Guido empfand die Unbehaglichkeit eben nicht, doch dem schwächeren Greis nachgebend, folgte er willig.
Sie traten am Abend in ein geräumig Haus, dessen Zimmer trefflich durch Oefen erwärmt und artig verziert waren. Willst du nicht deine Be¬ merkungen über die Reise aufzeichnen, und die Geschichte deines Feldzugs? fragte Gelino. Der Jüngling dankte ihm für die Erinnerung, und eilte um so eher zu schreiben, weil ernsthaftere Beschäftigungen dem eben gefaßten Vorhaben entsprachen. Mit Ausnahme eines kurzen Schlafs, und einer Stunde beim Mahl, wich er nicht von seiner Arbeit. Einigemal ward er darin ge¬ stört, weil ihm dünkte, das Haus bewege sich. sollte das ein Erdbeben sein? fragte er den Lehrer. Weiß man denn hier nicht, wie in Ita¬ lien, die Zeit und die Stärke einer solchen Na¬ turerscheinung zu berechnen, oder sie abzuwen¬ den von den Städten, mittelst tief gewühlter Brunnen, durch welche das tiefe Feuer einen Ausweg findet?
Sei unbesorgt, erwiederte Gelino, hier sind die Erdbeben selten, und träte ja der Fall ein, würden die Naturkundigen schon zeitig warnen.
Guido empfand die Unbehaglichkeit eben nicht, doch dem ſchwaͤcheren Greis nachgebend, folgte er willig.
Sie traten am Abend in ein geraͤumig Haus, deſſen Zimmer trefflich durch Oefen erwaͤrmt und artig verziert waren. Willſt du nicht deine Be¬ merkungen uͤber die Reiſe aufzeichnen, und die Geſchichte deines Feldzugs? fragte Gelino. Der Juͤngling dankte ihm fuͤr die Erinnerung, und eilte um ſo eher zu ſchreiben, weil ernſthaftere Beſchaͤftigungen dem eben gefaßten Vorhaben entſprachen. Mit Ausnahme eines kurzen Schlafs, und einer Stunde beim Mahl, wich er nicht von ſeiner Arbeit. Einigemal ward er darin ge¬ ſtoͤrt, weil ihm duͤnkte, das Haus bewege ſich. ſollte das ein Erdbeben ſein? fragte er den Lehrer. Weiß man denn hier nicht, wie in Ita¬ lien, die Zeit und die Staͤrke einer ſolchen Na¬ turerſcheinung zu berechnen, oder ſie abzuwen¬ den von den Staͤdten, mittelſt tief gewuͤhlter Brunnen, durch welche das tiefe Feuer einen Ausweg findet?
Sei unbeſorgt, erwiederte Gelino, hier ſind die Erdbeben ſelten, und traͤte ja der Fall ein, wuͤrden die Naturkundigen ſchon zeitig warnen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0142"n="130"/><p>Guido empfand die Unbehaglichkeit eben nicht,<lb/>
doch dem ſchwaͤcheren Greis nachgebend, folgte<lb/>
er willig.</p><lb/><p>Sie traten am Abend in ein geraͤumig Haus,<lb/>
deſſen Zimmer trefflich durch Oefen erwaͤrmt und<lb/>
artig verziert waren. Willſt du nicht deine Be¬<lb/>
merkungen uͤber die Reiſe aufzeichnen, und die<lb/>
Geſchichte deines Feldzugs? fragte Gelino. Der<lb/>
Juͤngling dankte ihm fuͤr die Erinnerung, und<lb/>
eilte um ſo eher zu ſchreiben, weil ernſthaftere<lb/>
Beſchaͤftigungen dem eben gefaßten Vorhaben<lb/>
entſprachen. Mit Ausnahme eines kurzen Schlafs,<lb/>
und einer Stunde beim Mahl, wich er nicht<lb/>
von ſeiner Arbeit. Einigemal ward er darin ge¬<lb/>ſtoͤrt, weil ihm duͤnkte, das Haus bewege ſich.<lb/>ſollte das ein Erdbeben ſein? fragte er den<lb/>
Lehrer. Weiß man denn hier nicht, wie in Ita¬<lb/>
lien, die Zeit und die Staͤrke einer ſolchen Na¬<lb/>
turerſcheinung zu berechnen, oder ſie abzuwen¬<lb/>
den von den Staͤdten, mittelſt tief gewuͤhlter<lb/>
Brunnen, durch welche das tiefe Feuer einen<lb/>
Ausweg findet?</p><lb/><p>Sei unbeſorgt, erwiederte Gelino, hier ſind<lb/>
die Erdbeben ſelten, und traͤte ja der Fall ein,<lb/>
wuͤrden die Naturkundigen ſchon zeitig warnen.<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[130/0142]
Guido empfand die Unbehaglichkeit eben nicht,
doch dem ſchwaͤcheren Greis nachgebend, folgte
er willig.
Sie traten am Abend in ein geraͤumig Haus,
deſſen Zimmer trefflich durch Oefen erwaͤrmt und
artig verziert waren. Willſt du nicht deine Be¬
merkungen uͤber die Reiſe aufzeichnen, und die
Geſchichte deines Feldzugs? fragte Gelino. Der
Juͤngling dankte ihm fuͤr die Erinnerung, und
eilte um ſo eher zu ſchreiben, weil ernſthaftere
Beſchaͤftigungen dem eben gefaßten Vorhaben
entſprachen. Mit Ausnahme eines kurzen Schlafs,
und einer Stunde beim Mahl, wich er nicht
von ſeiner Arbeit. Einigemal ward er darin ge¬
ſtoͤrt, weil ihm duͤnkte, das Haus bewege ſich.
ſollte das ein Erdbeben ſein? fragte er den
Lehrer. Weiß man denn hier nicht, wie in Ita¬
lien, die Zeit und die Staͤrke einer ſolchen Na¬
turerſcheinung zu berechnen, oder ſie abzuwen¬
den von den Staͤdten, mittelſt tief gewuͤhlter
Brunnen, durch welche das tiefe Feuer einen
Ausweg findet?
Sei unbeſorgt, erwiederte Gelino, hier ſind
die Erdbeben ſelten, und traͤte ja der Fall ein,
wuͤrden die Naturkundigen ſchon zeitig warnen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/142>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.