Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

Odüßee.
Nach des Königs Befehl, ans Ufer der wüsten Gewäßer.
Als sie jezo das Schiff am Strande des Meeres erreichten, 50
Zogen sie eilig das schwärzliche Schiff ins tiefe Gewäßer,
Trugen den Mast hinein und die Segel des schwärzlichen Schiffes,
Hängten darauf die Ruder in ihre ledernen Wirbel,
Alles, wie sichs gehört, und spannten die schimmernden Segel.
Und sie stellten das Schiff im hohen Waßer des Hafens, 55
Gingen dann in die Burg des weisen Faiakenbeherschers.

Alda wimmelten schon die Säle, die Hallen und Höfe
Von den versammelten Gästen; es kamen Jüngling' und Greise.
Aber Alkinoos gab der Schaar zwölf Schafe zum Opfer,
Acht weißzahnichte Schwein', und zween schwerwandelnde Stiere. 60
Diese zogen sie ab, und bereiteten hurtig das Gastmahl.

Jezo kam auch der Herold, und führte den lieblichen Sänger,
Diesen Vertrauten der Muse, dem Gutes und Böses verliehn ward;
Denn sie nahm ihm die Augen, und gab ihm süße Gesänge.
Und Pontonoos sezt' ihm den silberbeschlagenen Seßel, 65
Mitten unter den Gästen, an eine ragende Seule;
Hängte darauf an den Nagel die lieblichklingende Harfe
Ueber des Sängers Haupt, und führt' ihm die Hand, sie zu finden.
Vor ihn stellte der Herold den schönen Tisch und den Eßkorb,
Und den Becher voll Weins, zu trinken, wann ihm beliebte. 70
Und sie erhoben die Hände zum leckerbereiteten Mahle.

Aber als die Begierde des Tranks und der Speise gestillt war,
Trieb die Muse den Sänger, das Lob der Helden zu singen.
Aus dem Liede, deß Ruhm damals den Himmel erreichte,
Wählt' er Odüßeus Zank und des Päläiden Achilleus: 75
Wie sie einst mit einander am festlichen Mahle der Götter

Oduͤßee.
Nach des Koͤnigs Befehl, ans Ufer der wuͤſten Gewaͤßer.
Als ſie jezo das Schiff am Strande des Meeres erreichten, 50
Zogen ſie eilig das ſchwaͤrzliche Schiff ins tiefe Gewaͤßer,
Trugen den Maſt hinein und die Segel des ſchwaͤrzlichen Schiffes,
Haͤngten darauf die Ruder in ihre ledernen Wirbel,
Alles, wie ſichs gehoͤrt, und ſpannten die ſchimmernden Segel.
Und ſie ſtellten das Schiff im hohen Waßer des Hafens, 55
Gingen dann in die Burg des weiſen Faiakenbeherſchers.

Alda wimmelten ſchon die Saͤle, die Hallen und Hoͤfe
Von den verſammelten Gaͤſten; es kamen Juͤngling' und Greiſe.
Aber Alkinoos gab der Schaar zwoͤlf Schafe zum Opfer,
Acht weißzahnichte Schwein', und zween ſchwerwandelnde Stiere. 60
Dieſe zogen ſie ab, und bereiteten hurtig das Gaſtmahl.

Jezo kam auch der Herold, und fuͤhrte den lieblichen Saͤnger,
Dieſen Vertrauten der Muſe, dem Gutes und Boͤſes verliehn ward;
Denn ſie nahm ihm die Augen, und gab ihm ſuͤße Geſaͤnge.
Und Pontonoos ſezt' ihm den ſilberbeſchlagenen Seßel, 65
Mitten unter den Gaͤſten, an eine ragende Seule;
Haͤngte darauf an den Nagel die lieblichklingende Harfe
Ueber des Saͤngers Haupt, und fuͤhrt' ihm die Hand, ſie zu finden.
Vor ihn ſtellte der Herold den ſchoͤnen Tiſch und den Eßkorb,
Und den Becher voll Weins, zu trinken, wann ihm beliebte. 70
Und ſie erhoben die Haͤnde zum leckerbereiteten Mahle.

Aber als die Begierde des Tranks und der Speiſe geſtillt war,
Trieb die Muſe den Saͤnger, das Lob der Helden zu ſingen.
Aus dem Liede, deß Ruhm damals den Himmel erreichte,
Waͤhlt' er Oduͤßeus Zank und des Paͤlaͤiden Achilleus: 75
Wie ſie einſt mit einander am feſtlichen Mahle der Goͤtter

