Vogt, Carl: Untersuchungen über Thierstaaten. Frankfurt (Main), 1851.in den Bienen, daß sie sogar in solchen Fällen, wo die Volkssouveränität in ihre Rechte eintritt, eine Königin für die beste Republik erklären und sich selbst dann wieder einen Herrn geben, wenn die Natur oder der Zufall sie davon befreit haben. Bedenklicher Wink für politische Denker! Was hilft es, einen König zu entthronen, zu tödten, wenn der monarchische Sinn wirklich noch tief im Volke gewurzelt ist, wenn wirklich der Leib jedes Individuums in ähnlicher Weise, wie der des Hofraths Welcker, von monarchischen Adern durchzogen ist? Nach Augenblicken der Freiheit, welche sie nicht verstehen, nicht zu benutzen wissen, geben sie sich dennoch einen König, einen Herrscher wieder, hoffend, daß er die Volkssouveränität achten werde, aus welcher er entsprungen ist. Was aber kümmern den Inhaber des Thrones die Stufen, auf denen er zu seinem Sitze hinanstieg? Ob sie legitim oder revolutionär, aus Gottesgnadenholz oder aus Volkssouveränitätsbalken gebaut waren - der Sitz ist derselbe und sein Inhaber wird in gleicher Weise handeln. Der Verlust der königlichen Dynastie führt die Bienen niemals zur Freiheit, sondern nur zur Bildung einer neuen Dynastie - die Lafayette's und Thiers fehlen nie im Bienenstaate und das monarchisch gesinnte Volk ist zufrieden, wenn es nur eine monarchische Spitze sieht, mag sie nun Bourbon, Orleans oder Napoleon heißen. Trotz aller dieser Garantieen aber würde man vergeblich hoffen, daß der gesetzliche Zustand ewig fortdauern, die Räder des Staatsorganismus unabgenutzt endlos sich fortdrehen könnten*). Der Bienenstaat hat seine Revolutionen, *) Solchen Aberwitz können nur Hofräthe ausbrüten. Man hat die Erfinder des perpetuum mobile in der Wissenschaft für Narren
in den Bienen, daß sie sogar in solchen Fällen, wo die Volkssouveränität in ihre Rechte eintritt, eine Königin für die beste Republik erklären und sich selbst dann wieder einen Herrn geben, wenn die Natur oder der Zufall sie davon befreit haben. Bedenklicher Wink für politische Denker! Was hilft es, einen König zu entthronen, zu tödten, wenn der monarchische Sinn wirklich noch tief im Volke gewurzelt ist, wenn wirklich der Leib jedes Individuums in ähnlicher Weise, wie der des Hofraths Welcker, von monarchischen Adern durchzogen ist? Nach Augenblicken der Freiheit, welche sie nicht verstehen, nicht zu benutzen wissen, geben sie sich dennoch einen König, einen Herrscher wieder, hoffend, daß er die Volkssouveränität achten werde, aus welcher er entsprungen ist. Was aber kümmern den Inhaber des Thrones die Stufen, auf denen er zu seinem Sitze hinanstieg? Ob sie legitim oder revolutionär, aus Gottesgnadenholz oder aus Volkssouveränitätsbalken gebaut waren – der Sitz ist derselbe und sein Inhaber wird in gleicher Weise handeln. Der Verlust der königlichen Dynastie führt die Bienen niemals zur Freiheit, sondern nur zur Bildung einer neuen Dynastie – die Lafayette’s und Thiers fehlen nie im Bienenstaate und das monarchisch gesinnte Volk ist zufrieden, wenn es nur eine monarchische Spitze sieht, mag sie nun Bourbon, Orleans oder Napoleon heißen. Trotz aller dieser Garantieen aber würde man vergeblich hoffen, daß der gesetzliche Zustand ewig fortdauern, die Räder des Staatsorganismus unabgenutzt endlos sich fortdrehen könnten*). Der Bienenstaat hat seine Revolutionen, *) Solchen Aberwitz können nur Hofräthe ausbrüten. Man hat die Erfinder des perpetuum mobile in der Wissenschaft für Narren
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in den Bienen, daß sie sogar in solchen Fällen, wo die Volkssouveränität in ihre Rechte eintritt, eine Königin für die beste Republik erklären und sich selbst dann wieder einen Herrn geben, wenn die Natur oder der Zufall sie davon befreit haben. Bedenklicher Wink für politische Denker! Was hilft es, einen König zu entthronen, zu tödten, wenn der monarchische Sinn wirklich noch tief im Volke gewurzelt ist, wenn wirklich der Leib jedes Individuums in ähnlicher Weise, wie der des Hofraths Welcker, von monarchischen Adern durchzogen ist? Nach Augenblicken der Freiheit, welche sie nicht verstehen, nicht zu benutzen wissen, geben sie sich dennoch einen König, einen Herrscher wieder, hoffend, daß er die Volkssouveränität achten werde, aus welcher er entsprungen ist. Was aber kümmern den Inhaber des Thrones die Stufen, auf denen er zu seinem Sitze hinanstieg? Ob sie legitim oder revolutionär, aus Gottesgnadenholz oder aus Volkssouveränitätsbalken gebaut waren – der Sitz ist derselbe und sein Inhaber wird in gleicher Weise handeln. Der Verlust der königlichen Dynastie führt die Bienen niemals zur Freiheit, sondern nur zur Bildung einer neuen Dynastie – die Lafayette’s und Thiers fehlen nie im Bienenstaate und das monarchisch gesinnte Volk ist zufrieden, wenn es nur eine monarchische Spitze sieht, mag sie nun Bourbon, Orleans oder Napoleon heißen.
Trotz aller dieser Garantieen aber würde man vergeblich hoffen, daß der gesetzliche Zustand ewig fortdauern, die Räder des Staatsorganismus unabgenutzt endlos sich fortdrehen könnten *). Der Bienenstaat hat seine Revolutionen,
*) Solchen Aberwitz können nur Hofräthe ausbrüten. Man hat die Erfinder des perpetuum mobile in der Wissenschaft für Narren
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