Wer aber noch länger zu weilen Lust zeigte, trat ins große Heer, wo sein Dienst zehn Jahre währte. Nach dieser Zeit ging er zu den Vete¬ ranen, welche entweder die Besatzung der Festen bildeten, oder der Uebung junger Rekruten ob¬ lagen. Denn es galt der Grundsatz: kein Krie¬ ger im offenen Felde dürfe mehr als dreißig Jahre zählen. Man kannte den leichten, die Gefahr höhnenden Sinn, welcher allein mit der Jugendkraft verbunden ist. Nothfällen blieben Ausnahmen vorbehalten.
Die Beförderung zu höheren Stellen bestimmte die Dienstzeit. Im Frieden ward dies durchaus nicht abgeändert, eine Auszeichnung war da sel¬ ten, weil alle ebenmäßig gebildet wurden. Im Kriege galten Großthaten Pflicht, und die Vor¬ aussetzung, Niemand werde ihrer ermangeln, wenn ihm die Gelegenheit winkte. Es ist schlimm, sagte man, von Verdienst zu reden. Die Abwesenheit desselben bei Vielen, wird still¬ schweigend eingestanden, wenn des Einzelnen Lob darum ertönt.
Doch Anführer großer Heerhaufen wurden nach Maaßgabe des höheren Genies ausgewählt, das sie beurkundeten. Sie mußten in den Kriegs¬
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Wer aber noch laͤnger zu weilen Luſt zeigte, trat ins große Heer, wo ſein Dienſt zehn Jahre waͤhrte. Nach dieſer Zeit ging er zu den Vete¬ ranen, welche entweder die Beſatzung der Feſten bildeten, oder der Uebung junger Rekruten ob¬ lagen. Denn es galt der Grundſatz: kein Krie¬ ger im offenen Felde duͤrfe mehr als dreißig Jahre zaͤhlen. Man kannte den leichten, die Gefahr hoͤhnenden Sinn, welcher allein mit der Jugendkraft verbunden iſt. Nothfaͤllen blieben Ausnahmen vorbehalten.
Die Befoͤrderung zu hoͤheren Stellen beſtimmte die Dienſtzeit. Im Frieden ward dies durchaus nicht abgeaͤndert, eine Auszeichnung war da ſel¬ ten, weil alle ebenmaͤßig gebildet wurden. Im Kriege galten Großthaten Pflicht, und die Vor¬ ausſetzung, Niemand werde ihrer ermangeln, wenn ihm die Gelegenheit winkte. Es iſt ſchlimm, ſagte man, von Verdienſt zu reden. Die Abweſenheit deſſelben bei Vielen, wird ſtill¬ ſchweigend eingeſtanden, wenn des Einzelnen Lob darum ertoͤnt.
Doch Anfuͤhrer großer Heerhaufen wurden nach Maaßgabe des hoͤheren Genies ausgewaͤhlt, das ſie beurkundeten. Sie mußten in den Kriegs¬
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Wer aber noch laͤnger zu weilen Luſt zeigte,
trat ins große Heer, wo ſein Dienſt zehn Jahre
waͤhrte. Nach dieſer Zeit ging er zu den Vete¬
ranen, welche entweder die Beſatzung der Feſten
bildeten, oder der Uebung junger Rekruten ob¬
lagen. Denn es galt der Grundſatz: kein Krie¬
ger im offenen Felde duͤrfe mehr als dreißig
Jahre zaͤhlen. Man kannte den leichten, die
Gefahr hoͤhnenden Sinn, welcher allein mit der
Jugendkraft verbunden iſt. Nothfaͤllen blieben
Ausnahmen vorbehalten.
Die Befoͤrderung zu hoͤheren Stellen beſtimmte
die Dienſtzeit. Im Frieden ward dies durchaus
nicht abgeaͤndert, eine Auszeichnung war da ſel¬
ten, weil alle ebenmaͤßig gebildet wurden. Im
Kriege galten Großthaten Pflicht, und die Vor¬
ausſetzung, Niemand werde ihrer ermangeln,
wenn ihm die Gelegenheit winkte. Es iſt
ſchlimm, ſagte man, von Verdienſt zu reden.
Die Abweſenheit deſſelben bei Vielen, wird ſtill¬
ſchweigend eingeſtanden, wenn des Einzelnen
Lob darum ertoͤnt.
Doch Anfuͤhrer großer Heerhaufen wurden
nach Maaßgabe des hoͤheren Genies ausgewaͤhlt,
das ſie beurkundeten. Sie mußten in den Kriegs¬
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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/108>, abgerufen am 24.11.2024.
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