Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

unbekümmert darum, daß sie selber hierbei zu Grunde gehen. Rührender, weil langsamer, ist das allmälige Absterben des Blasenträgerstaates in Folge von Altersschwäche, Entkräftung und Mangel an Nahrung. Der Staatsschatz nimmt einen trüben Schimmer an, seine glänzenden Farben verlieren sich, seine öde Leere tritt dem Beschauer auf den ersten Blick grauenhaft entgegen. Der Stamm zieht sich zusammen, die Circulation stockt. Die Körner der Ernährungsflüssigkeit rollen nicht mehr in gewohntem Rhythmus auf und ab. Bei der Fortdauer dieses beängstigenden Zustandes lösen sich die Deckplatten zuerst ab und lassen den nackten kahlen Stamm zurück. Natürlich, der Soldat des stehenden Heeres ist nur der von der Civilisation übertünchte Landsknecht des Mittelalters; er verläßt zuerst die Sache, die seinen Dienst nicht mehr bezahlen kann und für die er sein Leben zu lassen bereit ist, wenn man ihm den Blutsold gehörig auszahlt. Kaum hat die Ablösung der bewaffneten Macht begonnen, so fühlt sich auch die Priesterherrschaft nicht mehr sicher und reißt sich mit beschleunigter Eile los, um wenigstens noch zu retten, was gerettet werden kann. Selbst die unreifen Samenkapseln, die unentwickelten Eitrauben lösen sich ab und gehen davon. Ein ungeheuerer Schrecken hat sich anfangs der Schwimmblasen bemächtigt. Der Rhythmus und die Regelmäßigkeit ihrer Bewegungen haben aufgehört. Mit verzweifelter Hast klappen sie unaufhörlich in buntem Wirrwarr durcheinander, so daß jede die Anstrengung des Nachbars zu nichte macht. Endlich reißen sie sich in der Verzweiflung los und stürzen kopfüber der Vernichtung entgegen. Die Schluckmäuler haben sich eingezogen und auf den geringsten Raum zusammengedrängt. Die Proletarier lösen sich nach und nach von ihnen ab, fallen zu Boden

unbekümmert darum, daß sie selber hierbei zu Grunde gehen. Rührender, weil langsamer, ist das allmälige Absterben des Blasenträgerstaates in Folge von Altersschwäche, Entkräftung und Mangel an Nahrung. Der Staatsschatz nimmt einen trüben Schimmer an, seine glänzenden Farben verlieren sich, seine öde Leere tritt dem Beschauer auf den ersten Blick grauenhaft entgegen. Der Stamm zieht sich zusammen, die Circulation stockt. Die Körner der Ernährungsflüssigkeit rollen nicht mehr in gewohntem Rhythmus auf und ab. Bei der Fortdauer dieses beängstigenden Zustandes lösen sich die Deckplatten zuerst ab und lassen den nackten kahlen Stamm zurück. Natürlich, der Soldat des stehenden Heeres ist nur der von der Civilisation übertünchte Landsknecht des Mittelalters; er verläßt zuerst die Sache, die seinen Dienst nicht mehr bezahlen kann und für die er sein Leben zu lassen bereit ist, wenn man ihm den Blutsold gehörig auszahlt. Kaum hat die Ablösung der bewaffneten Macht begonnen, so fühlt sich auch die Priesterherrschaft nicht mehr sicher und reißt sich mit beschleunigter Eile los, um wenigstens noch zu retten, was gerettet werden kann. Selbst die unreifen Samenkapseln, die unentwickelten Eitrauben lösen sich ab und gehen davon. Ein ungeheuerer Schrecken hat sich anfangs der Schwimmblasen bemächtigt. Der Rhythmus und die Regelmäßigkeit ihrer Bewegungen haben aufgehört. Mit verzweifelter Hast klappen sie unaufhörlich in buntem Wirrwarr durcheinander, so daß jede die Anstrengung des Nachbars zu nichte macht. Endlich reißen sie sich in der Verzweiflung los und stürzen kopfüber der Vernichtung entgegen. Die Schluckmäuler haben sich eingezogen und auf den geringsten Raum zusammengedrängt. Die Proletarier lösen sich nach und nach von ihnen ab, fallen zu Boden

