Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

die Erziehung der Jugend durch den Staat. Sie eröffneten eine Schule für das gesammte Fürstenthum in Mentone, in welcher die Pension um so bedeutender war, je schlechter die Lehrer, und damit ein so geringfügiger Umstand die Eltern nicht abhalte, ihre Kinder in diese Schule zu schicken, so befahlen Seine Durchlaucht, daß Niemand im ganzen Lande Erziehungsanstalten errichten, Schulen halten oder Privatunterricht ertheilen dürfe. Zugleich war es den Eltern verboten, ihre Kinder außer Landes zu schicken. Man nennt dieß ein Monopol der Erziehung; mein Gott, nein, es ist nur eine kleine Erweiterung des Bienniums, welches der deutsche Unterthan auf der Landesuniversität zubringen muß; jenes kleinen Privileg's, um welches die Vertreter der Universität Gießen jetzt wieder auf dem Landtage betteln.

Die Freihandelsideen waren zur damaligen Zeit noch nicht entdeckt, wenigstens noch nicht für das Fürstenthum Monaco und dessen weise Regierung. Die Finanzwissenschaft drehte sich noch durchaus auf jenen beiden Angeln der Ausgangs- und Eingangszölle und der Fürst war der Ansicht, daß der Nationalreichthum um so mehr zunehme, je mehr indirekte Steuern bezahlt würden. Der Fürst berechnete ganz richtig, daß die Bewohner seines ihm von Gott anvertrauten Landes Citronen und Oel verkaufen müßten, um leben zu können; er belegte beide Produkte mit einem Ausgangszolle. Die seiner fürstlichen Natur inhärirende Gier ließ ihn aber diesen Ausgangszoll so hoch greifen, daß viele Eigenthümer vorzogen, ihre Citronen verfaulen zu lassen und mit den Oliven die Schweine zu füttern. - Der Schmuggel konnte so leicht betrieben werden an der felsigen Küste, die eine Unzahl von Punkten und heimlichen Ankerplätzen besitzt! Die Besoldung der Douaniers

die Erziehung der Jugend durch den Staat. Sie eröffneten eine Schule für das gesammte Fürstenthum in Mentone, in welcher die Pension um so bedeutender war, je schlechter die Lehrer, und damit ein so geringfügiger Umstand die Eltern nicht abhalte, ihre Kinder in diese Schule zu schicken, so befahlen Seine Durchlaucht, daß Niemand im ganzen Lande Erziehungsanstalten errichten, Schulen halten oder Privatunterricht ertheilen dürfe. Zugleich war es den Eltern verboten, ihre Kinder außer Landes zu schicken. Man nennt dieß ein Monopol der Erziehung; mein Gott, nein, es ist nur eine kleine Erweiterung des Bienniums, welches der deutsche Unterthan auf der Landesuniversität zubringen muß; jenes kleinen Privileg’s, um welches die Vertreter der Universität Gießen jetzt wieder auf dem Landtage betteln.

Die Freihandelsideen waren zur damaligen Zeit noch nicht entdeckt, wenigstens noch nicht für das Fürstenthum Monaco und dessen weise Regierung. Die Finanzwissenschaft drehte sich noch durchaus auf jenen beiden Angeln der Ausgangs- und Eingangszölle und der Fürst war der Ansicht, daß der Nationalreichthum um so mehr zunehme, je mehr indirekte Steuern bezahlt würden. Der Fürst berechnete ganz richtig, daß die Bewohner seines ihm von Gott anvertrauten Landes Citronen und Oel verkaufen müßten, um leben zu können; er belegte beide Produkte mit einem Ausgangszolle. Die seiner fürstlichen Natur inhärirende Gier ließ ihn aber diesen Ausgangszoll so hoch greifen, daß viele Eigenthümer vorzogen, ihre Citronen verfaulen zu lassen und mit den Oliven die Schweine zu füttern. – Der Schmuggel konnte so leicht betrieben werden an der felsigen Küste, die eine Unzahl von Punkten und heimlichen Ankerplätzen besitzt! Die Besoldung der Douaniers

