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Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.

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Odüßee.
Für den edlen Fremdling ist diese Feier, des Schiffes
Rüstung, und die Geschenke, die wir aus Freundschaft ihm geben. 545
Lieb wie ein Bruder ist ein hülfeflehender Fremdling
Jedem Manne, deß Herz auch nur ein wenig empfindet!
Drum verhehle mir nicht durch schlauersonnene Worte,
Was ich jezo dich frage. Auch dieses fodert der Wohlstand.
Sage, mit welchem Namen benennen dich Vater und Mutter, 550
Und die Bürger der Stadt, und welche rings dich umwohnen?
Denn ganz namenlos bleibt doch unter den Sterblichen Niemand,
Vornehm oder gering, wer einmal von Menschen gezeugt ward;
Sondern man nennet jeden, sobald ihn die Mutter geboren.
Sage mir auch dein Land, dein Volk und deine Geburtstadt; 555
Daß, dorthin die Gedanken gelenkt, die Schiffe dich bringen.
Denn der Faiaken Schiffe bedürfen keiner Piloten,
Nicht des Steuers einmal, wie die Schiffe der übrigen Völker;
Sondern sie wißen von selbst der Männer Gedanken und Willen,
Wißen nah und ferne die Städt' und fruchtbaren Länder 560
Jegliches Volks, und durchlaufen geschwinde die Fluten des Meeres,
Eingehüllt in Nebel und Nacht. Auch darf man nicht fürchten,
Daß das stürmende Meer sie beschädige oder verschlinge.
Nur erzählete mir mein Vater Nausithoos ehmals,
Daß uns Poseidaon der Erderschütterer zürne, 565
Weil wir ohne Gefahr jedweden zu Schiffe geleiten;
Dieser würde dereinst ein rüstiges Schiff der Faiaken,
Das vom Geleiten kehrte, im dunkelwogenden Meere
Plözlich verderben, und rings um die Stadt ein hohes Gebirg ziehn.
So weißagte der Greis; der Gott vollende nun solches, 570
Oder vollend' es nicht; wie es seinem Herzen gelüstet!

Oduͤßee.
Fuͤr den edlen Fremdling iſt dieſe Feier, des Schiffes
Ruͤſtung, und die Geſchenke, die wir aus Freundſchaft ihm geben. 545
Lieb wie ein Bruder iſt ein huͤlfeflehender Fremdling
Jedem Manne, deß Herz auch nur ein wenig empfindet!
Drum verhehle mir nicht durch ſchlauerſonnene Worte,
Was ich jezo dich frage. Auch dieſes fodert der Wohlſtand.
Sage, mit welchem Namen benennen dich Vater und Mutter, 550
Und die Buͤrger der Stadt, und welche rings dich umwohnen?
Denn ganz namenlos bleibt doch unter den Sterblichen Niemand,
Vornehm oder gering, wer einmal von Menſchen gezeugt ward;
Sondern man nennet jeden, ſobald ihn die Mutter geboren.
Sage mir auch dein Land, dein Volk und deine Geburtſtadt; 555
Daß, dorthin die Gedanken gelenkt, die Schiffe dich bringen.
Denn der Faiaken Schiffe beduͤrfen keiner Piloten,
Nicht des Steuers einmal, wie die Schiffe der uͤbrigen Voͤlker;
Sondern ſie wißen von ſelbſt der Maͤnner Gedanken und Willen,
Wißen nah und ferne die Staͤdt' und fruchtbaren Laͤnder 560
Jegliches Volks, und durchlaufen geſchwinde die Fluten des Meeres,
Eingehuͤllt in Nebel und Nacht. Auch darf man nicht fuͤrchten,
Daß das ſtuͤrmende Meer ſie beſchaͤdige oder verſchlinge.
Nur erzaͤhlete mir mein Vater Nauſithoos ehmals,
Daß uns Poſeidaon der Erderſchuͤtterer zuͤrne, 565
Weil wir ohne Gefahr jedweden zu Schiffe geleiten;
Dieſer wuͤrde dereinſt ein ruͤſtiges Schiff der Faiaken,
Das vom Geleiten kehrte, im dunkelwogenden Meere
Ploͤzlich verderben, und rings um die Stadt ein hohes Gebirg ziehn.
So weißagte der Greis; der Gott vollende nun ſolches, 570
Oder vollend' es nicht; wie es ſeinem Herzen geluͤſtet!

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[160/0166] Oduͤßee. Fuͤr den edlen Fremdling iſt dieſe Feier, des Schiffes Ruͤſtung, und die Geſchenke, die wir aus Freundſchaft ihm geben. Lieb wie ein Bruder iſt ein huͤlfeflehender Fremdling Jedem Manne, deß Herz auch nur ein wenig empfindet! Drum verhehle mir nicht durch ſchlauerſonnene Worte, Was ich jezo dich frage. Auch dieſes fodert der Wohlſtand. Sage, mit welchem Namen benennen dich Vater und Mutter, Und die Buͤrger der Stadt, und welche rings dich umwohnen? Denn ganz namenlos bleibt doch unter den Sterblichen Niemand, Vornehm oder gering, wer einmal von Menſchen gezeugt ward; Sondern man nennet jeden, ſobald ihn die Mutter geboren. Sage mir auch dein Land, dein Volk und deine Geburtſtadt; Daß, dorthin die Gedanken gelenkt, die Schiffe dich bringen. Denn der Faiaken Schiffe beduͤrfen keiner Piloten, Nicht des Steuers einmal, wie die Schiffe der uͤbrigen Voͤlker; Sondern ſie wißen von ſelbſt der Maͤnner Gedanken und Willen, Wißen nah und ferne die Staͤdt' und fruchtbaren Laͤnder Jegliches Volks, und durchlaufen geſchwinde die Fluten des Meeres, Eingehuͤllt in Nebel und Nacht. Auch darf man nicht fuͤrchten, Daß das ſtuͤrmende Meer ſie beſchaͤdige oder verſchlinge. Nur erzaͤhlete mir mein Vater Nauſithoos ehmals, Daß uns Poſeidaon der Erderſchuͤtterer zuͤrne, Weil wir ohne Gefahr jedweden zu Schiffe geleiten; Dieſer wuͤrde dereinſt ein ruͤſtiges Schiff der Faiaken, Das vom Geleiten kehrte, im dunkelwogenden Meere Ploͤzlich verderben, und rings um die Stadt ein hohes Gebirg ziehn. So weißagte der Greis; der Gott vollende nun ſolches, Oder vollend' es nicht; wie es ſeinem Herzen geluͤſtet! 545 550 555 560 565 570

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Zitationshilfe: Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/166>, abgerufen am 21.11.2024.