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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

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und mit dieser rückschreitenden Umbildung des Schädels auch die in-
tellektuellen Fähigkeiten ganz bedeutend zurücktreten und das Thier
mit jedem Tage dümmer, stupider, zugleich aber auch boshafter wird.
Die Resultate der Beobachtungen über diese Umwandlung und diese
Rückbildung der Affen im höheren Alter sind unzweifelhaft und um
so glaubwürdiger, als sie vorgefaßten Meinungen widersprechen.
Unbefangene Beobachtung des Menschengeschlechtes würde durchaus
dieselben Resultate liefern und zeigen, daß der Mensch von einem ge-
wissen Alter an demselben Gesetze der Rückbildung und Verdummung
unterliegt, wie sein nächster Nachbar im Thierreich.

[Abbildung] Fig. 1475.

Der Ouistiti (Hapale (lachus) vulgaris).

Die Familie der Krallenaffen (Hapalida) ist eine kleine, auf
Südamerika beschränkte Familie niedlicher Aeffchen mit meist dichtem
Wollpelze und langem, bebuschtem Schwanze, die einen rundlichen,
kinderähnlichen Kopf haben, an welchen die platte Nase mit seitlichen
Nasenlöchern und die vorstehenden, oft mit Haarpinseln geschmückten
Ohren sich besonders auszeichnen. Alle Finger mit Ausnahme des
Daumens tragen an allen Händen spitze Krallennägel, die ganz denen
der Eichhörnchen gleichen, während der Daumen, der übrigens an
der Vorderhand nur sehr wenig entgegensetzbar ist, durch einen plat-
ten Nagel geschützt ist. Der lange Schwanz ist nicht zum Wickeln
oder Greifen geeignet. Das Gebiß hat oben wie unten fünf Back-
zähne mit spitzigen, denen der Insektenfresser ähnlichen Höckern. Die
Thiere hüpfen gesellig, wie Eichhörnchen, auf den Bäumen umher und
schnappen besonders gern Insekten, sie werden oft gezähmt, sind aber
äußerst empfindlich gegen Kälte. Hapale; (Iacchus; Midas).


und mit dieſer rückſchreitenden Umbildung des Schädels auch die in-
tellektuellen Fähigkeiten ganz bedeutend zurücktreten und das Thier
mit jedem Tage dümmer, ſtupider, zugleich aber auch boshafter wird.
Die Reſultate der Beobachtungen über dieſe Umwandlung und dieſe
Rückbildung der Affen im höheren Alter ſind unzweifelhaft und um
ſo glaubwürdiger, als ſie vorgefaßten Meinungen widerſprechen.
Unbefangene Beobachtung des Menſchengeſchlechtes würde durchaus
dieſelben Reſultate liefern und zeigen, daß der Menſch von einem ge-
wiſſen Alter an demſelben Geſetze der Rückbildung und Verdummung
unterliegt, wie ſein nächſter Nachbar im Thierreich.

[Abbildung] Fig. 1475.

Der Ouiſtiti (Hapale (lachus) vulgaris).

Die Familie der Krallenaffen (Hapalida) iſt eine kleine, auf
Südamerika beſchränkte Familie niedlicher Aeffchen mit meiſt dichtem
Wollpelze und langem, bebuſchtem Schwanze, die einen rundlichen,
kinderähnlichen Kopf haben, an welchen die platte Naſe mit ſeitlichen
Naſenlöchern und die vorſtehenden, oft mit Haarpinſeln geſchmückten
Ohren ſich beſonders auszeichnen. Alle Finger mit Ausnahme des
Daumens tragen an allen Händen ſpitze Krallennägel, die ganz denen
der Eichhörnchen gleichen, während der Daumen, der übrigens an
der Vorderhand nur ſehr wenig entgegenſetzbar iſt, durch einen plat-
ten Nagel geſchützt iſt. Der lange Schwanz iſt nicht zum Wickeln
oder Greifen geeignet. Das Gebiß hat oben wie unten fünf Back-
zähne mit ſpitzigen, denen der Inſektenfreſſer ähnlichen Höckern. Die
Thiere hüpfen geſellig, wie Eichhörnchen, auf den Bäumen umher und
ſchnappen beſonders gern Inſekten, ſie werden oft gezähmt, ſind aber
äußerſt empfindlich gegen Kälte. Hapale; (Iacchus; Midas).


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[530/0536] und mit dieſer rückſchreitenden Umbildung des Schädels auch die in- tellektuellen Fähigkeiten ganz bedeutend zurücktreten und das Thier mit jedem Tage dümmer, ſtupider, zugleich aber auch boshafter wird. Die Reſultate der Beobachtungen über dieſe Umwandlung und dieſe Rückbildung der Affen im höheren Alter ſind unzweifelhaft und um ſo glaubwürdiger, als ſie vorgefaßten Meinungen widerſprechen. Unbefangene Beobachtung des Menſchengeſchlechtes würde durchaus dieſelben Reſultate liefern und zeigen, daß der Menſch von einem ge- wiſſen Alter an demſelben Geſetze der Rückbildung und Verdummung unterliegt, wie ſein nächſter Nachbar im Thierreich. [Abbildung Fig. 1475. Der Ouiſtiti (Hapale (lachus) vulgaris). ] Die Familie der Krallenaffen (Hapalida) iſt eine kleine, auf Südamerika beſchränkte Familie niedlicher Aeffchen mit meiſt dichtem Wollpelze und langem, bebuſchtem Schwanze, die einen rundlichen, kinderähnlichen Kopf haben, an welchen die platte Naſe mit ſeitlichen Naſenlöchern und die vorſtehenden, oft mit Haarpinſeln geſchmückten Ohren ſich beſonders auszeichnen. Alle Finger mit Ausnahme des Daumens tragen an allen Händen ſpitze Krallennägel, die ganz denen der Eichhörnchen gleichen, während der Daumen, der übrigens an der Vorderhand nur ſehr wenig entgegenſetzbar iſt, durch einen plat- ten Nagel geſchützt iſt. Der lange Schwanz iſt nicht zum Wickeln oder Greifen geeignet. Das Gebiß hat oben wie unten fünf Back- zähne mit ſpitzigen, denen der Inſektenfreſſer ähnlichen Höckern. Die Thiere hüpfen geſellig, wie Eichhörnchen, auf den Bäumen umher und ſchnappen beſonders gern Inſekten, ſie werden oft gezähmt, ſind aber äußerſt empfindlich gegen Kälte. Hapale; (Iacchus; Midas).

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 530. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/536>, abgerufen am 18.05.2024.