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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

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Lippenknorpel oder die Schleimröhrenknochen, und daß es demnach
auch gar nicht auffallend sein kann, wenn selbst die nach gemeinsamem
Plane angeordneten Schädelknochen nur in so weit Theile von Wirbeln
darstellen, als sie aus der ursprünglichen Knorpelanlage des Schädels
entstanden sind, während die Deckplatten dem Wirbeltypus gänzlich
fremd bleiben.

Zu diesen letzteren Deckplatten gehören nun folgende Knochen:
Auf der unteren Fläche des Schädels zeigen sich bei allen Knochen-
fischen nur zwei unpaare Deckplatten von mehr oder minder länglicher
Gestalt, hinten das Keilbein (Os sphenoideum 6), weiter nach vorn
das Pflugschaarbein (Vomer 16), letzteres sehr häufig, ersteres
nur sehr selten mit Zähnen besetzt, welche in der Mitte des Gaumen-
gewölbes vorragen. Da die Keilbeinflügel und der Hinterhauptskörper,
an welche sich das Keilbein von unten her anlegt, meist an ihrer un-
teren Fläche etwas ausgehöhlt sind, so wird hierdurch ein Kanal, der
untere Schädelkanal gebildet, der durch die Deckplatte gegen das
Gaumengewölbe hin, durch die Keilbeinflügel gegen die Hirnhöhle hin
abgeschlossen ist und in welchem die geraden Augenmuskeln entspringen.
Die obere Decke des Schädels wird dagegen meistens von fünf Kno-
chen gebildet, vier paarigen und einem unpaaren. Hinten auf dem
Kopfe zu beiden Seiten der Hinterhauptsschuppe zeigen sich die beiden
Scheitelbeine (Ossa parietalia 7), die meistens nur einen unbedeu-
tenden Antheil an dem Schädeldache nehmen und nur selten einander
in der Mittellinie berühren. Um so größer sind gewöhnlich die beiden
Stirnbeine (Frontalia 1), die in der Mittellinie zusammenstoßen
und den hauptsächlichsten Theil des Schädeldaches bedecken. An diese
Stirnbeine schließen sich meist zwei Paare von Knochen an, welche die
vordere und hintere Ecke der Augenhöhle bilden und die man als
vorderes Stirnbein (Frontale anterius 2) und als hinteres
(Frontale posterius 4) bezeichnet hat. Ganz nach vorn als Deckplatte
der Schnauze findet sich endlich eine meist unpaare, nur selten in zwei
Theile getheilte Platte, die auf einem Knorpel ruht, in der die Nasen-
gruben sich befinden und die man das Nasenbein (Os nasale 3)
nennt. Zur Vervollständigung des Schädels gehört endlich noch ein
Knochen, welcher sich neben und außen an das Stirnbein und die
Scheitelbeine anlegt und hauptsächlich die Bildung der Gelenkhöhle
für den Gürtel des Unterkiefers übernimmt; -- es trägt derselbe mei-
stens zum Schlusse der Schädelkapsel gar nichts bei, sondern legt sich
schuppenartig über die anderen Knochen herüber. Man hat ihn sehr

Lippenknorpel oder die Schleimröhrenknochen, und daß es demnach
auch gar nicht auffallend ſein kann, wenn ſelbſt die nach gemeinſamem
Plane angeordneten Schädelknochen nur in ſo weit Theile von Wirbeln
darſtellen, als ſie aus der urſprünglichen Knorpelanlage des Schädels
entſtanden ſind, während die Deckplatten dem Wirbeltypus gänzlich
fremd bleiben.

