Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

manche Schnecke aus dem tobenden Gewässer und nach einiger Ruhe lebt und webt das Ungeziefer wieder wie vorher in Sand und Schlamm, in Ritzen und Klüften und sieht aus, als ob gar nichts vorgefallen wäre. Auch aus den Trümmern der Revolution rettet sich so manches schmutzige Gewürm -

O braver Jaup, ich gedachte dein!

Windstille und Wellenruhe! Ein glatter Spiegel liegt die unendliche Bläue hingegoßen vor meinen Augen, am Horizonte mit dem Himmel verschmelzend und in ihm aufgehend. Nur in weiter Ferne kräuselt hier und da ein Luftzug die glänzende Fläche. Leise schwillt das krystallhelle Wasser an den Felsen herauf, in gemessenen Pausen sinkt es zurück, es athmet und hebt sich, wie der Busen eines schönen Weibes und wir sind in einer Stimmung, die uns jeden Augenblick das Auftauchen der feuchten Sirene erwarten läßt. Bei jedem Anschwellen des klaren Krystalls dehnen und recken die Tange sich wollüstig und strecken ihre zierlichen Blattfransen aus - aber zwischen ihnen zeigen sich nur Krabben und Garneelen, bald geschäftig um Nahrung suchend, bald behaglich einherspazierend. Wie olivengrüne Schatten huschen die Krabben um die Ecken und Winkel der Felsen herum, die langen Hakenbeine nach der Seite bewegend, die Augen starr nach vorn gerichtet. Die Garneelen dagegen schreiten in ihrem durchsichtig gebänderten Kleide langsam schrittweise von einem Tanghaufen zum andern. Sie sehen ernsthaft und positiv aus, wie weiland unsere Ahnen in Allongeperücken und gestickten Röcken, wenn sie gravitätisch an langen Stöcken mit Goldknöpfen ihre Promenade machten. Hier und da schauckelt sich an

manche Schnecke aus dem tobenden Gewässer und nach einiger Ruhe lebt und webt das Ungeziefer wieder wie vorher in Sand und Schlamm, in Ritzen und Klüften und sieht aus, als ob gar nichts vorgefallen wäre. Auch aus den Trümmern der Revolution rettet sich so manches schmutzige Gewürm –

O braver Jaup, ich gedachte dein!

Windstille und Wellenruhe! Ein glatter Spiegel liegt die unendliche Bläue hingegoßen vor meinen Augen, am Horizonte mit dem Himmel verschmelzend und in ihm aufgehend. Nur in weiter Ferne kräuselt hier und da ein Luftzug die glänzende Fläche. Leise schwillt das krystallhelle Wasser an den Felsen herauf, in gemessenen Pausen sinkt es zurück, es athmet und hebt sich, wie der Busen eines schönen Weibes und wir sind in einer Stimmung, die uns jeden Augenblick das Auftauchen der feuchten Sirene erwarten läßt. Bei jedem Anschwellen des klaren Krystalls dehnen und recken die Tange sich wollüstig und strecken ihre zierlichen Blattfransen aus – aber zwischen ihnen zeigen sich nur Krabben und Garneelen, bald geschäftig um Nahrung suchend, bald behaglich einherspazierend. Wie olivengrüne Schatten huschen die Krabben um die Ecken und Winkel der Felsen herum, die langen Hakenbeine nach der Seite bewegend, die Augen starr nach vorn gerichtet. Die Garneelen dagegen schreiten in ihrem durchsichtig gebänderten Kleide langsam schrittweise von einem Tanghaufen zum andern. Sie sehen ernsthaft und positiv aus, wie weiland unsere Ahnen in Allongeperücken und gestickten Röcken, wenn sie gravitätisch an langen Stöcken mit Goldknöpfen ihre Promenade machten. Hier und da schauckelt sich an

