übungen, während vieler Jahre, keinen Tadel verwirkt haben. Sie mußten aus den Schulen ihrer Theorien, welche sich bei den Heeren be¬ fanden, vortheilhafte Zeugnisse mitbringen. Sie mußten dann eine Zeitlang dort selbst den Lehr¬ stuhl besteigen, denn man wußte gar wohl, wie auch der beste Kopf lehrend am meisten lernt. Sie mußten in gehaltvollen Schriften beweisen, daß sie die Kriegskunst nicht nur ihrem Umfange, und ihren einzelnen Abtheilungen nach, ergrün¬ dend verständen, sondern daß sie sie auch mit neueren Ansichten zu bereichern wüßten. Gute Erfindungen, durch welche das Heer einen wahr¬ haften Vortheil über die der Nachbaren errang, gaben endlich den Ausschlag, der Zahl derer bei¬ gesellt zu werden, aus welcher man Heerführer wählte.
Dies geschah aber von Seiten des Heeres selbst. Die meisten Stimmen, im Geheim er¬ theilt, entschieden. So konnten keine unreine Mittel angewandt werden, ein solches Amt zu erlangen. Auch war es nicht ausführlich, Hun¬ derttausend Mann zu bestechen. Nur ächte, keine Scheingenialität, konnte wohl mit ihrem Rufe so weit dringen, daß die Mehrheit einer solchen
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uͤbungen, waͤhrend vieler Jahre, keinen Tadel verwirkt haben. Sie mußten aus den Schulen ihrer Theorien, welche ſich bei den Heeren be¬ fanden, vortheilhafte Zeugniſſe mitbringen. Sie mußten dann eine Zeitlang dort ſelbſt den Lehr¬ ſtuhl beſteigen, denn man wußte gar wohl, wie auch der beſte Kopf lehrend am meiſten lernt. Sie mußten in gehaltvollen Schriften beweiſen, daß ſie die Kriegskunſt nicht nur ihrem Umfange, und ihren einzelnen Abtheilungen nach, ergruͤn¬ dend verſtaͤnden, ſondern daß ſie ſie auch mit neueren Anſichten zu bereichern wuͤßten. Gute Erfindungen, durch welche das Heer einen wahr¬ haften Vortheil uͤber die der Nachbaren errang, gaben endlich den Ausſchlag, der Zahl derer bei¬ geſellt zu werden, aus welcher man Heerfuͤhrer waͤhlte.
Dies geſchah aber von Seiten des Heeres ſelbſt. Die meiſten Stimmen, im Geheim er¬ theilt, entſchieden. So konnten keine unreine Mittel angewandt werden, ein ſolches Amt zu erlangen. Auch war es nicht ausfuͤhrlich, Hun¬ derttauſend Mann zu beſtechen. Nur aͤchte, keine Scheingenialitaͤt, konnte wohl mit ihrem Rufe ſo weit dringen, daß die Mehrheit einer ſolchen
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uͤbungen, waͤhrend vieler Jahre, keinen Tadel
verwirkt haben. Sie mußten aus den Schulen
ihrer Theorien, welche ſich bei den Heeren be¬
fanden, vortheilhafte Zeugniſſe mitbringen. Sie
mußten dann eine Zeitlang dort ſelbſt den Lehr¬
ſtuhl beſteigen, denn man wußte gar wohl, wie
auch der beſte Kopf lehrend am meiſten lernt.
Sie mußten in gehaltvollen Schriften beweiſen,
daß ſie die Kriegskunſt nicht nur ihrem Umfange,
und ihren einzelnen Abtheilungen nach, ergruͤn¬
dend verſtaͤnden, ſondern daß ſie ſie auch mit
neueren Anſichten zu bereichern wuͤßten. Gute
Erfindungen, durch welche das Heer einen wahr¬
haften Vortheil uͤber die der Nachbaren errang,
gaben endlich den Ausſchlag, der Zahl derer bei¬
geſellt zu werden, aus welcher man Heerfuͤhrer
waͤhlte.
Dies geſchah aber von Seiten des Heeres
ſelbſt. Die meiſten Stimmen, im Geheim er¬
theilt, entſchieden. So konnten keine unreine
Mittel angewandt werden, ein ſolches Amt zu
erlangen. Auch war es nicht ausfuͤhrlich, Hun¬
derttauſend Mann zu beſtechen. Nur aͤchte, keine
Scheingenialitaͤt, konnte wohl mit ihrem Rufe
ſo weit dringen, daß die Mehrheit einer ſolchen
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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/109>, abgerufen am 24.11.2024.
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