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Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874.

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unversehrt und setzten, unter Bewältigung der ihnen entgegentretenden Hindernisse, ihre Nachkommenschaft, ihre weitere Bildung und Veredlung glücklich fort, von Epoche zu Epoche ihre Eigenthümlichkeiten entwickelnd, abwandelnd und ihre Formen umgestaltend. Die Wahl ihrer Geselligkeit führte diese und jene Geschöpfe zur Züchtung, nämlich zu einer vortheilhafteren Fortpflanzung, wodurch sie unter ihres Gleichen eines höheren Ranges theilhaftig wurden, einerseits eine grössere Sicherheit für ihr Fortbestehen, andererseits die Möglichkeit zu einer immer schöneren Entfaltung ihrer Anlagen empfingen. Daraus entsprangen auch mannigfaltige Unterschiede unter solchen Arten, die eigentlich nicht verschieden waren.

Der Laie hat keine Veranlassung, das Darwin'sche System an diesem Orte sorgfältiger zu schildern und näher zu beleuchten. Es kommt für ihn ebenso wenig darauf an, das Ganze wie die Einzelnheiten schon als sicher und erwiesen hinzunehmen. Aber es kann dem vorsichtigen Urtheiler keineswegs entgehen, dass die Riesenaufgabe nicht erschöpft ist, sondern dass mancherlei Lücken in jener ebenso sinnreichen als verwickelten Darstellung dieses Naturgebietes sich herausstellen, und dass nach mehrfacher Seite hin allerlei Bedenken erwachen, die selbst diesem und jenem erprobten Fachkenner und Mitforscher ein schwerer Stein des Anstosses sind. So hat denn schon Agassiz die Möglichkeit zurückgewiesen, dass eine Eigenart aus einer andern Eigenart entstehen könne: er hat die ganze Untersuchung Darwins und seiner Mitstreiter einen wissenschaftlichen Missgriff gescholten, der sehr nachtheilig wirken müsse. Der letztere Vorwurf dürfte sich jedoch als ein unverdienter ausweisen. Denn es ist leicht möglich, dass die Mängel der Darwin'schen Lehre sich durch spätere Berichtigungen ausgleichen lassen, und dass man den Fingerzeig findet, der schliesslich auf den rechten Weg hingeleitet.

Was uns an dem neuen System auffällt, ist Folgendes. Darwin hat angenommen, dass die ursprüngliche Erzeugung der freien Organismen (wenn wir so sagen dürfen), die erste Erzeugung derselben, aus etlichen wenigen Zellen vor sich gegangen sei; fabelte man doch früher sogar blos von einer einzigen Zelle! Beweisen lässt sich die Sache nicht, der grosse Gelehrte stellt eine wohlbedachte Hypothese auf. Wenn es indessen für die Richtigkeit einer Hypothese spricht, dass ihre Grundlage durchweg eine nothwendige sei, eine solche, die es gestattet, eine Menge weiterer Folgerungen mit Recht an sie anzuknüpfen und dieselben ebenso sicher festzustellen, so scheint es im vorliegenden Falle hier und da etwas misslich auszusehen. Vor Allem fühlt man sich versucht, die Voraussetzung, dass äusserst wenige ursprüngliche Zellen genügten, für eine willkürliche und an sich unwahrscheinliche Annahme zu halten. Warum sollen denn nicht mehr als etwa ein Halbdutzend Zellen das erstaunliche und unermessliche Werk begonnen haben? Warum nicht eine weit grössere Menge derselben? Der Erdkörper mit der Mutter Sonne fing seine erste natürliche Fruchtbarkeit schwerlich mit etlichen zerstreuten Urzellen an; eine solche Beschränkung der Macht darf man, weil es nicht den geringsten Grund dafür giebt, der Natur nicht zumuthen und aufbürden; denn das hiesse nichts anderes, als einen winzigen und blos menschlichen Massstab an das Unendliche anlegen. Wahrscheinlicher ist es bei den allmächtigen Kräften, die wir der Natur zutrauen müssen, weil sie unerschöpflich und unberechenbar wirkt, dass auf allen Punkten der Erdenmaterie, im Bereich des Festlandes wie im Wasser, unter mehr oder weniger günstigen Verhältnissen, eine Unzahl von Zellen nebeneinander und ziemlich zu gleicher Zeit sich gebildet und entwickelt habe. Wäre es wenigstens nicht einigermassen geboten, für die entschiedenen Eigenarten der Organismen, so weit sie uns als solche bekannt geworden sind, auch ebenso viele verschiedene Urzellen anzunehmen,