Zu dieſen letzteren Deckplatten gehören nun folgende Knochen:
Auf der unteren Fläche des Schädels zeigen ſich bei allen Knochen-
fiſchen nur zwei unpaare Deckplatten von mehr oder minder länglicher
Geſtalt, hinten das Keilbein (Os sphenoïdeum 6), weiter nach vorn
das Pflugſchaarbein (Vomer 16), letzteres ſehr häufig, erſteres
nur ſehr ſelten mit Zähnen beſetzt, welche in der Mitte des Gaumen-
gewölbes vorragen. Da die Keilbeinflügel und der Hinterhauptskörper,
an welche ſich das Keilbein von unten her anlegt, meiſt an ihrer un-
teren Fläche etwas ausgehöhlt ſind, ſo wird hierdurch ein Kanal, der
untere Schädelkanal gebildet, der durch die Deckplatte gegen das
Gaumengewölbe hin, durch die Keilbeinflügel gegen die Hirnhöhle hin
abgeſchloſſen iſt und in welchem die geraden Augenmuskeln entſpringen.
Die obere Decke des Schädels wird dagegen meiſtens von fünf Kno-
chen gebildet, vier paarigen und einem unpaaren. Hinten auf dem
Kopfe zu beiden Seiten der Hinterhauptsſchuppe zeigen ſich die beiden
Scheitelbeine (Ossa parietalia 7), die meiſtens nur einen unbedeu-
tenden Antheil an dem Schädeldache nehmen und nur ſelten einander
in der Mittellinie berühren. Um ſo größer ſind gewöhnlich die beiden
Stirnbeine (Frontalia 1), die in der Mittellinie zuſammenſtoßen
und den hauptſächlichſten Theil des Schädeldaches bedecken. An dieſe
Stirnbeine ſchließen ſich meiſt zwei Paare von Knochen an, welche die
vordere und hintere Ecke der Augenhöhle bilden und die man als
vorderes Stirnbein (Frontale anterius 2) und als hinteres
(Frontale posterius 4) bezeichnet hat. Ganz nach vorn als Deckplatte
der Schnauze findet ſich endlich eine meiſt unpaare, nur ſelten in zwei
Theile getheilte Platte, die auf einem Knorpel ruht, in der die Naſen-
gruben ſich befinden und die man das Naſenbein (Os nasale 3)
nennt. Zur Vervollſtändigung des Schädels gehört endlich noch ein
Knochen, welcher ſich neben und außen an das Stirnbein und die
Scheitelbeine anlegt und hauptſächlich die Bildung der Gelenkhöhle
für den Gürtel des Unterkiefers übernimmt; — es trägt derſelbe mei-
ſtens zum Schluſſe der Schädelkapſel gar nichts bei, ſondern legt ſich
ſchuppenartig über die anderen Knochen herüber. Man hat ihn ſehr

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[50/0056] Lippenknorpel oder die Schleimröhrenknochen, und daß es demnach auch gar nicht auffallend ſein kann, wenn ſelbſt die nach gemeinſamem Plane angeordneten Schädelknochen nur in ſo weit Theile von Wirbeln darſtellen, als ſie aus der urſprünglichen Knorpelanlage des Schädels entſtanden ſind, während die Deckplatten dem Wirbeltypus gänzlich fremd bleiben. Zu dieſen letzteren Deckplatten gehören nun folgende Knochen: Auf der unteren Fläche des Schädels zeigen ſich bei allen Knochen- fiſchen nur zwei unpaare Deckplatten von mehr oder minder länglicher Geſtalt, hinten das Keilbein (Os sphenoïdeum 6), weiter nach vorn das Pflugſchaarbein (Vomer 16), letzteres ſehr häufig, erſteres nur ſehr ſelten mit Zähnen beſetzt, welche in der Mitte des Gaumen- gewölbes vorragen. Da die Keilbeinflügel und der Hinterhauptskörper, an welche ſich das Keilbein von unten her anlegt, meiſt an ihrer un- teren Fläche etwas ausgehöhlt ſind, ſo wird hierdurch ein Kanal, der untere Schädelkanal gebildet, der durch die Deckplatte gegen das Gaumengewölbe hin, durch die Keilbeinflügel gegen die Hirnhöhle hin abgeſchloſſen iſt und in welchem die geraden Augenmuskeln entſpringen. Die obere Decke des Schädels wird dagegen meiſtens von fünf Kno- chen gebildet, vier paarigen und einem unpaaren. Hinten auf dem Kopfe zu beiden Seiten der Hinterhauptsſchuppe zeigen ſich die beiden Scheitelbeine (Ossa parietalia 7), die meiſtens nur einen unbedeu- tenden Antheil an dem Schädeldache nehmen und nur ſelten einander in der Mittellinie berühren. Um ſo größer ſind gewöhnlich die beiden Stirnbeine (Frontalia 1), die in der Mittellinie zuſammenſtoßen und den hauptſächlichſten Theil des Schädeldaches bedecken. An dieſe Stirnbeine ſchließen ſich meiſt zwei Paare von Knochen an, welche die vordere und hintere Ecke der Augenhöhle bilden und die man als vorderes Stirnbein (Frontale anterius 2) und als hinteres (Frontale posterius 4) bezeichnet hat. Ganz nach vorn als Deckplatte der Schnauze findet ſich endlich eine meiſt unpaare, nur ſelten in zwei Theile getheilte Platte, die auf einem Knorpel ruht, in der die Naſen- gruben ſich befinden und die man das Naſenbein (Os nasale 3) nennt. Zur Vervollſtändigung des Schädels gehört endlich noch ein Knochen, welcher ſich neben und außen an das Stirnbein und die Scheitelbeine anlegt und hauptſächlich die Bildung der Gelenkhöhle für den Gürtel des Unterkiefers übernimmt; — es trägt derſelbe mei- ſtens zum Schluſſe der Schädelkapſel gar nichts bei, ſondern legt ſich ſchuppenartig über die anderen Knochen herüber. Man hat ihn ſehr

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/56>, abgerufen am 28.04.2024.