Als die Kämpfer ihr Herz mit den edlen Spielen erfreuet, Sprach Alkinoos Sohn Laodamas zu der Versammlung:
Freunde, kommt und fragt den Fremdling, ob er auch ehmals Kämpfe gelernt und versteht. Unedel ist seine Gestalt nicht, Seine Lenden und Schenkel, und beide nervichten Arme, 135 Und die hohe Brust, und der starke Nacken; auch Jugend Mangelt ihm nicht! Doch hat ihn vielleicht sein Leiden entkräftet; Denn nichts schrecklichers ist mir bekannt, als die Schrecken des Meeres, Einen Mann zu verwüsten, und wär' er auch noch so gewaltig.
Ihm antwortete drauf Eurüalos wieder, und sagte: 140 Wahrlich mit großem Rechte, Laodamas, hast du geredet. Gehe nun selbst, und fodre ihn auf, und reiz' ihn mit Worten!
Als der trefliche Sohn Alkinoos solches vernommen, Ging er schnell in die Mitte des Volks, und sprach zu Odüßeus!
Fremder Vater, auch du mußt dich in den Kämpfen versuchen, 145 Hast du deren gelernt; und sicher verstehst du den Wettkampf. Denn kein größerer Ruhm verschönt ja das Leben der Menschen, Als, den ihnen die Stärke der Händ' und Schenkel erstrebet. Auf denn, versuch es einmal, und wirf vom Herzen den Kummer. Deine Reise, die wird nicht lange mehr dauren; das Schiff ist 150 Schon ins Waßer gesenkt, und bereit sind deine Gefährten.
Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Odüßeus: Warum fodert ihr mich, Laodamas, höhnend zum Wettkampf? Meine Trübsal liegt mir näher am Herzen, als Kämpfe. Denn ich habe schon vieles erduldet, schon vieles erlitten; 155 Und nun siz' ich hier in eurer Heldenversammlung, Heimverlangend, und flehe dem König' und allen Faiaken.
K
Achter Geſang.
Als die Kaͤmpfer ihr Herz mit den edlen Spielen erfreuet, Sprach Alkinoos Sohn Laodamas zu der Verſammlung:
Freunde, kommt und fragt den Fremdling, ob er auch ehmals Kaͤmpfe gelernt und verſteht. Unedel iſt ſeine Geſtalt nicht, Seine Lenden und Schenkel, und beide nervichten Arme, 135 Und die hohe Bruſt, und der ſtarke Nacken; auch Jugend Mangelt ihm nicht! Doch hat ihn vielleicht ſein Leiden entkraͤftet; Denn nichts ſchrecklichers iſt mir bekannt, als die Schrecken des Meeres, Einen Mann zu verwuͤſten, und waͤr' er auch noch ſo gewaltig.
Ihm antwortete drauf Euruͤalos wieder, und ſagte: 140 Wahrlich mit großem Rechte, Laodamas, haſt du geredet. Gehe nun ſelbſt, und fodre ihn auf, und reiz' ihn mit Worten!
Als der trefliche Sohn Alkinoos ſolches vernommen, Ging er ſchnell in die Mitte des Volks, und ſprach zu Oduͤßeus!
Fremder Vater, auch du mußt dich in den Kaͤmpfen verſuchen, 145 Haſt du deren gelernt; und ſicher verſtehſt du den Wettkampf. Denn kein groͤßerer Ruhm verſchoͤnt ja das Leben der Menſchen, Als, den ihnen die Staͤrke der Haͤnd' und Schenkel erſtrebet. Auf denn, verſuch es einmal, und wirf vom Herzen den Kummer. Deine Reiſe, die wird nicht lange mehr dauren; das Schiff iſt 150 Schon ins Waßer geſenkt, und bereit ſind deine Gefaͤhrten.
Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: Warum fodert ihr mich, Laodamas, hoͤhnend zum Wettkampf? Meine Truͤbſal liegt mir naͤher am Herzen, als Kaͤmpfe. Denn ich habe ſchon vieles erduldet, ſchon vieles erlitten; 155 Und nun ſiz' ich hier in eurer Heldenverſammlung, Heimverlangend, und flehe dem Koͤnig' und allen Faiaken.
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Achter Geſang.
Als die Kaͤmpfer ihr Herz mit den edlen Spielen erfreuet,
Sprach Alkinoos Sohn Laodamas zu der Verſammlung:
Freunde, kommt und fragt den Fremdling, ob er auch ehmals
Kaͤmpfe gelernt und verſteht. Unedel iſt ſeine Geſtalt nicht,
Seine Lenden und Schenkel, und beide nervichten Arme,
Und die hohe Bruſt, und der ſtarke Nacken; auch Jugend
Mangelt ihm nicht! Doch hat ihn vielleicht ſein Leiden entkraͤftet;
Denn nichts ſchrecklichers iſt mir bekannt, als die Schrecken des Meeres,
Einen Mann zu verwuͤſten, und waͤr' er auch noch ſo gewaltig.
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Ihm antwortete drauf Euruͤalos wieder, und ſagte:
Wahrlich mit großem Rechte, Laodamas, haſt du geredet.
Gehe nun ſelbſt, und fodre ihn auf, und reiz' ihn mit Worten!
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Als der trefliche Sohn Alkinoos ſolches vernommen,
Ging er ſchnell in die Mitte des Volks, und ſprach zu Oduͤßeus!
Fremder Vater, auch du mußt dich in den Kaͤmpfen verſuchen,
Haſt du deren gelernt; und ſicher verſtehſt du den Wettkampf.
Denn kein groͤßerer Ruhm verſchoͤnt ja das Leben der Menſchen,
Als, den ihnen die Staͤrke der Haͤnd' und Schenkel erſtrebet.
Auf denn, verſuch es einmal, und wirf vom Herzen den Kummer.
Deine Reiſe, die wird nicht lange mehr dauren; das Schiff iſt
Schon ins Waßer geſenkt, und bereit ſind deine Gefaͤhrten.
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Ihm antwortete drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus:
Warum fodert ihr mich, Laodamas, hoͤhnend zum Wettkampf?
Meine Truͤbſal liegt mir naͤher am Herzen, als Kaͤmpfe.
Denn ich habe ſchon vieles erduldet, ſchon vieles erlitten;
Und nun ſiz' ich hier in eurer Heldenverſammlung,
Heimverlangend, und flehe dem Koͤnig' und allen Faiaken.
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Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/151>, abgerufen am 24.11.2024.
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