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0256" n="226"/>
die Erziehung der Jugend durch den Staat. Sie eröffneten eine Schule für das gesammte Fürstenthum in Mentone, in welcher die Pension um so bedeutender war, je schlechter die Lehrer, und damit ein so geringfügiger Umstand die Eltern nicht abhalte, ihre Kinder in diese Schule zu schicken, so befahlen Seine Durchlaucht, daß Niemand im ganzen Lande Erziehungsanstalten errichten, Schulen halten oder Privatunterricht ertheilen dürfe. Zugleich war es den Eltern verboten, ihre Kinder außer Landes zu schicken. Man nennt dieß ein Monopol der Erziehung; mein Gott, nein, es ist nur eine kleine Erweiterung des Bienniums, welches der deutsche Unterthan auf der Landesuniversität zubringen muß; jenes kleinen Privileg&#x2019;s, um welches die Vertreter der Universität Gießen jetzt wieder auf dem Landtage betteln.</p>
        <p>Die Freihandelsideen waren zur damaligen Zeit noch nicht entdeckt, wenigstens noch nicht für das Fürstenthum <choice><sic>Manaco</sic><corr>Monaco</corr></choice> und dessen weise Regierung. Die Finanzwissenschaft drehte sich noch durchaus auf jenen beiden Angeln der Ausgangs- und Eingangszölle und der Fürst war der Ansicht, daß der Nationalreichthum um so mehr zunehme, je mehr indirekte Steuern bezahlt würden. Der Fürst berechnete ganz richtig, daß die Bewohner seines ihm von Gott anvertrauten Landes Citronen und Oel verkaufen müßten, um leben zu können; er belegte beide Produkte mit einem Ausgangszolle. Die seiner fürstlichen Natur inhärirende Gier ließ ihn aber diesen Ausgangszoll so hoch greifen, daß viele Eigenthümer vorzogen, ihre Citronen verfaulen zu lassen und mit den Oliven die Schweine zu füttern. &#x2013; Der Schmuggel konnte so leicht betrieben werden an der felsigen Küste, die eine Unzahl von Punkten und heimlichen Ankerplätzen besitzt! Die Besoldung der Douaniers
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[226/0256] die Erziehung der Jugend durch den Staat. Sie eröffneten eine Schule für das gesammte Fürstenthum in Mentone, in welcher die Pension um so bedeutender war, je schlechter die Lehrer, und damit ein so geringfügiger Umstand die Eltern nicht abhalte, ihre Kinder in diese Schule zu schicken, so befahlen Seine Durchlaucht, daß Niemand im ganzen Lande Erziehungsanstalten errichten, Schulen halten oder Privatunterricht ertheilen dürfe. Zugleich war es den Eltern verboten, ihre Kinder außer Landes zu schicken. Man nennt dieß ein Monopol der Erziehung; mein Gott, nein, es ist nur eine kleine Erweiterung des Bienniums, welches der deutsche Unterthan auf der Landesuniversität zubringen muß; jenes kleinen Privileg’s, um welches die Vertreter der Universität Gießen jetzt wieder auf dem Landtage betteln. Die Freihandelsideen waren zur damaligen Zeit noch nicht entdeckt, wenigstens noch nicht für das Fürstenthum Monaco und dessen weise Regierung. Die Finanzwissenschaft drehte sich noch durchaus auf jenen beiden Angeln der Ausgangs- und Eingangszölle und der Fürst war der Ansicht, daß der Nationalreichthum um so mehr zunehme, je mehr indirekte Steuern bezahlt würden. Der Fürst berechnete ganz richtig, daß die Bewohner seines ihm von Gott anvertrauten Landes Citronen und Oel verkaufen müßten, um leben zu können; er belegte beide Produkte mit einem Ausgangszolle. Die seiner fürstlichen Natur inhärirende Gier ließ ihn aber diesen Ausgangszoll so hoch greifen, daß viele Eigenthümer vorzogen, ihre Citronen verfaulen zu lassen und mit den Oliven die Schweine zu füttern. – Der Schmuggel konnte so leicht betrieben werden an der felsigen Küste, die eine Unzahl von Punkten und heimlichen Ankerplätzen besitzt! Die Besoldung der Douaniers

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universität Michigan: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche „—“ werden als normale Gedankenstriche „–“ wiedergegeben.
  • Die Transkription folgt im Übrigen dem Original.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_thierstaaten_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_thierstaaten_1851/256
Zitationshilfe: Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_thierstaaten_1851/256>, abgerufen am 09.10.2024.