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Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851.

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sie ihres Honigs berauben, der ihre künstlich angelegten Waben zerstören und sich aneignen wird. Für einige Brettchen und strohgeflochtene Ringe verlangt der unersättliche Mensch das Recht, über Eigenthum und Leben der Bewohner seines Lehens schalten und walten zu können. Die Bienen treten durch die Annahme des Stockes in eine Art Leibeigenschaft gegenüber dem Menschen. Er glaubt sie in jeder Art mißhandeln zu können; - um ihnen den Honig und das Wachs zu nehmen, räuchert er sie aus, betäubt sie mit Schwefel, mit Wasser, jagt sie aus einer Behausung in die andere, tödtet sie sogar, wenn es ihm scheint, daß dem Volke Hungersnoth drohe. Zuweilen freilich glaubt er sich auch verpflichtet, seine Lehensdiener und Leibeigenen in harten Wintern zu nähren - aber welche erbärmliche, kärgliche

legte. Das Heer wurde nur so viel gebildet, als nöthig war, um der Komödie den Schein des Ernstes zu geben - je mehr die Zeichen des Verrathes sich mehrten, desto mehr hielt man darauf, es unter solcher Leitung zu lassen, daß seine Desorganisation jeden Augenblick möglich war. Alles trompete, paukte und lärmte in allen Theilen von Deutschland über die Sache Schleswig-Holsteins und keiner dachte daran, mit prüfendem Blicke vorauszuschauen und sich zu fragen: Welches Resultat wäre erreicht worden, wenn diese Statthalterschaft gesiegt hätte? Man prüfe das heute - die Antwort wird nicht schwer sein. Nach dem Siege würde man das Land zu den Füßen desjenigen gelegt haben, für den man während des Kampfes betete! Man würde Garantieen verlangt haben, höre ich rufen. Garantieen? Für wen? Für den Bauer, für den Hörigen, für den Proletarier, für den Arbeiter? O nein! Aber wohl für die Herren Etatsräthe, Pastore und für die edle Ritterschaft, jene Brutstätte der Augustenburge und ihrer Genossen! Welche Bürgschaften haben denn diese Menschen hergestellt für das Volk wahrend der drei Jahre, innerhalb deren sie im Namen des Königs-Herzogs das Land regierten? Sagt es uns doch, wir bitten Euch. - - Wir kennen keine! 18. Juni 1851.

sie ihres Honigs berauben, der ihre künstlich angelegten Waben zerstören und sich aneignen wird. Für einige Brettchen und strohgeflochtene Ringe verlangt der unersättliche Mensch das Recht, über Eigenthum und Leben der Bewohner seines Lehens schalten und walten zu können. Die Bienen treten durch die Annahme des Stockes in eine Art Leibeigenschaft gegenüber dem Menschen. Er glaubt sie in jeder Art mißhandeln zu können; – um ihnen den Honig und das Wachs zu nehmen, räuchert er sie aus, betäubt sie mit Schwefel, mit Wasser, jagt sie aus einer Behausung in die andere, tödtet sie sogar, wenn es ihm scheint, daß dem Volke Hungersnoth drohe. Zuweilen freilich glaubt er sich auch verpflichtet, seine Lehensdiener und Leibeigenen in harten Wintern zu nähren – aber welche erbärmliche, kärgliche

