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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810.

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habe gewinnen, und ihm mit so vieler Sach¬
kunde und Geistesgegenwart habe entsprechen
können. Er begriff auch gar wohl, wie ohne
die schnell beherzte Entscheidung, noch mehr Le¬
ben würde gefallen sein. Guido wurde mit Lob
überhäuft, und auf allen Fahrzeugen rühmte
das eilig umlaufende Gerücht, den kühnen, wei¬
sen Jüngling. Er bewährte sein Genie auch
noch höher, indem er in der That die Erfin¬
dung machte, welche, so lange sie dem Feinde un¬
bekannt blieb, ein entschieden Uebergewicht im
Kampf begründete, und die lange vergeblich ge¬
wünscht worden war. Sie bestand in einer ein¬
fachen, doch höchst wirksamen und wohlberech¬
neten mechanischen Vorrichtung, mittelst der
man, ohne es selbst zu verlieren, einem feind¬
lichen Schiffe das Gleichgewicht rauben, und es
rettungslos umwerfen konnte. Als ein Geheim¬
niß vertraute er seine Theorie dem staunenden
Admiral. Dieser fand sie so wichtig, daß er so¬
gleich die weiteren Uebungen aufhob, um nach
London zurückzusegeln.

Dort angekommen, ward Guido eingeladen,
vor einem engeren Ausschuß der oberen Leitung
der Seemacht, Versuche mit der anzufertigenden

habe gewinnen, und ihm mit ſo vieler Sach¬
kunde und Geiſtesgegenwart habe entſprechen
koͤnnen. Er begriff auch gar wohl, wie ohne
die ſchnell beherzte Entſcheidung, noch mehr Le¬
ben wuͤrde gefallen ſein. Guido wurde mit Lob
uͤberhaͤuft, und auf allen Fahrzeugen ruͤhmte
das eilig umlaufende Geruͤcht, den kuͤhnen, wei¬
ſen Juͤngling. Er bewaͤhrte ſein Genie auch
noch hoͤher, indem er in der That die Erfin¬
dung machte, welche, ſo lange ſie dem Feinde un¬
bekannt blieb, ein entſchieden Uebergewicht im
Kampf begruͤndete, und die lange vergeblich ge¬
wuͤnſcht worden war. Sie beſtand in einer ein¬
fachen, doch hoͤchſt wirkſamen und wohlberech¬
neten mechaniſchen Vorrichtung, mittelſt der
man, ohne es ſelbſt zu verlieren, einem feind¬
lichen Schiffe das Gleichgewicht rauben, und es
rettungslos umwerfen konnte. Als ein Geheim¬
niß vertraute er ſeine Theorie dem ſtaunenden
Admiral. Dieſer fand ſie ſo wichtig, daß er ſo¬
gleich die weiteren Uebungen aufhob, um nach
London zuruͤckzuſegeln.

Dort angekommen, ward Guido eingeladen,
vor einem engeren Ausſchuß der oberen Leitung
der Seemacht, Verſuche mit der anzufertigenden

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[286/0298] habe gewinnen, und ihm mit ſo vieler Sach¬ kunde und Geiſtesgegenwart habe entſprechen koͤnnen. Er begriff auch gar wohl, wie ohne die ſchnell beherzte Entſcheidung, noch mehr Le¬ ben wuͤrde gefallen ſein. Guido wurde mit Lob uͤberhaͤuft, und auf allen Fahrzeugen ruͤhmte das eilig umlaufende Geruͤcht, den kuͤhnen, wei¬ ſen Juͤngling. Er bewaͤhrte ſein Genie auch noch hoͤher, indem er in der That die Erfin¬ dung machte, welche, ſo lange ſie dem Feinde un¬ bekannt blieb, ein entſchieden Uebergewicht im Kampf begruͤndete, und die lange vergeblich ge¬ wuͤnſcht worden war. Sie beſtand in einer ein¬ fachen, doch hoͤchſt wirkſamen und wohlberech¬ neten mechaniſchen Vorrichtung, mittelſt der man, ohne es ſelbſt zu verlieren, einem feind¬ lichen Schiffe das Gleichgewicht rauben, und es rettungslos umwerfen konnte. Als ein Geheim¬ niß vertraute er ſeine Theorie dem ſtaunenden Admiral. Dieſer fand ſie ſo wichtig, daß er ſo¬ gleich die weiteren Uebungen aufhob, um nach London zuruͤckzuſegeln. Dort angekommen, ward Guido eingeladen, vor einem engeren Ausſchuß der oberen Leitung der Seemacht, Verſuche mit der anzufertigenden

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Zitationshilfe: Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/298>, abgerufen am 25.11.2024.