Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

noch nicht hinlänglich gereift war, das Gute
klar einzusehn. Man nannte die Tugend Stütze
der Gemeinsache, Ehre die des Alleinregiments.
Thörigter Irrwahn beide Begriffe zu scheiden.
Heil der Zeit, welche endlich einsah, Ehre könne
allein der Tugend Preis werden und Tugend
sei durchaus nichts anderes als Huldigung der
Vernunft.

Dann bedingt aber die Verfassung, durch sich
selbst, Volkswillen und Alleinherrschaft so verbun¬
den, daß der Mann auf der Spitze, jenen nach¬
drücklich ausspricht, und, wie er ihn von unten
herauf vernahm, ihn von oben hinunter in Er¬
füllung gehen läßt.

Es gab Zeiten wo die Fürsten sich freuten,
blindgehorsamen, vernunftarmen Sklaven zu ge¬
bieten. Jetzt, dem Himmel sei Dank, finden wir
nur Ehre darin, freien, edlen, verständigen Bür¬
gern vorzustehn. -- So sprach dieser Monarch.

Du wirst auf deiner weitern Reise Gelegen¬
heit finden, die Einrichtungen zu sehn, welche
nun in der monarchischen Republik gegründet
wurden, indem man unabläßig strebte, Tugend
und Ehre zu gatten, und zugleich die Volksin¬
telligenz und die Fürstenintelligenz erzog. Viel

Hohes,

noch nicht hinlaͤnglich gereift war, das Gute
klar einzuſehn. Man nannte die Tugend Stuͤtze
der Gemeinſache, Ehre die des Alleinregiments.
Thoͤrigter Irrwahn beide Begriffe zu ſcheiden.
Heil der Zeit, welche endlich einſah, Ehre koͤnne
allein der Tugend Preis werden und Tugend
ſei durchaus nichts anderes als Huldigung der
Vernunft.

Dann bedingt aber die Verfaſſung, durch ſich
ſelbſt, Volkswillen und Alleinherrſchaft ſo verbun¬
den, daß der Mann auf der Spitze, jenen nach¬
druͤcklich ausſpricht, und, wie er ihn von unten
herauf vernahm, ihn von oben hinunter in Er¬
fuͤllung gehen laͤßt.

Es gab Zeiten wo die Fuͤrſten ſich freuten,
blindgehorſamen, vernunftarmen Sklaven zu ge¬
bieten. Jetzt, dem Himmel ſei Dank, finden wir
nur Ehre darin, freien, edlen, verſtaͤndigen Buͤr¬
gern vorzuſtehn. — So ſprach dieſer Monarch.

Du wirſt auf deiner weitern Reiſe Gelegen¬
heit finden, die Einrichtungen zu ſehn, welche
nun in der monarchiſchen Republik gegruͤndet
wurden, indem man unablaͤßig ſtrebte, Tugend
und Ehre zu gatten, und zugleich die Volksin¬
telligenz und die Fuͤrſtenintelligenz erzog. Viel

Hohes,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0060" n="48"/>
noch nicht hinla&#x0364;nglich gereift war, das Gute<lb/>
klar einzu&#x017F;ehn. Man nannte die Tugend Stu&#x0364;tze<lb/>
der Gemein&#x017F;ache, Ehre die des Alleinregiments.<lb/>
Tho&#x0364;rigter Irrwahn beide Begriffe zu &#x017F;cheiden.<lb/>
Heil der Zeit, welche endlich ein&#x017F;ah, Ehre ko&#x0364;nne<lb/>
allein der Tugend Preis werden und Tugend<lb/>
&#x017F;ei durchaus nichts anderes als Huldigung der<lb/>
Vernunft.</p><lb/>
          <p>Dann bedingt aber die Verfa&#x017F;&#x017F;ung, durch &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t, Volkswillen und Alleinherr&#x017F;chaft &#x017F;o verbun¬<lb/>
den, daß der Mann auf der Spitze, jenen nach¬<lb/>
dru&#x0364;cklich aus&#x017F;pricht, und, wie er ihn von unten<lb/>
herauf vernahm, ihn von oben hinunter in Er¬<lb/>
fu&#x0364;llung gehen la&#x0364;ßt.</p><lb/>
          <p>Es gab Zeiten wo die Fu&#x0364;r&#x017F;ten &#x017F;ich freuten,<lb/>
blindgehor&#x017F;amen, vernunftarmen Sklaven zu ge¬<lb/>
bieten. Jetzt, dem Himmel &#x017F;ei Dank, finden wir<lb/>
nur Ehre darin, freien, edlen, ver&#x017F;ta&#x0364;ndigen Bu&#x0364;<lb/>
gern vorzu&#x017F;tehn. &#x2014; So &#x017F;prach die&#x017F;er Monarch.</p><lb/>
          <p>Du wir&#x017F;t auf deiner weitern Rei&#x017F;e Gelegen¬<lb/>
heit finden, die Einrichtungen zu &#x017F;ehn, welche<lb/>
nun in der monarchi&#x017F;chen Republik gegru&#x0364;ndet<lb/>
wurden, indem man unabla&#x0364;ßig &#x017F;trebte, Tugend<lb/>
und Ehre zu gatten, und zugleich die Volksin¬<lb/>
telligenz und die Fu&#x0364;r&#x017F;tenintelligenz erzog. Viel<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Hohes,<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[48/0060] noch nicht hinlaͤnglich gereift war, das Gute klar einzuſehn. Man nannte die Tugend Stuͤtze der Gemeinſache, Ehre die des Alleinregiments. Thoͤrigter Irrwahn beide Begriffe zu ſcheiden. Heil der Zeit, welche endlich einſah, Ehre koͤnne allein der Tugend Preis werden und Tugend ſei durchaus nichts anderes als Huldigung der Vernunft. Dann bedingt aber die Verfaſſung, durch ſich ſelbſt, Volkswillen und Alleinherrſchaft ſo verbun¬ den, daß der Mann auf der Spitze, jenen nach¬ druͤcklich ausſpricht, und, wie er ihn von unten herauf vernahm, ihn von oben hinunter in Er¬ fuͤllung gehen laͤßt. Es gab Zeiten wo die Fuͤrſten ſich freuten, blindgehorſamen, vernunftarmen Sklaven zu ge¬ bieten. Jetzt, dem Himmel ſei Dank, finden wir nur Ehre darin, freien, edlen, verſtaͤndigen Buͤr¬ gern vorzuſtehn. — So ſprach dieſer Monarch. Du wirſt auf deiner weitern Reiſe Gelegen¬ heit finden, die Einrichtungen zu ſehn, welche nun in der monarchiſchen Republik gegruͤndet wurden, indem man unablaͤßig ſtrebte, Tugend und Ehre zu gatten, und zugleich die Volksin¬ telligenz und die Fuͤrſtenintelligenz erzog. Viel Hohes,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/60
Zitationshilfe: Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/60>, abgerufen am 23.11.2024.