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0202" n="172"/>
manche Schnecke aus dem tobenden Gewässer und nach einiger Ruhe lebt und webt das Ungeziefer wieder wie vorher in Sand und Schlamm, in Ritzen und Klüften und sieht aus, als ob gar nichts vorgefallen wäre. Auch aus den Trümmern der Revolution rettet sich so manches schmutzige Gewürm &#x2013;</p>
        <p rendition="#c"> <hi rendition="#g">O braver Jaup, ich gedachte dein!</hi> </p>
        <p>Windstille und Wellenruhe! Ein glatter Spiegel liegt die unendliche Bläue hingegoßen vor meinen Augen, am Horizonte mit dem Himmel verschmelzend und in ihm aufgehend. Nur in weiter Ferne kräuselt hier und da ein Luftzug die glänzende Fläche. Leise schwillt das krystallhelle Wasser an den Felsen herauf, in gemessenen Pausen sinkt es zurück, es athmet und hebt sich, wie der Busen eines schönen Weibes und wir sind in einer Stimmung, die uns jeden Augenblick das Auftauchen der feuchten Sirene erwarten läßt. Bei jedem Anschwellen des klaren Krystalls dehnen und recken die Tange sich wollüstig und strecken ihre zierlichen Blattfransen aus &#x2013; aber zwischen ihnen zeigen sich nur Krabben und Garneelen, bald geschäftig um Nahrung suchend, bald behaglich einherspazierend. Wie olivengrüne Schatten huschen die Krabben um die Ecken und Winkel der Felsen herum, die langen Hakenbeine nach der Seite bewegend, die Augen starr nach vorn gerichtet. Die Garneelen dagegen schreiten in ihrem durchsichtig gebänderten Kleide langsam schrittweise von einem Tanghaufen zum andern. Sie sehen ernsthaft und positiv aus, wie weiland unsere Ahnen in Allongeperücken und gestickten Röcken, wenn sie gravitätisch an langen Stöcken mit Goldknöpfen ihre Promenade machten. Hier und da schauckelt sich an
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[172/0202] manche Schnecke aus dem tobenden Gewässer und nach einiger Ruhe lebt und webt das Ungeziefer wieder wie vorher in Sand und Schlamm, in Ritzen und Klüften und sieht aus, als ob gar nichts vorgefallen wäre. Auch aus den Trümmern der Revolution rettet sich so manches schmutzige Gewürm – O braver Jaup, ich gedachte dein! Windstille und Wellenruhe! Ein glatter Spiegel liegt die unendliche Bläue hingegoßen vor meinen Augen, am Horizonte mit dem Himmel verschmelzend und in ihm aufgehend. Nur in weiter Ferne kräuselt hier und da ein Luftzug die glänzende Fläche. Leise schwillt das krystallhelle Wasser an den Felsen herauf, in gemessenen Pausen sinkt es zurück, es athmet und hebt sich, wie der Busen eines schönen Weibes und wir sind in einer Stimmung, die uns jeden Augenblick das Auftauchen der feuchten Sirene erwarten läßt. Bei jedem Anschwellen des klaren Krystalls dehnen und recken die Tange sich wollüstig und strecken ihre zierlichen Blattfransen aus – aber zwischen ihnen zeigen sich nur Krabben und Garneelen, bald geschäftig um Nahrung suchend, bald behaglich einherspazierend. Wie olivengrüne Schatten huschen die Krabben um die Ecken und Winkel der Felsen herum, die langen Hakenbeine nach der Seite bewegend, die Augen starr nach vorn gerichtet. Die Garneelen dagegen schreiten in ihrem durchsichtig gebänderten Kleide langsam schrittweise von einem Tanghaufen zum andern. Sie sehen ernsthaft und positiv aus, wie weiland unsere Ahnen in Allongeperücken und gestickten Röcken, wenn sie gravitätisch an langen Stöcken mit Goldknöpfen ihre Promenade machten. Hier und da schauckelt sich an

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universität Michigan: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche „—“ werden als normale Gedankenstriche „–“ wiedergegeben.
  • Die Transkription folgt im Übrigen dem Original.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_thierstaaten_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_thierstaaten_1851/202
Zitationshilfe: Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_thierstaaten_1851/202>, abgerufen am 22.11.2024.