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0277" n="247"/>
unbekümmert darum, daß sie selber hierbei zu Grunde gehen. Rührender, weil langsamer, ist das allmälige Absterben des Blasenträgerstaates in Folge von Altersschwäche, Entkräftung und Mangel an Nahrung. Der Staatsschatz nimmt einen trüben Schimmer an, seine glänzenden Farben verlieren sich, seine öde Leere tritt dem Beschauer auf den ersten Blick grauenhaft entgegen. Der Stamm zieht sich zusammen, die Circulation stockt. Die Körner der Ernährungsflüssigkeit rollen nicht mehr in gewohntem Rhythmus auf und ab. Bei der Fortdauer dieses beängstigenden Zustandes lösen sich die Deckplatten zuerst ab und lassen den nackten kahlen Stamm zurück. Natürlich, der Soldat des stehenden Heeres ist nur der von der Civilisation übertünchte Landsknecht des Mittelalters; er verläßt zuerst die Sache, die seinen Dienst nicht mehr bezahlen kann und für die er sein Leben zu lassen bereit ist, wenn man ihm den Blutsold gehörig auszahlt. Kaum hat die Ablösung der bewaffneten Macht begonnen, so fühlt sich auch die Priesterherrschaft nicht mehr sicher und reißt sich mit beschleunigter Eile los, um wenigstens noch zu retten, was gerettet werden kann. Selbst die unreifen Samenkapseln, die unentwickelten Eitrauben lösen sich ab und gehen davon. Ein ungeheuerer Schrecken hat sich anfangs der Schwimmblasen bemächtigt. Der Rhythmus und die Regelmäßigkeit ihrer Bewegungen haben aufgehört. Mit verzweifelter Hast klappen sie unaufhörlich in buntem Wirrwarr durcheinander, so daß jede die Anstrengung des Nachbars zu nichte macht. Endlich reißen sie sich in der Verzweiflung los und stürzen kopfüber der Vernichtung entgegen. Die Schluckmäuler haben sich eingezogen und auf den geringsten Raum zusammengedrängt. Die Proletarier lösen sich nach und nach von ihnen ab, fallen zu Boden
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[247/0277] unbekümmert darum, daß sie selber hierbei zu Grunde gehen. Rührender, weil langsamer, ist das allmälige Absterben des Blasenträgerstaates in Folge von Altersschwäche, Entkräftung und Mangel an Nahrung. Der Staatsschatz nimmt einen trüben Schimmer an, seine glänzenden Farben verlieren sich, seine öde Leere tritt dem Beschauer auf den ersten Blick grauenhaft entgegen. Der Stamm zieht sich zusammen, die Circulation stockt. Die Körner der Ernährungsflüssigkeit rollen nicht mehr in gewohntem Rhythmus auf und ab. Bei der Fortdauer dieses beängstigenden Zustandes lösen sich die Deckplatten zuerst ab und lassen den nackten kahlen Stamm zurück. Natürlich, der Soldat des stehenden Heeres ist nur der von der Civilisation übertünchte Landsknecht des Mittelalters; er verläßt zuerst die Sache, die seinen Dienst nicht mehr bezahlen kann und für die er sein Leben zu lassen bereit ist, wenn man ihm den Blutsold gehörig auszahlt. Kaum hat die Ablösung der bewaffneten Macht begonnen, so fühlt sich auch die Priesterherrschaft nicht mehr sicher und reißt sich mit beschleunigter Eile los, um wenigstens noch zu retten, was gerettet werden kann. Selbst die unreifen Samenkapseln, die unentwickelten Eitrauben lösen sich ab und gehen davon. Ein ungeheuerer Schrecken hat sich anfangs der Schwimmblasen bemächtigt. Der Rhythmus und die Regelmäßigkeit ihrer Bewegungen haben aufgehört. Mit verzweifelter Hast klappen sie unaufhörlich in buntem Wirrwarr durcheinander, so daß jede die Anstrengung des Nachbars zu nichte macht. Endlich reißen sie sich in der Verzweiflung los und stürzen kopfüber der Vernichtung entgegen. Die Schluckmäuler haben sich eingezogen und auf den geringsten Raum zusammengedrängt. Die Proletarier lösen sich nach und nach von ihnen ab, fallen zu Boden

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universität Michigan: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche „—“ werden als normale Gedankenstriche „–“ wiedergegeben.
  • Die Transkription folgt im Übrigen dem Original.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_thierstaaten_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_thierstaaten_1851/277
Zitationshilfe: Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_thierstaaten_1851/277>, abgerufen am 06.05.2024.