteten Maͤhr-<lb/> chen fuͤr einen Kraͤter auſgiebt.</note><lb/> Ferne jenſeit des Meers. Nun komm' ich ſelber mit dieſem<lb/> Gute hieher, und ließ den Kindern noch eben ſo vieles,<lb/> Als ich entfloh. Ich nahm Idomeneus Sohne das Leben,<lb/> Jenem hurtigen Helden Orfilochos, welcher in Kraͤta <note place="right">260</note><lb/> Alle geuͤbteſten Laͤufer an Schnelle der Fuͤße beſiegte.<lb/> Denn er wollte mich ganz der troiſchen Beute berauben,<lb/> Derenthalb ich ſo viel unnennbare Leiden erduldet,<lb/> Blutige Schlachten der Maͤnner und tobende Fluten durchkaͤmpfend.<lb/> Weil ich ſeinen Vater zu dienen nimmer gewillfahrt, <note place="right">265</note><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [255/0261]
Dreizehnter Geſang.
Wohnen, oder da hinten, gewandt zum naͤchtlichen Dunkel.
Freilich iſt es rauh, und taugt nicht Roße zu tummeln;
Doch ganz elend auch nicht, wiewohl es an Ebnen ihm mangelt.
Reichlich gedeihet bei uns die Frucht des Feldes, und reichlich
Lohnet der Wein; denn Regen und Thau befruchten das Erdreich.
Trefliche Ziegenweiden ſind hier, auch Weiden der Rinder;
Waldungen jeglicher Art, und immerfließende Baͤche.
Fremdling, Ithaka's Ruf iſt ſelbſt nach Troja gekommen;
Und das, ſagen ſie, liegt ſehr fern vom achaiiſchen Lande!
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Alſo ſprach er; da freute der herliche Dulder Oduͤßeus
Sich im innerſten Herzen des Vaterlandes, das jezo
Pallas Athaͤnaͤ ihm nannte, des Wetterleuchtenden Tochter.
Und er redte ſie an, und ſprach die gefluͤgelten Worte;
Doch vermied er die Wahrheit mit ſchlauabweichender Rede,
Und ſein erfindungsreicher Verſtand war in ſteter Bewegung:
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Ja von Ithaka hoͤrt' ich in Kraͤta's weitem Gefilde, V. 256
Ferne jenſeit des Meers. Nun komm' ich ſelber mit dieſem
Gute hieher, und ließ den Kindern noch eben ſo vieles,
Als ich entfloh. Ich nahm Idomeneus Sohne das Leben,
Jenem hurtigen Helden Orfilochos, welcher in Kraͤta
Alle geuͤbteſten Laͤufer an Schnelle der Fuͤße beſiegte.
Denn er wollte mich ganz der troiſchen Beute berauben,
Derenthalb ich ſo viel unnennbare Leiden erduldet,
Blutige Schlachten der Maͤnner und tobende Fluten durchkaͤmpfend.
Weil ich ſeinen Vater zu dienen nimmer gewillfahrt,
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V. 256 Die Kraͤter muͤßen damals noch nicht als Luͤgner beruͤchtiget geweſen ſein,
weil Oduͤßeus der doch glauben finden wollte, ſich in allen erdichteten Maͤhr-
chen fuͤr einen Kraͤter auſgiebt.
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