unversehrt und setzten, unter Bewältigung der ihnen entgegentretenden Hindernisse, ihre Nachkommenschaft, ihre weitere Bildung und Veredlung glücklich fort, von Epoche zu Epoche ihre Eigenthümlichkeiten entwickelnd, abwandelnd und ihre Formen umgestaltend. Die Wahl ihrer Geselligkeit führte diese und jene Geschöpfe zur Züchtung, nämlich zu einer vortheilhafteren Fortpflanzung, wodurch sie unter ihres Gleichen eines höheren Ranges theilhaftig wurden, einerseits eine grössere Sicherheit für ihr Fortbestehen, andererseits die Möglichkeit zu einer immer schöneren Entfaltung ihrer Anlagen empfingen. Daraus entsprangen auch mannigfaltige Unterschiede unter solchen Arten, die eigentlich nicht verschieden waren.

Der Laie hat keine Veranlassung, das Darwin'sche System an diesem Orte sorgfältiger zu schildern und näher zu beleuchten. Es kommt für ihn ebenso wenig darauf an, das Ganze wie die Einzelnheiten schon als sicher und erwiesen hinzunehmen. Aber es kann dem vorsichtigen Urtheiler keineswegs entgehen, dass die Riesenaufgabe nicht erschöpft ist, sondern dass mancherlei Lücken in jener ebenso sinnreichen als verwickelten Darstellung dieses Naturgebietes sich herausstellen, und dass nach mehrfacher Seite hin allerlei Bedenken erwachen, die selbst diesem und jenem erprobten Fachkenner und Mitforscher ein schwerer Stein des Anstosses sind. So hat denn schon Agassiz die Möglichkeit zurückgewiesen, dass eine Eigenart aus einer andern Eigenart entstehen könne: er hat die ganze Untersuchung Darwins und seiner Mitstreiter einen wissenschaftlichen Missgriff gescholten, der sehr nachtheilig wirken müsse. Der letztere Vorwurf dürfte sich jedoch als ein unverdienter ausweisen. Denn es ist leicht möglich, dass die Mängel der Darwin'schen Lehre sich durch spätere Berichtigungen ausgleichen lassen, und dass man den Fingerzeig findet, der schliesslich auf den rechten Weg hingeleitet.

Was uns an dem neuen System auffällt, ist Folgendes. Darwin hat angenommen, dass die ursprüngliche Erzeugung der freien Organismen (wenn wir so sagen dürfen), die erste Erzeugung derselben, aus etlichen wenigen Zellen vor sich gegangen sei; fabelte man doch früher sogar blos von einer einzigen Zelle! Beweisen lässt sich die Sache nicht, der grosse Gelehrte stellt eine wohlbedachte Hypothese auf. Wenn es indessen für die Richtigkeit einer Hypothese spricht, dass ihre Grundlage durchweg eine nothwendige sei, eine solche, die es gestattet, eine Menge weiterer Folgerungen mit Recht an sie anzuknüpfen und dieselben ebenso sicher festzustellen, so scheint es im vorliegenden Falle hier und da etwas misslich auszusehen. Vor Allem fühlt man sich versucht, die Voraussetzung, dass äusserst wenige ursprüngliche Zellen genügten, für eine willkürliche und an sich unwahrscheinliche Annahme zu halten. Warum sollen denn nicht mehr als etwa ein Halbdutzend Zellen das erstaunliche und unermessliche Werk begonnen haben? Warum nicht eine weit grössere Menge derselben? Der Erdkörper mit der Mutter Sonne fing seine erste natürliche Fruchtbarkeit schwerlich mit etlichen zerstreuten Urzellen an; eine solche Beschränkung der Macht darf man, weil es nicht den geringsten Grund dafür giebt, der Natur nicht zumuthen und aufbürden; denn das hiesse nichts anderes, als einen winzigen und blos menschlichen Massstab an das Unendliche anlegen. Wahrscheinlicher ist es bei den allmächtigen Kräften, die wir der Natur zutrauen müssen, weil sie unerschöpflich und unberechenbar wirkt, dass auf allen Punkten der Erdenmaterie, im Bereich des Festlandes wie im Wasser, unter mehr oder weniger günstigen Verhältnissen, eine Unzahl von Zellen nebeneinander und ziemlich zu gleicher Zeit sich gebildet und entwickelt habe. Wäre es wenigstens nicht einigermassen geboten, für die entschiedenen Eigenarten der Organismen, so weit sie uns als solche bekannt geworden sind, auch ebenso viele verschiedene Urzellen anzunehmen,

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Zitationshilfe: Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874, S. XIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/13>, abgerufen am 03.12.2024.