legte. Das Heer wurde nur so viel gebildet, als nöthig war, um der Komödie den Schein des Ernstes zu geben – je mehr die Zeichen des Verrathes sich mehrten, desto mehr hielt man darauf, es unter solcher Leitung zu lassen, daß seine Desorganisation jeden Augenblick möglich war. Alles trompete, paukte und lärmte in allen Theilen von Deutschland über die Sache Schleswig-Holsteins und keiner dachte daran, mit prüfendem Blicke vorauszuschauen und sich zu fragen: Welches Resultat wäre erreicht worden, wenn diese Statthalterschaft gesiegt hätte? Man prüfe das heute – die Antwort wird nicht schwer sein. Nach dem Siege würde man das Land zu den Füßen desjenigen gelegt haben, für den man während des Kampfes betete! Man würde Garantieen verlangt haben, höre ich rufen. Garantieen? Für wen? Für den Bauer, für den Hörigen, für den Proletarier, für den Arbeiter? O nein! Aber wohl für die Herren Etatsräthe, Pastore und für die edle Ritterschaft, jene Brutstätte der Augustenburge und ihrer Genossen! Welche Bürgschaften haben denn diese Menschen hergestellt für das Volk wahrend der drei Jahre, innerhalb deren sie im Namen des Königs-Herzogs das Land regierten? Sagt es uns doch, wir bitten Euch. – – Wir kennen keine! 18. Juni 1851.     
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sie ihres Honigs berauben, der ihre künstlich angelegten Waben zerstören und sich aneignen wird. Für einige Brettchen und strohgeflochtene Ringe verlangt der unersättliche Mensch das Recht, über Eigenthum und Leben der Bewohner seines Lehens schalten und walten zu können. Die Bienen treten durch die Annahme des Stockes in eine Art Leibeigenschaft gegenüber dem Menschen. Er glaubt sie in jeder Art mißhandeln zu können; &#x2013; um ihnen den Honig und das Wachs zu nehmen, räuchert er sie aus, betäubt sie mit Schwefel, mit Wasser, jagt sie aus einer Behausung in die andere, tödtet sie sogar, wenn es ihm scheint, daß dem Volke Hungersnoth drohe. Zuweilen freilich glaubt er sich auch verpflichtet, seine Lehensdiener und Leibeigenen in harten Wintern zu nähren &#x2013; aber welche erbärmliche, kärgliche<note place="foot">legte. Das Heer wurde nur so viel gebildet, als nöthig war, um der Komödie den Schein des Ernstes zu geben &#x2013; je mehr die Zeichen des Verrathes sich mehrten, desto mehr hielt man darauf, es unter solcher Leitung zu lassen, daß seine Desorganisation jeden Augenblick möglich war. Alles trompete, paukte und lärmte in allen Theilen von Deutschland über die Sache Schleswig-Holsteins und keiner dachte daran, mit prüfendem Blicke vorauszuschauen und sich zu fragen: Welches Resultat wäre erreicht worden, wenn diese Statthalterschaft gesiegt hätte? Man prüfe das heute &#x2013; die Antwort wird nicht schwer sein. Nach dem Siege würde man das Land zu den Füßen desjenigen gelegt haben, für den man während des Kampfes betete! Man würde Garantieen verlangt haben, höre ich rufen. Garantieen? Für wen? Für den Bauer, für den Hörigen, für den Proletarier, für den Arbeiter? O nein! Aber wohl für die Herren Etatsräthe, Pastore und für die edle Ritterschaft, jene Brutstätte der Augustenburge und ihrer Genossen! Welche Bürgschaften haben denn diese Menschen hergestellt für das Volk wahrend der drei Jahre, innerhalb deren sie im Namen des Königs-Herzogs das Land regierten? Sagt es uns doch, wir bitten Euch. &#x2013; &#x2013; Wir kennen keine! <p rendition="#right">18. Juni 1851.     </p> </note>
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[53/0079] sie ihres Honigs berauben, der ihre künstlich angelegten Waben zerstören und sich aneignen wird. Für einige Brettchen und strohgeflochtene Ringe verlangt der unersättliche Mensch das Recht, über Eigenthum und Leben der Bewohner seines Lehens schalten und walten zu können. Die Bienen treten durch die Annahme des Stockes in eine Art Leibeigenschaft gegenüber dem Menschen. Er glaubt sie in jeder Art mißhandeln zu können; – um ihnen den Honig und das Wachs zu nehmen, räuchert er sie aus, betäubt sie mit Schwefel, mit Wasser, jagt sie aus einer Behausung in die andere, tödtet sie sogar, wenn es ihm scheint, daß dem Volke Hungersnoth drohe. Zuweilen freilich glaubt er sich auch verpflichtet, seine Lehensdiener und Leibeigenen in harten Wintern zu nähren – aber welche erbärmliche, kärgliche legte. Das Heer wurde nur so viel gebildet, als nöthig war, um der Komödie den Schein des Ernstes zu geben – je mehr die Zeichen des Verrathes sich mehrten, desto mehr hielt man darauf, es unter solcher Leitung zu lassen, daß seine Desorganisation jeden Augenblick möglich war. Alles trompete, paukte und lärmte in allen Theilen von Deutschland über die Sache Schleswig-Holsteins und keiner dachte daran, mit prüfendem Blicke vorauszuschauen und sich zu fragen: Welches Resultat wäre erreicht worden, wenn diese Statthalterschaft gesiegt hätte? Man prüfe das heute – die Antwort wird nicht schwer sein. Nach dem Siege würde man das Land zu den Füßen desjenigen gelegt haben, für den man während des Kampfes betete! Man würde Garantieen verlangt haben, höre ich rufen. Garantieen? Für wen? Für den Bauer, für den Hörigen, für den Proletarier, für den Arbeiter? O nein! Aber wohl für die Herren Etatsräthe, Pastore und für die edle Ritterschaft, jene Brutstätte der Augustenburge und ihrer Genossen! Welche Bürgschaften haben denn diese Menschen hergestellt für das Volk wahrend der drei Jahre, innerhalb deren sie im Namen des Königs-Herzogs das Land regierten? Sagt es uns doch, wir bitten Euch. – – Wir kennen keine! 18. Juni 1851.     

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_thierstaaten_1851/79>, abgerufen am 23.11.2024.