Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.Elfter Gesang. Preise mir jezt nicht tröstend den Tod, ruhmvoller Odüßeus.Lieber möcht' ich fürwahr dem unbegüterten Meier, Der nur kümmerlich lebt, als Tagelöhner das Feld baun, 490 Als die ganze Schaar vermoderter Todten beherschen. Aber verkündige mir von meinem treflichen Sohne, Ob an der Spize des Heers er schaltete, oder daheim blieb. Melde mir auch, wo du Kunde vom großen Päleus vernahmest, Ob er noch weitgeehrt die Mürmidonen behersche, 495 Oder ob man ihn schon durch Hellas und Ftia verachte, Weil vor hohem Alter ihm Händ' und Schenkel erbeben. Denn ich wandle nicht mehr ein Helfer im Lichte der Sonnen, Wie ich war, da ich einst in Troja's weitem Gefilde, Für die Danaer streitend, die tapfersten Völker erlegte. 500 Käm' ich in jener Kraft nur ein wenig zum Hause des Vaters; Schaudern vor der Gewalt der unüberwundenen Hände Sollte, wer ihn antastet, des Königes Ehre zu rauben. Also sprach er; und ich antwortete wieder, und sagte: Elfter Geſang. Preiſe mir jezt nicht troͤſtend den Tod, ruhmvoller Oduͤßeus.Lieber moͤcht' ich fuͤrwahr dem unbeguͤterten Meier, Der nur kuͤmmerlich lebt, als Tageloͤhner das Feld baun, 490 Als die ganze Schaar vermoderter Todten beherſchen. Aber verkuͤndige mir von meinem treflichen Sohne, Ob an der Spize des Heers er ſchaltete, oder daheim blieb. Melde mir auch, wo du Kunde vom großen Paͤleus vernahmeſt, Ob er noch weitgeehrt die Muͤrmidonen beherſche, 495 Oder ob man ihn ſchon durch Hellas und Ftia verachte, Weil vor hohem Alter ihm Haͤnd' und Schenkel erbeben. Denn ich wandle nicht mehr ein Helfer im Lichte der Sonnen, Wie ich war, da ich einſt in Troja's weitem Gefilde, Fuͤr die Danaer ſtreitend, die tapferſten Voͤlker erlegte. 500 Kaͤm' ich in jener Kraft nur ein wenig zum Hauſe des Vaters; Schaudern vor der Gewalt der unuͤberwundenen Haͤnde Sollte, wer ihn antaſtet, des Koͤniges Ehre zu rauben. Alſo ſprach er; und ich antwortete wieder, und ſagte: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0229" n="223"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Elfter Geſang.</hi></fw><lb/> Preiſe mir jezt nicht troͤſtend den Tod, ruhmvoller Oduͤßeus.<lb/> Lieber moͤcht' ich fuͤrwahr dem unbeguͤterten Meier,<lb/> Der nur kuͤmmerlich lebt, als Tageloͤhner das Feld baun, <note place="right">490</note><lb/> Als die ganze Schaar vermoderter Todten beherſchen.<lb/> Aber verkuͤndige mir von meinem treflichen Sohne,<lb/> Ob an der Spize des Heers er ſchaltete, oder daheim blieb.<lb/> Melde mir auch, wo du Kunde vom großen Paͤleus vernahmeſt,<lb/> Ob er noch weitgeehrt die Muͤrmidonen beherſche, <note place="right">495</note><lb/> Oder ob man ihn ſchon durch Hellas und Ftia verachte,<lb/> Weil vor hohem Alter ihm Haͤnd' und Schenkel erbeben.<lb/> Denn ich wandle nicht mehr ein Helfer im Lichte der Sonnen,<lb/> Wie ich war, da ich einſt in Troja's weitem Gefilde,<lb/> Fuͤr die Danaer ſtreitend, die tapferſten Voͤlker erlegte. <note place="right">500</note><lb/> Kaͤm' ich in jener Kraft nur ein wenig zum Hauſe des Vaters;<lb/> Schaudern vor der Gewalt der unuͤberwundenen Haͤnde<lb/> Sollte, wer ihn antaſtet, des Koͤniges Ehre zu rauben.</p><lb/> <p>Alſo ſprach er; und ich antwortete wieder, und ſagte:<lb/> Keine Kunde hab' ich vom großen Paͤleus vernommen. <note place="right">505</note><lb/> Aber von deinem Sohn Neoptolemos, deinem Geliebten,<lb/> Will ich, wie du verlangſt, dir lautere Wahrheit verkuͤnden.<lb/> Denn ich ſelber hab' ihn im gleichgezimmerten Schiffe<lb/> Her von Skuͤros gebracht zu den ſchoͤngeharniſchten Griechen.<lb/> Wann wir Achaier vor Ilions Stadt uns ſezten zum Kriegsrath; <note place="right">510</note><lb/> Redet' er immer zuerſt, und ſprach nicht flatternde Worte:<lb/> Nur der goͤttliche Neſtor und ich beſiegten den Juͤngling.<lb/> Wann wir Achaier vor Ilions Stadt auszogen zur Feldſchlacht;<lb/> Blieb er nimmer im Schwarm, noch unter den Haufen der Heerſchaar:<lb/> Sondern er eilte vorauf mit freudiger Kuͤhnheit, und ſtuͤrzte <note place="right">515</note><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [223/0229]
Elfter Geſang.
Preiſe mir jezt nicht troͤſtend den Tod, ruhmvoller Oduͤßeus.
Lieber moͤcht' ich fuͤrwahr dem unbeguͤterten Meier,
Der nur kuͤmmerlich lebt, als Tageloͤhner das Feld baun,
Als die ganze Schaar vermoderter Todten beherſchen.
Aber verkuͤndige mir von meinem treflichen Sohne,
Ob an der Spize des Heers er ſchaltete, oder daheim blieb.
Melde mir auch, wo du Kunde vom großen Paͤleus vernahmeſt,
Ob er noch weitgeehrt die Muͤrmidonen beherſche,
Oder ob man ihn ſchon durch Hellas und Ftia verachte,
Weil vor hohem Alter ihm Haͤnd' und Schenkel erbeben.
Denn ich wandle nicht mehr ein Helfer im Lichte der Sonnen,
Wie ich war, da ich einſt in Troja's weitem Gefilde,
Fuͤr die Danaer ſtreitend, die tapferſten Voͤlker erlegte.
Kaͤm' ich in jener Kraft nur ein wenig zum Hauſe des Vaters;
Schaudern vor der Gewalt der unuͤberwundenen Haͤnde
Sollte, wer ihn antaſtet, des Koͤniges Ehre zu rauben.
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Alſo ſprach er; und ich antwortete wieder, und ſagte:
Keine Kunde hab' ich vom großen Paͤleus vernommen.
Aber von deinem Sohn Neoptolemos, deinem Geliebten,
Will ich, wie du verlangſt, dir lautere Wahrheit verkuͤnden.
Denn ich ſelber hab' ihn im gleichgezimmerten Schiffe
Her von Skuͤros gebracht zu den ſchoͤngeharniſchten Griechen.
Wann wir Achaier vor Ilions Stadt uns ſezten zum Kriegsrath;
Redet' er immer zuerſt, und ſprach nicht flatternde Worte:
Nur der goͤttliche Neſtor und ich beſiegten den Juͤngling.
Wann wir Achaier vor Ilions Stadt auszogen zur Feldſchlacht;
Blieb er nimmer im Schwarm, noch unter den Haufen der Heerſchaar:
Sondern er eilte vorauf mit freudiger Kuͤhnheit, und ſtuͤrzte
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