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0148" n="142"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Odu&#x0364;ßee.</hi></fw><lb/>
Nach des Ko&#x0364;nigs Befehl, ans Ufer der wu&#x0364;&#x017F;ten Gewa&#x0364;ßer.<lb/>
Als &#x017F;ie jezo das Schiff am Strande des Meeres erreichten, <note place="right">50</note><lb/>
Zogen &#x017F;ie eilig das &#x017F;chwa&#x0364;rzliche Schiff ins tiefe Gewa&#x0364;ßer,<lb/>
Trugen den Ma&#x017F;t hinein und die Segel des &#x017F;chwa&#x0364;rzlichen Schiffes,<lb/>
Ha&#x0364;ngten darauf die Ruder in ihre ledernen Wirbel,<lb/>
Alles, wie &#x017F;ichs geho&#x0364;rt, und &#x017F;pannten die &#x017F;chimmernden Segel.<lb/>
Und &#x017F;ie &#x017F;tellten das Schiff im hohen Waßer des Hafens, <note place="right">55</note><lb/>
Gingen dann in die Burg des wei&#x017F;en Faiakenbeher&#x017F;chers.</p><lb/>
        <p>Alda wimmelten &#x017F;chon die Sa&#x0364;le, die Hallen und Ho&#x0364;fe<lb/>
Von den ver&#x017F;ammelten Ga&#x0364;&#x017F;ten; es kamen Ju&#x0364;ngling' und Grei&#x017F;e.<lb/>
Aber Alkinoos gab der Schaar zwo&#x0364;lf Schafe zum Opfer,<lb/>
Acht weißzahnichte Schwein', und zween &#x017F;chwerwandelnde Stiere. <note place="right">60</note><lb/>
Die&#x017F;e zogen &#x017F;ie ab, und bereiteten hurtig das Ga&#x017F;tmahl.</p><lb/>
        <p>Jezo kam auch der Herold, und fu&#x0364;hrte den lieblichen Sa&#x0364;nger,<lb/>
Die&#x017F;en Vertrauten der Mu&#x017F;e, dem Gutes und Bo&#x0364;&#x017F;es verliehn ward;<lb/>
Denn &#x017F;ie nahm ihm die Augen, und gab ihm &#x017F;u&#x0364;ße Ge&#x017F;a&#x0364;nge.<lb/>
Und Pontonoos &#x017F;ezt' ihm den &#x017F;ilberbe&#x017F;chlagenen Seßel, <note place="right">65</note><lb/>
Mitten unter den Ga&#x0364;&#x017F;ten, an eine ragende Seule;<lb/>
Ha&#x0364;ngte darauf an den Nagel die lieblichklingende Harfe<lb/>
Ueber des Sa&#x0364;ngers Haupt, und fu&#x0364;hrt' ihm die Hand, &#x017F;ie zu finden.<lb/>
Vor ihn &#x017F;tellte der Herold den &#x017F;cho&#x0364;nen Ti&#x017F;ch und den Eßkorb,<lb/>
Und den Becher voll Weins, zu trinken, wann ihm beliebte. <note place="right">70</note><lb/>
Und &#x017F;ie erhoben die Ha&#x0364;nde zum leckerbereiteten Mahle.</p><lb/>
        <p>Aber als die Begierde des Tranks und der Spei&#x017F;e ge&#x017F;tillt war,<lb/>
Trieb die Mu&#x017F;e den Sa&#x0364;nger, das Lob der Helden zu &#x017F;ingen.<lb/>
Aus dem Liede, deß Ruhm damals den Himmel erreichte,<lb/>
Wa&#x0364;hlt' er Odu&#x0364;ßeus Zank und des Pa&#x0364;la&#x0364;iden Achilleus: <note place="right">75</note><lb/>
Wie &#x017F;ie ein&#x017F;t mit einander am fe&#x017F;tlichen Mahle der Go&#x0364;tter<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[142/0148] Oduͤßee. Nach des Koͤnigs Befehl, ans Ufer der wuͤſten Gewaͤßer. Als ſie jezo das Schiff am Strande des Meeres erreichten, Zogen ſie eilig das ſchwaͤrzliche Schiff ins tiefe Gewaͤßer, Trugen den Maſt hinein und die Segel des ſchwaͤrzlichen Schiffes, Haͤngten darauf die Ruder in ihre ledernen Wirbel, Alles, wie ſichs gehoͤrt, und ſpannten die ſchimmernden Segel. Und ſie ſtellten das Schiff im hohen Waßer des Hafens, Gingen dann in die Burg des weiſen Faiakenbeherſchers. 50 55 Alda wimmelten ſchon die Saͤle, die Hallen und Hoͤfe Von den verſammelten Gaͤſten; es kamen Juͤngling' und Greiſe. Aber Alkinoos gab der Schaar zwoͤlf Schafe zum Opfer, Acht weißzahnichte Schwein', und zween ſchwerwandelnde Stiere. Dieſe zogen ſie ab, und bereiteten hurtig das Gaſtmahl. 60 Jezo kam auch der Herold, und fuͤhrte den lieblichen Saͤnger, Dieſen Vertrauten der Muſe, dem Gutes und Boͤſes verliehn ward; Denn ſie nahm ihm die Augen, und gab ihm ſuͤße Geſaͤnge. Und Pontonoos ſezt' ihm den ſilberbeſchlagenen Seßel, Mitten unter den Gaͤſten, an eine ragende Seule; Haͤngte darauf an den Nagel die lieblichklingende Harfe Ueber des Saͤngers Haupt, und fuͤhrt' ihm die Hand, ſie zu finden. Vor ihn ſtellte der Herold den ſchoͤnen Tiſch und den Eßkorb, Und den Becher voll Weins, zu trinken, wann ihm beliebte. Und ſie erhoben die Haͤnde zum leckerbereiteten Mahle. 65 70 Aber als die Begierde des Tranks und der Speiſe geſtillt war, Trieb die Muſe den Saͤnger, das Lob der Helden zu ſingen. Aus dem Liede, deß Ruhm damals den Himmel erreichte, Waͤhlt' er Oduͤßeus Zank und des Paͤlaͤiden Achilleus: Wie ſie einſt mit einander am feſtlichen Mahle der Goͤtter 75

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/148
Zitationshilfe: Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/148>, abgerufen am 21.11.2024.